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Lohr: Die Vorsitzende der Werbegemeinschaft haut auf den Tisch: "Ich muss den Job nicht machen"

Lohr

Die Vorsitzende der Werbegemeinschaft haut auf den Tisch: "Ich muss den Job nicht machen"

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    Für Vorsitzende Angelika Winkler ist die Markthalle, in der sie regelmäßig an der Kasse steht, ein Gewinn für Lohr und für die Werbegemeinschaft. Die Arbeit der Gemeinschaft verteilt sich allerdings auf immer weniger Schultern, die Belastung ist hoch.
    Für Vorsitzende Angelika Winkler ist die Markthalle, in der sie regelmäßig an der Kasse steht, ein Gewinn für Lohr und für die Werbegemeinschaft. Die Arbeit der Gemeinschaft verteilt sich allerdings auf immer weniger Schultern, die Belastung ist hoch. Foto: Thomas Josef Möhler

    Die Werbegemeinschaft Lohr ist kleiner geworden, die Arbeit verteilt sich auf immer weniger Schultern. Vorsitzende Angelika Winkler hat die Hauptversammlung deshalb zu einem Weckruf genutzt: Sie müsse den Job nicht machen. Diese Redaktion hat mit der dennoch wiedergewählten Vorsitzenden gesprochen.

    Aktuell hat die Werbegemeinschaft 104 Mitglieder. Diese Zahl wird durch bevorstehende Austritte im kommenden Jahr auf 99 sinken. Erfolge wie die Etablierung der Markthalle, Veranstaltungen wie die verkaufsoffenen Sonntage, "Zwergenaufstand" und Tage der Mode sowie Fördergelder für die Innenstadt durch das neue Programm "Together we can" dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Werbegemeinschaft vor großen Herausforderungen stehe, sagte Winkler laut Protokoll der Hauptversammlung. Dieses stellte die Werbegemeinschaft der Redaktion zur Verfügung.

    Winkler: "Unsere Gemeinschaft ist geschrumpft, nicht nur durch Corona, Geschäftsschließungen oder Austritte, sondern auch durch den Verlust an Engagement." Heute trügen nur noch wenige Mitglieder die gesamte Last. Veranstaltungen, Organisation, Kooperationen, Arbeitskreise und das Gutscheinsystem lägen auf den Schultern einer Handvoll Menschen.

    Immense Belastung

    Das könne nicht länger so weitergehen. Die Belastung, die der Vorsitz mit sich bringe, sei immens, unterstrich Winkler. Sie stehe oft in der Kritik – sei es direkt oder indirekt. Für jede Veranstaltung, jede Werbung, jede Entscheidung, jede Ausgabe und sogar für Dinge trage sie die Verantwortung, für die sie gar nicht zuständig sei.

    So werde sie wegen des Weihnachtsmarkts (Ort, Bodenbelag, Attraktivität), wegen des Streits um Knöllchen auf dem Tegut-Parkplatz ("da müssen sie als Vorsitzende mal was machen") und wegen Leerständen angesprochen. Deswegen sei es ihr wichtig gewesen, ganz klar zu sagen, dass sie diesen Job nicht machen müsse, erläuterte Winkler.

    Auf die Frage, warum sie sich dennoch habe wiederwählen lassen, antwortete sie offen: "Es gibt keinen anderen, der es macht." Ohne ihre beiden Mitstreiterinnen, zweite Vorsitzende Carolin Lang und Kassiererin Yvonne Fischer, "hätte ich es aber nicht mehr gemacht".

    Der Lohrer Einzelhandel habe nur zusammen eine Chance. Andere engagierte Mitglieder und sie wollten die Werbegemeinschaft nicht sterben lassen, weil sie trotz der Probleme immer noch eine "gute Gemeinschaft mit einer hohen Schlagzahl" sei.

    Allerdings müsse Klarheit darüber herrschen, dass die Werbegemeinschaft nicht nur von der Vorsitzenden bestritten werden könne, sondern von den Händlerinnen und Händlern. Wenn diese nicht als Gemeinschaft handelten, würden sie auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zurückfallen: das Gutscheinsystem. Nötig seien mehr Miteinander, mehr Engagement und mehr Zusammenhalt.

    Frust angesammelt

    Winkler ließ keinen Zweifel daran, "dass die letzten Jahre mich hier und da frustriert zurückgelassen haben". Die Unterstützung habe immer mehr nachgelassen. Bei guten Veranstaltungen habe es nicht einmal Rückmeldungen gegeben: "Ich musste immer nachfragen, es kam nie etwas zurück."

