Am vergangenen Wochenende wurde im Traditionsgasthaus "Zum Löwen" in Rieneck groß gefeiert. Im Mittelpunkt stand dabei Trudl Wirth, denn das doppelte Jubiläum sowohl zu ihrem 80 Geburtstag am Sonntag verbunden mit 60 Jahren als Wirtin in dem beliebten Gasthaus waren verdienter und würdiger Anlass, der sonst nicht so gerne im Rampenlicht stehenden guten Seele des Hauses Wirth einmal kräftig zu danken und ihre Verdienste um die Gastronomie im Städtchen hervorzuheben. "Wir treffen uns bei der Trudl" war und ist ein Begriff in Rieneck, und auch Sohn Horst, der mit seiner Frau Ingeborg inzwischen längst mit großem Erfolg die Gaststätte weiterführt, freut sich über diese bis heute noch geläufige Form als Ausdruck der Wertschätzung für seine Mutter.
Begonnen hat die Geschichte von Trudl im Löwen im Jahr 1954. Georg Wirth, ihr späterer Mann, arbeitete als Metzgergeselle im gleichen Betrieb in Aschaffenburg, wo auch die junge Trudl Eilbacher als Fleischereiverkäuferin angestellt war, die aus Laudenbach bei Miltenberg kam. Auf der Arbeit funkte es schnell bei Trudl und Georg, doch den Weg nach Rieneck fand sie aus einer Notlage heraus: Georgs Mutter, das Malchen, wurde krank und fehlte in der noch vom Vater Alois geführten Wirtschaft und Metzgerei. Also zog sie auf Georgs Bitten vor genau 60 Jahren nach Rieneck zur Aushilfe und war auch schnell integriert und äußerst beliebt.

Doch ihr Vater stellte sich zunächst dagegen, wollte sie wieder heimholen: "Wenn ihr nicht verheiratet seid, kannst du nicht in Rieneck bleiben und wohnen!", erinnert sich Trudl noch genau an seine Worte, und so wurde am 3. Januar 1958, nur einige Wochen später, mit 19 Jahren geheiratet. "sonst hätte ich nicht bei Georg bleiben können", lacht sie heute, und betont: "Die Leute hatten mich aber schnell und gut aufgenommen." Sie verkaufte in der Metzgerei, half abends in der Gaststätte, die sie 1958 von Georgs Vater Alois übernommen hatten, der aber 1961 verstarb. Im Jahr 1968 trennte sich ihr Mann Georg von ihr, und noch acht Jahre bis zum September 1986 betrieb sie dann trotzdem allein, mit mehreren Verkäuferinnen, die Metzgerei weiter. Doch die Belastung wurde irgendwann zu groß: Oft musste sie von der Gaststätte in den Laden laufen, weil etwas fehlte, wieder zurück in die Gaststube, weil die Gäste riefen, dazu mittags und abends die Essen richten: "Wie ich das alles geschafft habe - mir ist`s bis heute ein Rätsel", blickt Trudl zurück.
Ab 1986 war sie dann "nur noch" die Wirtin vom "Löwen" ohne Metzgerei, bis zehn Jahre später 1996 ihr Sohn Horst mit Ehefrau Ingeborg die Leitung übernahmen. Rückblickend schwärmt sie bis heute von den geselligen und frohen Runden, launigen Feiern und Späße, die eine "Stammkneipe" wie der Löwen im Jahreslauf so erlebt und für die er bekannt ist. Ob es die Stammtische, die Kart-Runden, die Faschings- und Kirbefeiern mit Tanz im einzigartigen alten Saal "rund um den Mittelpfosten", oder die Spielersitzungen des SV waren: im Löwen und "bei der Trudl" kehrte man gerne ein, und viele Rienecker "Originale" hatten hier bei ihrer Trudl ihren festen Stammplatz, und wehe, es saß mal jemand drauf…!
In den Jahren des Tunnelbaus der Schnellbahntrasse von 1982 bis 1989 beherrschten oft die Tunnelarbeiter die Räume und Sitze, "doch drei feste Tische waren immer für Rienecker freigehalten!". Es war immer lustig, auch beim größten Andrang, "besonders auch dank meiner immer zuverlässigen Söhne, Helfer und Mitarbeiter, die mir in Küche, Wirtschaft und im Saal stets zur Seite standen", unterstreicht sie ganz dick. Sie war Wirtin fast rund um die Uhr: "Ich hatte meine Wohnung im Dach über der Gaststätte, morgens war ich die Erste und abends immer die Letzte, die ging und abschloss." Sie erinnert sich, dass sie einmal verschlafen hatte, und es um 9 Uhr Sturm klingelte - die Frühschoppler verlangten Einlass - schloss sie mit Nachthemd und Hausschlappen schnell auf, und als sie eine viertel Stunde später fertig gerichtet in die Wirtschaft kam, waren die Kart-Partien schon in vollem Gange und eingeschenkt war auch schon.

Ab 1996 begann eine große Renovierung mit Umbau des in der fünften Generation betriebenen Gasthauses. Nostalgie waren nach dem Umbau dann die legendären Tanzabende im Saal bei gefährlich knarrender Holzdecke, dem engen Treppenaufgang mit "Einbahnregelung", und der meist heillos überfüllten Bar.
Gut gelaunt und zufrieden, wie man die Trudl kennt, feierte sie nun das doppelte Jubiläum. Viele Gratulanten kamen neben ihrer Familie, darunter sechs Enkel und drei Urenkel, in ihr geliebtes und zur Heimat gewordenen Gasthaus. Ihre beiden Brüder hatten für eine Überraschung gesorgt: Sie baten die Rienecker Musikanten, ihr ein Ständchen vor dem Lokal zu spielen, was diese auch gerne taten. Dass es mit dem "Löwen" unter Führung von Horst und Ingeborg positiv weitergeht, davon ist Trudl überzeugt. Sie schaut trotz ihres Alter und einer etwas angegriffenen Gesundheit bis heute fast jeden Tag in der Gaststube vorbei, ob es was zu helfen gibt. "Das Wirtshaus ist halt mein Leben, da fühle ich mich am wohlsten."