Zum Westernreiten benötigt ein Reiter ein Pferd, einen Cowboyhut, lederne Beinkleider – gerne mit Fransen – und natürlich einen Sattel. Für diesen ist der Auraer Thomas Winter zuständig. Der Sattlermeister ist spezialisiert auf Westernsättel, insbesondere für den Turniersport. Und hierin ist Winter wahrlich ein Meister. Unter anderem ist der dreifache Weltmeister Bernard Fonck, ein Belgier, Winters Kunde. Dabei kam Winter erst relativ spät zur Arbeit mit Leder.
Seine Sättel fertigt der 45-Jährige seit fünf Jahren in einer ehemaligen Toyota-Werkstatt in Aura. „Hier draußen lässt es sich in Ruhe schaffen“, sagt er. Ruhe und Geduld braucht er auch für seine Arbeit. Mindestens 70 bis 80 Stunden Arbeit stecken in einem Sattel von ihm. Erst muss er ein Grundgestell aus Holz machen, dieses dann mit feuchter Rohhaut überziehen – „das wird wie Hartplastik“ – und anschließend vernähtes Rindsleder darauf nageln. Das ist weder einfach, noch ist das Ergebnis leicht: Ein solcher Sattel wiegt am Ende rund 16 Kilo.
Westernsättel, so erklärt Winter, der aus Gössenheim stammt, sind größer als herkömmliche Sättel und haben ein Horn, wie man es aus Westernfilmen kennt. Und sie sind normalerweise aufwendig verziert mit Applikationen und Prägungen. Hierfür benutzt Winter Schablonen und Punziereisen. Weil das alles viel Arbeit ist, hat der Sattlermeister noch drei Mitarbeiter, die er selbst angelernt hat. Mit diesen stellt er neben Sätteln auch Kopfstücke, Sporenriemen und Beinkleider, sogenannte Chaps, her.
Mit Lassos und dergleichen hat Westernreiten nichts zu tun, betont Winter. Von solchem Schnickschnack versuchen Westenreiter sich bewusst abzuheben. Winters Spezialgebiet sind Sättel für die Disziplin des sogenannten Reinings (von englisch rein, Zügel), „das Dressurreiten des Westernreitens“, wie er es ausdrückt. Beim Reining, einer im Galopp gerittenen Disziplin, wird von Pferd und Reiter eine vorgeschriebene Abfolge von Manövern verlangt.
Die Kunden des 45-Jährigen kommen aus ganz Europa. Für ihn sei es deshalb egal, ob er seine Werkstatt im ruhigen Aura habe oder näher an der Autobahn. Er arbeitet fast ausschließlich auf Bestellung und besucht dabei die Kunden, um für das jeweilige Pferd, meist ein American Quarter Horse, einen passgenauen Sattel zu machen. Hierbei liege auch die Schwierigkeit, erklärt er. Qualitätvolles Handwerk abzuliefern sei das eine, wichtiger sei jedoch, dass die Sättel optimal passen. Sein Anspruch ist, dass sich seine neuen Sättel so gut reiten lassen wie alte, gut eingerittene.
In den USA sei das Westernreiten eine „Riesenindustrie“, sagt Thomas Winter. Seine Chance auf diesem Markt bestehe darin, dass er mit seinen drei Mitarbeitern klein und flexibel sei. Das schätzen die Kunden an seiner Arbeit. Früher ist er oft auf Messen gewesen, etwa auf der großen Americana in Augsburg, heute nicht mehr ganz so oft.
Für ihn war es ein kurviger Weg bis zum Sattlermeister. Zunächst machte er in Karlstadt eine Ausbildung zum Schlosser, arbeitete auch eine Zeit lang bei einem Steinmetzbetrieb in Wernfeld. Weil er irgendwann Probleme mit dem Rücken bekam, musste er im wahrsten Sinne des Wortes umsatteln. Beim Arbeitsamt kam bei einem kleinen Test heraus, dass er etwas mit Leder machen könnte. Das reizte ihn und so kam er mit Mitte 20 zunächst zu einer Ausbildung als Orthopädieschuhmacher.
Da der 45-Jährige aber von seiner Familie her schon immer einen Bezug zu Pferden hatte – sein verstorbener Bruder war Hufschmied, sein Vater pferdeinteressiert – kam er zur Sattlerei und brach die Ausbildung zum Schuhmacher nach einem Jahr ab. Im Steigerwald machte Winter, der selbst kein Pferd hat, dann eine Ausbildung zum Sattler, 1997 schon machte er sich selbstständig. Einige Jahre arbeitete er in Heidelberg und bei München, bevor es ihn wieder nach Franken zog.
Das Westernreiten sei in Europa inzwischen auch ein großes Ding mit hohem Niveau bei den Wettbewerben, erzählt Winter.
Westernreiten
Seinen Ursprung hat das Westernreiten im „Wilden Westen“ der Vereinigte Staaten von Amerika, wo Cowboys auf Pferde angewiesen waren. Nervenstärke, Trittsicherheit im Gelände sowie Schnelligkeit oder gutes Sprintvermögen waren Anforderungen an die Pferde. Zudem sollte das Tier in heiklen Situationen ruhig bleiben. Viele dieser ursprünglichen Anforderungen an ein gutes Ranchpferd werden auch heute noch in der Westernpferdezucht und im Westernreitsport berücksichtigt.
Wesentliches Merkmal des Westernreitstils ist der Impulsbefehl: Ein kurzes Signal muss reichen, um dem Pferd einen Befehl zu erteilen. Das fertig ausgebildete Westernpferd ist vorrangig ein Arbeitspferd, das durch die Ausbildung zu einem selbstständigen Mitarbeiter des Reiters erzogen wird.
Zum Westernreiten gehören das Reiten am angemessen losen Zügel und die einhändige Zügelführung auf Kandare. Auch der angestrebte losgelassene Gleichgewichtssitz des Reiters, der Kreuz und Schenkel nur bei Bedarf einsetzt und sich ansonsten eher tragen lässt, ist typisch für das Westernreiten.
Das Quarter Horse ist zwar das häufigste Pferd beim Westernreiten, aber grundsätzlich können die verschiedenen Disziplinen des Westernreitens, da es ein Reitstil ist, mit jedem Pferd durchgeführt werden. Quelle: Westernreiter-Union