Mit einem Freund des Bruders fing alles an. "Er spielte Akkordeon und das gefiel mir sehr gut", erinnert sich Reinhard Hoßmann. Also fing der heute 74-Jährige Ende der 50er Jahre damit an, das Instrument zu lernen. Der damals 13-Jährige ahnte nicht, dass er eine Eußenheimer Musikerdynastie begründen würde und über 60 Jahre später mit seiner Gattin, dem Sohn und den Enkelkindern gemeinsam musizieren würde.
Sohn Bernd Hoßmann ist ein gefragter Musiker mit den Rossinis, die Enkelkinder Toni und Ludwig spielen bei den Kusängs. Wie der letztgenannte Bandname andeutet, gehen die Familienbande noch weiter. Dritter im Bunde bei den Kusängs ist Albert Hartmann, Neffe von Bernd Hoßmann. Und der Ehemann von Bernds Schwester Petra, Uwe Hartmann, spielt auch bei den Rossinis mit.
Mit dem Akkordeon ging's los, dann kamen die Beatles
Normalerweise spielen die Rossinis im Frühjahr und Sommer zig Auftritte bei Weinfesten, Tanzveranstaltungen, Open-Air-Festivals. "Rund 150 Auftritte waren es in den letzten Jahren", erzählt Bernd Hoßmann. Es waren auch schon mal 250 Auftritte im Jahr, "aber das wurde uns zu viel, da sind wir manchmal zu drei Veranstaltungen an einem Tag gehetzt". In den vergangenen Monaten sind die Hoßmanns gar nicht zu Auftritten gehetzt, da konnten sie tatsächlich manchmal in ihrem Musikkeller zusammen sitzen und miteinander musizieren.
Ab und zu erzählt Opa Reinhard Hoßmann von seinen Anfängen. "Sobald die Beatles und die Stones aufkamen, war das Akkordeon verpönt", erinnert sich. Auch er sei bald auf die Gitarre umgestiegen und habe bereits mit 16 in seiner ersten Tanzband gespielt. Mit den El Dorados und später den Matching Ties trat er bei Tanzabenden und Kirchweihfesten auf, als Gitarrist oder Bassist. Hauptberuflich arbeitete er als Elektriker.

Als Bernd Hoßmann auf die Welt kam, schaute er gern bei den Bandproben im elterlichen Keller zu. "Wenn keiner da war, hab ich ein bisschen aufs Schlagzeug geklopft", sagt er. Mit beachtlichem Talent. "Eines Tages kam ich von der Arbeit nachhause und hörte einen guten Schlagzeugbeat aus dem Keller. Ich wusste nicht, dass Bernd sich das beigebracht hatte. Er war erst sieben", erzählt sein Vater.
Schon als Junge den Beat im Blut
Bald schon gab Bernd Schlazeugeinlagen, wenn die Band seines Vaters in Eußenheim auftrat. "Er war ja hinter dem Drumset kaum zu sehen, die Leute waren begeistert", so Reinhard Hoßmann. Mit seiner Gattin Veronika gründete er das "Duo Eldorado"; gemeinsam traten sie von 1981 bis 2008 häufig auf. "Dann wurde es uns zu viel und wir hätten technisch aufrüsten müssen. Aber so wie die heutigen Alleinunterhalter – mit Rhythmusmaschine und Einspielungen – das wäre nichts für mich."

Bernd Hoßmann nahm sieben Jahre lang Schlagzeugunterricht, brachte sich selbst Gitarre und Bass bei und spielte mit Freunden aus dem Heimatdorf Rockmusik. "Stones, AC/DC, Judas Priest, solche Sachen." Nach einiger Zeit merkte er: "Mit dieser Musik konnte man nicht so viele Auftritte spielen." Also kam die Kehrtwende zum Kontrabass, funkelnden Anzügen und zur Band "Die Mambos". "Das wurde professioneller. Wir haben viel mit mehrstimmigem Gesang gemacht, Beach Boys, Beatles, Bobby Darin."
Mit seinem Schwager Uwe scherte er dann aus den Mambos aus und gründete die Rossinis, ein Duo mit Gitarre und Kontrabass und vielfältigem Programm. "Das Besondere daran war, dass wir keine Bühne brauchten. Wir haben immer mitten im Publikum gespielt", so Bernd Hoßmann. Der von einem Florenz-Urlaub inspirierte Bandname wurde zum Markenzeichen. Mit Carabinieri-Uniformen und gegelten Haaren begeistern die Eußenheimer als Pseudo-Italiener in weiten Teilen von Europa. "Wir haben in Italien, Schweden, Österreich und der Schweiz und fast überall in Deutschland gespielt."
Die Vielfalt der Enkel

Kein Wunder, dass die Söhne dem nacheifern. "Seit ich mich erinnern kann, ist Papa Berufsmusiker", sagt der 20-jährige Toni. Er selbst begann als Fünfjähriger mit dem Trompetenunterricht; Gitarre brachte er sich selbst bei. Sein Bruder Ludwig, 18, spielt Schlagzeug und Klavier. Schon als sie gerade in der Schule waren, traten die beiden im Fasching als Musiker auf. Mit ihren Cousins Albert und Lorenz, der aber nicht lange dabei blieb, starteten sie bald die Rock'n'Roll-Band "Die Kusängs". Mit Stücken von Chuck Berry oder der Spider Murphy Gang haben sie schon mehrfach die Umsonst & Draußen-Festivals in Karlstadt und Würzburg aufgemischt, auch die deutsche Elvis-Gesellschaft in Bad Nauheim hat die Kusängs schon verpflichtet.
"Seit einigen Jahren wird es musikalisch vielfältiger", sagt Ludwig. Heute spielen die Kusängs auch Stücke von The Police, Michael Jackson und Bruno Mars, bei rund 40 Auftritten im Jahr. Toni studiert, Ludwig macht eine Ausbildung. Ob auch sie die Musik zum Beruf machen werden, ist noch nicht klar. Aber ausgeschlossen ist es nicht. Weil Vater Bernd gut gewirtschaftet hat, kam die Familie gut durch die Corona-Zeit ohne Auftritte. Sicher ist, dass Musik die Familie Hoßmann geprägt hat.
"Ich bin viel offener geworden, habe keine Scheu davor, mit den Menschen zu reden", sagt Reinhard Hoßmann. "Ich habe unheimlich viele interessante Leute und das ganze Land kennengelernt", sagt sein Sohn Bernd. "Wir sind uns als Brüder viel näher als andere", sind sich Ludwig und Toni einig. Bald werden die H0ßmanns wieder auf der Bühne stehen. Reinhard und Veronika spielen nur noch im Freundes- oder Familienkreis – aber dann besonders gern in der Drei-Generationen-Besetzung.
