Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Karlstadt
Icon Pfeil nach unten

LAUDENBACH (KA): Dreiste Abzocke von Jugendlichen im Internet

LAUDENBACH (KA)

Dreiste Abzocke von Jugendlichen im Internet

    • |
    • |
    Vorsicht: Wer sich auf der Internetseite P2P-Heute.com einträgt, hat ab dem nächsten Tag ein Abo. Das steht auch so im „Kleingedruckten“ neben den Adressfeldern. Tausende bekamen deshalb unverhofft eine Rechnung über 123 Euro, auch ein Jugendlicher aus Laudenbach.
    Vorsicht: Wer sich auf der Internetseite P2P-Heute.com einträgt, hat ab dem nächsten Tag ein Abo. Das steht auch so im „Kleingedruckten“ neben den Adressfeldern. Tausende bekamen deshalb unverhofft eine Rechnung über 123 Euro, auch ein Jugendlicher aus Laudenbach. Foto: FOTO Jürgen Kamm

    123 Euro fordert Rechtsanwalt Olaf Tank aus Osnabrück von dem 15-jährigen Sohn der Familie im Namen der Firma Andreas und Manuel Schmidtlein. Die Summe setzt sich aus 84 Euro für ein Jahresabo sowie Anwalts- und Verzugsgebühren zusammen.

    „Mein Sohn hat mir versichert, sich nirgendwo eingetragen zu haben, und ich glaube ihm“, sagt die Mutter. Noch dazu kommt ihr das Beweismittel, die angegebene IP-Adresse 217.228.0.26 spanisch vor, denn ihr PC hat nachweislich eine andere. Technisch gesehen überrascht das nicht, denn die Familie wählt sich per DSL und einen Router ins Internet ein. Dadurch bekommt der PC vom Router eine interne IP-Adresse zugewiesen, und der Router vom Provider „nach außen“ eine andere. Ob das am 17. April, da soll der Vertrag zustande gekommen sein, tatsächlich die angegebene IP-Adresse war, kann nur der Provider klären.

    Fraglich ist es allemal. Das Trio aus den beiden Firmeninhabern und ihrem Anwalt ist bundesweit bekannt. Tausende Betroffene sind in Internetforen zu finden, die Verbraucherzentrale Bremen tituliert sie als „dreistes Betrügertrio“. Die Masche: Wer auf P2P-Heute.com wirklich etwas herunterladen will, muss sich anmelden. Dass sich die Anmeldung nach Ablauf des ersten Tages in ein kostenpflichtiges Abo verwandelt, steht nur in winziger Schrift als „Kleingedrucktes“ auf dem Monitor. Die Firma betreibt mit gleicher Masche unzählige Internetsites wie www.tattoo-heute. com, www.vornamen-heute.com oder www.lehrstellen-heute.com.

    Es gibt sogar Hinweise, dass manche Rechnung auf noch wackligeren Füßen steht. Bei Verbraucherzentralen meldeten sich auch schon Leute, die wie der Laudenbacher Jugendliche sicher sind, sich nicht angemeldet zu haben oder die Seite gar nicht zu kennen. Die Verbraucherzentrale Brandenburg vermutet gar ganz dreiste Abzocke: Mit Spähprogrammen wäre es technisch möglich, bei Internetnutzern die zur Rechnungsstellung notwendigen Informationen wie Namen und Adresse, aber auch die IP-Adresse, heimlich auszukundschaften.

    „Die Gebrüder Schmidtlein und ihre Firma beschäftigen uns schon lange“, ärgert sich Simone Rzehak, Beraterin der Verbraucherzentrale in Würzburg. Gerade auf P2P-Heute.com seien viele Jugendliche auf der Suche nach kostenlosen Downloads herein gefallen. Sie rät den Eltern von Minderjährigen, dem Anwalt gegenüber die Minderjährigkeit anzuzeigen, den Vertragsabschluss abzulehnen (beides per Einschreiben) und auf keinen Fall irgendetwas zu bezahlen. Einen Musterbrief dazu gibt es bei der Verbraucherzentrale Niedersachen unter www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/mediabig/295 02A.pdf. Wer sich sicher ist, keine Erklärung abgegeben zu haben, kann zusätzlich Strafanzeige wegen Betrugs erheben.

    Sollten Betroffene einen gerichtlichen Mahnbescheid erhalten, müssen sie binnen 14 Tagen widersprechen. Sollte es danach zu einem Gerichtsverfahren kommen, das war bisher noch nie der Fall, wäre es ratsam, zum Anwalt zu gehen.

    Generell haben auch Betrüger das Internet entdeckt. „Anfragen zu Kostenfallen im Internet haben wir mittlerweile täglich“, berichtet Simone Rzehak, wegen Ärger mit der Andreas & Manuel Schmidtlein GmbH melden sich allein in Würzburg etwa fünf Leute die Woche. Sie rät allen Verbrauchern, sensibel mit ihren Daten umzugehen: „Für etwas Kostenloses muss man nicht Name und Anschrift angeben.“ Sollten sie zu Werbezwecken gewünscht werden, muss eine Einverständniserklärung zur Weitergabe dabeistehen.

    Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat den Internetanbieter am 30. März 2006 wegen Wettbewerbsverstößen auf 16 Internetangeboten erfolgreich abgemahnt. Zusätzlich wurde ein gerichtliches Gewinnabschöpfungsverfahren eingeleitet. Die Einnahmen aus den Internetabos sollen in die Millionen gehen.

    Längst beschäftigen die Gebrüder Schmidtlein und ihre Firma auch die Justiz. Wie die Wetzlarer Zeitung schon 2006 berichtete, ermittelt die Staatsanwaltschaft Darmstadt wegen Betrugs, Nötigung und Erpressung. Mehrere hundert Strafanzeigen lagen ihr vor, viele Verfahren stellte sie ein, weil die Leute „das Kleingedruckte“ nicht gelesen hatten. Doch einige hundert Anzeigeerstatter sagen, dass sie nie auf der Seite im Internet waren.

    Auch nach Angaben der Staatsanwaltschaft erreicht der Umsatz der Firma Millionenhöhe.

    Informationen zu Abofallen und die tagesaktuelle Übersicht zu Kostenfallen im Internet sind beim Bundesverband der Verbraucherzentralen zu finden, www.vzbv.de., Link „Kampagne gegen Abzockfallen im Internet“ rechts unter „vzbv aktuell“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden