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LOHR/JERUSALEM: Die Speisegebote der Bibel sind Artenschutzgesetze

LOHR/JERUSALEM

Die Speisegebote der Bibel sind Artenschutzgesetze

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    Neue Horizonte: Lea Fleischmann lebt seit über 30 Jahren in Jerusalem. Die Tochter von Holocaust-Überlebenden liest am Dienstag um um 19.30 Uhr im Pfarrheim St. Michael aus ihrem Buch „Heiliges Essen“.
    Neue Horizonte: Lea Fleischmann lebt seit über 30 Jahren in Jerusalem. Die Tochter von Holocaust-Überlebenden liest am Dienstag um um 19.30 Uhr im Pfarrheim St. Michael aus ihrem Buch „Heiliges Essen“. Foto: Foto: Fleischmann

    In ihrem aktuellen Buch „Heiliges Essen“ aus der Reihe „Das Judentum für Nichtjuden verständlich gemacht“ gibt Lea Fleischmann Denkanstöße zum eigenen Essverhalten im Einklang mit der Schöpfung. Zur kulturellen Begegnung mit der deutsch-israelischen Autorin kommt es am Dienstag, 13. März, um 19.30 Uhr im Pfarrheim St. Michael.

    Frage: Sie sind in Deutschland geboren und leben seit über 30 Jahren in Jerusalem. Wo sehen Sie Ihre Heimat?

    Fleischmann: Ich bin in Jerusalem zuhause, in dieser Stadt leben meine Kinder und Enkel. Die spirituelle Atmosphäre Jerusalems inspiriert meine schriftstellerische Arbeit und erst hier habe ich Anstöße erhalten, über Religion nachzudenken. Ich begann, die Bibel in der Originalsprache Hebräisch zu lernen, und erkannte, dass diese alte Schrift, auch für uns moderne Menschen, lebenswichtige Verhaltensmuster bereit hält. Dazu gehören der Schabbat – die Einhaltung eines strikten Ruhetages – und die Speisegesetze, die Koschergebote, über die ich in Lohr sprechen werde.

    Was bewegte Sie dazu, Deutschland den Rücken zu kehren?

    Fleischmann: Nach dem Krieg wurde ich als Kind von Holocaustüberlebenden geboren. Meine traumatisierten Eltern sahen in den Deutschen Nazis, Mörder und Verbrecher, aber ich habe die Deutschen als normale Menschen erlebt und konnte mir die Geschehnisse im Dritten Reich nicht erklären. Nach meinem Studium wurde ich Lehrerin und stellte fest, dass man als Beamtin in einem dichten Netz von Verordnungen, Anweisungen und Erlassen eingebunden ist. Da begriff ich, dass es korrekte Beamte waren, die die mörderischen Ideen der nationalsozialistischen Politiker in die Tat umgesetzt haben. Damals dachte ich, wenn es den Deutschen jemals schlecht gehen würde und radikale Parteien an die Macht kämen, die Beamten würden wieder jeden Erlass ausführen. Diese Erkenntnis in Verbindung mit der Leidensgeschichte meiner Eltern bewog mich auszuwandern.

    Haben Sie noch Erinnerungen an Deutschland und wie darf sich der Leser den israelischen Alltag vorstellen?

    Fleischmann: In Israel merkte ich, dass man zwar aus einem Land aber aus keiner Sprache auswandern kann. Durch die deutsche Sprache werde ich immer mit Deutschland verbunden bleiben. Ich habe in Deutschland Freunde aus meiner Jugendzeit und neu hinzugewonnene, und diese Kontakte sind für mich sehr positiv und wichtig. Der Alltag in Jerusalem ist weitaus religiöser geprägt als beispielsweise in Frankfurt, der Stadt, in der ich groß geworden bin. Dies drückt sich schon alleine in der bedeckten Kleidung aus. Wenn man allerdings Tel-Aviv besucht, findet man eine moderne Metropole mit vielen Cafés und einer großen Strandpromenade.

    Was heißt eigentlich „koscher“?

    Fleischmann: „Koscher“ heißt erlaubt, das bedeutet, es gibt Nahrungsmittel, die zum Verzehr erlaubt sind und welche, die nicht gegessen werden dürfen. Bei der pflanzlichen Nahrung gibt es keine Einschränkungen, alle genießbaren Pflanzen sind koscher. Aber weil Fleisch eine wichtige Proteinquelle für den Menschen ist, erlaubt das Judentum den Verzehr von Tieren, allerdings nur von sehr wenigen. So dürfen beispielsweise von den Säugetieren nur Wiederkäuer, die gespaltene Hufe haben, gegessen werden. Das sind Tiere, die sich vom Gras, das für den Menschen unverdaulich ist, ernähren. Alle anderen Säugetiere dürfen nicht angetastet werden. Die Speisegebote in der Bibel sind Artenschutzgesetze, denn sie schützen die meisten Tiere vor der Gier des Menschen. Weil kranke Tiere nicht koscher sind, unterliegt das koschere Fleisch einer besonders strengen Kontrolle. Koscheres Essen ist auch eine Trennkost, denn Milch und Fleisch dürfen nicht gleichzeitig verzehrt werden.

    Lea Fleischmann

    Als Kind jüdischer Eltern wurde Lea Fleischmann 1947 in einem Lager für „Displaced Persons“ bei Ulm geboren. Sie verbrachte ihre Jugend in Frankfurt am Main. Nach dem Studium der Pädagogik und Psychologie war sie Lehrerin im hessischen Schuldienst. Auf der Suche nach neuen Horizonten verließ sie 1979 Deutschland und wanderte nach Israel aus. Seit 33 Jahren lebt und arbeitet die deutschsprachige Autorin in Jerusalem. Sie widmet sich dem deutsch-israelischen und christlich-jüdischen Dialog.

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