    Wegen der Markthalle habe es Anfeindungen gegeben. Es tue sich eine "Schere auf zwischen dem Zuspruch von außen und der Kritik aus den eigenen Reihen". Die Vorsitzende ließ durchblicken, dass das eine oder andere Mitglied die Markthalle als Konkurrenz betrachtet. Man habe aber immer darauf geachtet, beim Produktsortiment keine Konkurrenz aufzubauen, betonte Winkler.

    Die Markthalle hat die erforderlichen 45.000 Euro Eigenmittel aus ihrem Betrieb für zwei Jahre schon im ersten Jahr fast vollständig erwirtschaftet. Trotzdem gab es deshalb nicht nur positive Stimmen.
    Die Markthalle hat die erforderlichen 45.000 Euro Eigenmittel aus ihrem Betrieb für zwei Jahre schon im ersten Jahr fast vollständig erwirtschaftet. Trotzdem gab es deshalb nicht nur positive Stimmen. Foto: Thomas Josef Möhler

    Die Markthalle sei eine Werbung für Lohr. Menschen kämen von auswärts, weil sie darüber im Radio gehört oder in der Zeitung gelesen hätten. Bei dieser Gelegenheit sähen sie sich Lohr an und stellten fest: "Es ist schön hier, hierher können wir wieder einmal fahren."

    Für Mitglieder gebe es in der Markthalle bislang schon vergünstigte Konditionen. Im kommenden Jahr werde zusätzlich ein Bereich für die Mitglieder der Werbegemeinschaft eingerichtet, wo sie die Möglichkeit hätten, sich unentgeltlich zu zeigen, kündigte Winkler an. Zudem müsse man sich fragen, was die Alternative gewesen wäre. Ohne die Markthalle gäbe es weiterhin einen großen Leerstand mitten in der Stadt.

    Zeit und Geld geopfert

    Laut Winkler gibt es sogar Vorwürfe, die Werbegemeinschaft bereichere sich an der Markthalle. Das Gegenteil sei richtig. Mitglieder hätten teilweise 40 Arbeitsstunden ehrenamtlich in die Vorbereitungen gesteckt. Die Firma Scholz Design habe für den Vorzeige-Sanitärbereich eine fünfstellige Summe als Sponsoring eingebracht.

    Auf der anderen Seite seien Kassenprüfer aufgefordert worden, "zu schauen, was die Markthalle wirklich kostet". Die Vorsitzende betonte: "Wir haben das immer offen kommuniziert." Die Eigenmittel von 45.000 Euro im Rahmen der staatlichen Förderung seien keine Kosten für die Werbegemeinschaft, sondern die Summe, die die Markthalle in zwei Jahren Betrieb selbst erwirtschaften müsse. Das habe sie bereits im ersten Jahr fast geschafft.

    "Dazu musste ich in der Hauptversammlung klar Stellung beziehen", erklärte Winkler. Es kämen immer wieder "Schüsse aus der zweiten Reihe, das ermüdet schon sehr". Aber sie bekomme man "nicht so schnell klein".

    Nach den Neuwahlen sei die Arbeit immer noch nicht auf mehr Schultern verteilt, räumte Winkler ein. Aber es hätten sich bereits zwei Mitglieder gemeldet, die mitmachen wollten. Katja Bundschuh ersetze eine ausgeschiedene Kassenprüferin, ein anderes Mitglied wolle sich 2025 um die Weihnachtsaktion kümmern.

    Ob es wirklich mehr Engagement gebe, werde man bei der Vorbereitung der nächsten Veranstaltung sehen. Wirklich gestärkt werde sie sich fühlen, "wenn sich der eine oder andere nächstes Jahr aus der Deckung herausbewegt". Nach der Hauptversammlung habe sie viel Zuspruch erhalten. In Anrufen oder E-Mails sei ihr bestätigt worden, "es sei gut gewesen, dass ich mal auf den Tisch gehauen habe".

    Die wiedergewählte Vorsitzende kann nachlassendes Engagement aber auch verstehen. Die Folgen der Pandemie, die schwierige wirtschaftliche Lage und die Kaufzurückhaltung der Menschen machten es vielen Händlerinnen und Händlern schwer, sich noch "nebenbei" ehrenamtlich zu engagieren.

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