Dürfen die bayerischen Kommunen im südlichen Kreis Main-Spessart das Wertheimer Bürgerspital jetzt doch mit freiwilligen Finanzspritzen unterstützen? Vieles deutet darauf hin, dass der anfangs von der bayerischen Rechtsaufsicht vorgeschobene Riegel nur noch locker im Schloss hängt. Die Landkreise seien für die Finanzierung von Krankenhäusern zuständig, nicht die Kommunen, hieß es von dort zu dem Thema. Weil Kreuzwertheim, Hasloch, Marktheidenfeld, Triefenstein und Schollbrunn das anders sehen, baten sie um eine nochmalige Prüfung und stießen damit beim bayerischen Innenministerium offenbar auf Gehör.

Zum Hintergrund: Die Finanzierung der Notaufnahme des Wertheimer Krankenhauses ist noch nicht endgültig gesichert. Die Stadt Wertheim hat zwar mit dem Bürgerspital eine über zehn Jahre laufende Vereinbarung zum Betrieb der Notfallversorgung geschlossen, deren Defizit jährlich mit maximal 2,75 Millionen Euro ausgeglichen wird. Um das Geld aufzubringen, ist sie aber auf Hilfe aus den Nachbargemeinden und dem Main-Tauber-Kreis angewiesen. Neben Freudenberg wollen auch grenznahe bayerische Gemeinden aus den Landkreisen Main-Spessart und Miltenberg die Stadt mit freiwilligen Zuschüssen unterstützen. Eine direkte Zahlung von der Kommune an die Stadt Wertheim oder das Bürgerspital ist laut Rechtsaufsicht aber juristisch nicht möglich.
Drei Wege derzeit denkbar
Drei Wege wären derzeit denkbar, wie doch Geld aus Main-Spessart für die Notaufnahme in Wertheim bereit gestellt werden könnte: Die Gemeinden könnten ihre Finanzspritzen, deren Höhe sich individuell an den Einwohner- und Patientenzahlen der jeweiligen Kommune bemisst, erst an den Kreis Main-Spessart überweisen. Der Landkreis leitet das Geld dann an die Stadt Wertheim weiter, was einem "Spiel über Bande" gleich käme.
Natürlich könnte der Kreis Main-Spessart auch selbst freiwillige Mittel zur Finanzierung des Bürgerspitals aus dem Kreishaushalt aufbringen. Das hat die UGM-Fraktion (Unabhängig Gemeinsam für Main-Spessart) im Kreistag beantragt, der diesen Freitag darüber abstimmen soll. Die Fraktion fordert eine Beteiligung oder Bereitstellung von Finanzmitteln in Höhe von 150.000 Euro und begründet das folgendermaßen: Die Landkreisbürger bräuchten eine schnellstmögliche gesundheitliche Versorgung im Not- oder Krankheitsfall, was im südlichen Bereich des Kreises nur über das Bürgerspital Wertheim darstellbar sei. Die Anfahrtszeiten von dort sind erheblich kürzer nach Wertheim als zum kreiseigenen Klinikum Main-Spessart in Lohr, so die Argumentation.

Als dritte Lösungsidee steht eine Finanzierung über den seit vergangener Woche neu aufgestellten "Förderverein Bürgerspital" im Raum: "Die Kommunen könnten ihren Anteil an den Verein spenden", sagt dessen neuer Vorsitzender Klaus Thoma. Der Kreuzwertheimer Bürgermeister, der seit Anfang des Jahres zu einem Vorreiter für den Kampf einer ländergrenzenübergreifenden Finanzierung geworden ist, sieht Bewegung in der Angelegenheit. "Das Innenministerium hat gegenüber dem Landratsamt Main-Spessart signalisiert, dass die unterfränkischen Landkreise und Gemeinden zusammen mit der Regierung von Unterfranken zeitnah eine rechtskonforme Lösung ausloten sollen", sagt der 59-Jährige. Er erkennt darin "ein positives Zeichen, dass es vorwärts geht".
Landratsamt: "Loten Möglichkeiten aus"
Laut Thoma hat der Landkreis die betroffenen Gemeinden am Dienstag über das weitere Vorgehen informiert und das Schreiben des Ministeriums als Anlage angehängt. Bereits vorige Woche hätten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit Landrätin Sabine Sitter persönlich über die unterschiedlichen Rechtsansichten gesprochen. Die Gespräche hätten in "konstruktiver Atmosphäre" stattgefunden, betont der Kreuzwertheimer Rathauschef. Markus Rill, Pressesprecher des Landratsamts Main-Spessart, bestätigt, dass "gerade Möglichkeiten ausgelotet und abgeklopft" werden. Zu den Fragen, welchen Zeitrahmen man sich für die Lösungsfindung gesetzt hat und welche Optionen in Betracht kommen, äußert sich das Landratsamt aktuell aber nicht.

