Auch in Querfurt dürfen seit der Wende wieder Weihnachtslieder gesungen werden, erzählt Manfred Rath, Chorleiter des Querfurter Kirchenchores. Eine tragende, klangvolle Brücke der Partnerschaft verbindet seinen Chor mit dem Karlstadter St.-Johannis-Chor.
Nur 330 Kilometer trennen Karlstadt und Querfurt. Doch dazwischen verhinderte der Eiserne Vorhang freundschaftliche Kontakte. Zaghafte Annäherungen seit 1986 wurden abgeblockt. Erst der Fall der Mauer machte den Weg zur Partnerschaft frei, die 1990 besiegelt wurde.
Querfurt liegt im südlichen Harzvorland in Sachsen-Anhalt. Mit Eingemeindungen zählt die Stadt etwa 10 300 Einwohner. Pünktlich zum Weihnachtsfest sorgt dort ein Hauch von Schnee für winterliche Stimmung.
"Anstrengend" war die Vorweihnachtszeit zur DDR-Zeit, erinnert sich Manfred Rath. Ein Kraftakt waren die Besorgungen vor dem Fest, wenn man keine Beziehungen hatte. Das Weihnachtsfest konnte das atheistische System zwar nicht verdrängen, aber es hieß offiziell "Fest der Liebe" oder "Lichterfest". Der Tannenbaum schmückte alle Wohnzimmer. Aber es war schwierig "Schokoladenhohlkörper" - Baumbehang und Nikoläuse - zu ergattern. Manchmal bekam man eine "geflügelte Jahresendfigur" in die Finger. So hieß ein Weihnachtsengel umständlich im DDR-Jargon.
Der gläserne Christbaumschmuck aus Lauscha oder die reizvollen Holzarbeiten des Erzgebirges waren nahezu ausschließlich für den Export bestimmt. Zwar waren Weihnachtslieder in der DDR beliebt, aber ihre christlichen Texte verpönt. Daher wurden die Weisen nur instrumental vorgetragen und mitgesummt, im schlimmsten Fall sogar umgetextet. Ein beschaulicher kleiner Weihnachtsmarkt stimmte in Querfurt aufs Fest ein. Am Heiligen Abend war die Kirche proppenvoll, auch mit Ungetauften.
Auch heute ist die Kirche gut besucht, zumindest die Mette um 18 Uhr, wenn die Kinder ihr Krippenspiel aufführen. Ruhiger dagegen ist der Gottesdienst um 22 Uhr, den Chor und Blechbläserensemble musikalisch gestalten.
Eine typisch deutsche Weihnacht wird in Querfurt gefeiert. Karpfen oder Würstchen mit Kartoffelsalat stehen am Heiligen Abend auf der Speisekarte. Am Weihnachtstag schmort die Gans im Rohr. Ein besonderes Backwerk ist der Querfurter Stollen (siehe beigefügtes Rezept).
Seine Anziehungskraft hat der Querfurter Weihnachtmarkt inzwischen eingebüßt. Er findet nur noch an einem Wochenende statt. Die Leute fahren lieber zu den großen Märkten in Halle oder Dresden. Heute gibt es alles in Hülle und Fülle. Aber in Querfurt ist jeder Fünfte (20,4 Prozent) arbeitslos. Da bleibt mancher Wunsch unerfüllt.
Vor 40 Jahren brannten auch in Karlstadter Fenstern, die nach Osten gingen, Kerzen zum Weihnachtsfest. Ihr Schein war ein Zeichen der Verbundenheit mit den Brüdern und Schwestern jenseits des Eisernen Vorhangs.
Der weihnachtliche Lichterglanz kann uns auch heute daran erinnern, dass alles Trennende überwunden werden kann.