Konkreter wird der CSU-Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab auf die Anfrage der Redaktion: "Wir basteln gerade an einer Lösung, um mit einem Pilotprojekt zu ermöglichen, dass die fünf Gemeinden dem Förderverein etwas geben könnten." Dieses Pilotprojekt solle nach Aussage des Hafenlohrers auf drei Jahre befristet werden. "Man schaut es sich mal an und beobachtet, wie viele Notfälle dann überhaupt in Wertheim eingeliefert werden", erläutert Schwab. Der Patient müsse im Vordergrund stehen, betont der 49-Jährige. Nütze ihm das medizinische Angebot, das momentan in Wertheim wieder entstehe, sei die finanzielle Hilfe sinnvoll. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass sich die Notfallversorgung im Wertheimer Bürgerspital beweisen muss, um weiter finanziell von bayerischer Seite unterstützt zu werden.
Thorsten Schwab lag am Mittwoch allerdings noch keine schriftliche Bestätigung vor, dass definitiv auch so verfahren wird. "Es ist bisher alles nur mündlich besprochen", betont er. Der Hafenlohrer hofft, dass er bis zur Kreistagssitzung am Freitag ein Schriftstück in der Hand hat, "damit man sich auch drauf verlassen kann".
UGM bleibt bei Antrag im Kreistag
Christian Menig, UGM-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, möchte den Antrag, dass der Landkreis Main-Spessart in diesem Jahr 150.000 Euro aus eigenen Mitteln an das Bürgerspital in Wertheim gibt, weiterhin bestehen lassen. Nur wenn vorher schriftlich eine andere Lösung in der Finanzierungsfrage vorliegt, würde die UGM den Antrag zurücknehmen. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung sehe nach Aussage Menigs vor, dass die Kosten einer finanziellen Unterstützung des Wertheimer Krankenhauses im Kreishaushalt 2025 nicht berücksichtigt werden. Wie bereits mehrmals vom Landratsamt kommuniziert, sieht die Behörde auch den südlichen Landkreis durch die Klinik in Lohr als "ausreichend versorgt" an. Eine solche freiwillige Leistung müsse bei der schwierigen Haushaltslage sorgfältig abgewogen werden, heißt es laut Menig in der Beschlussvorlage.

Im Miltenberger Landratsamt liegt noch kein entsprechendes Schreiben des Innenministeriums vor. Das teilte Oliver Feil, Leiter des Sachgebiets Kommunalwesen, auf Nachfrage mit. Bislang waren Landrat und Kreisverwaltung der Rechtsauffassung des Innenministeriums gefolgt, dass die Krankenhausfinanzierung keine kommunale Aufgabe ist. Das will aber die Stadt Miltenberg nochmals überprüft wissen. Sie hat als bislang erste Kommune im Landkreis Miltenberg bereits einen Zuschuss für das Bürgerspital Wertheim beschlossen: rund 54.100 Euro noch in diesem Jahr und ab 2026 jährlich 18.800 Euro.
Weil die Frage nach der Zulässigkeit kommunaler Zuschüsse für Krankenhäuser ja auch im Landratsamt Main-Spessart auf dem Tisch liege, habe man den Prüfungsauftrag an die Regierung von Unterfranken weitergegeben, so Feil weiter: "Wir brauchen da ja ein einheitliches Vorgehen." Bislang habe er aber noch keine Rückmeldung. "Wenn das Ministerium jetzt doch Spielräume sieht, brauchen wir Informationen, wie die genau aussehen", so der Chefjurist des Miltenberger Landratsamtes.