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Lohr: Ein Fels in der Brandung

Lohr

Ein Fels in der Brandung

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    Christina Merz (Zweite von rechts), KSB-Abteilungsleiterin, mit dem Lohrer Team (von links) Linda Vetter, Katharina Dörr und Susanne Resch (mittlerweile im Würzburger Team).
    Christina Merz (Zweite von rechts), KSB-Abteilungsleiterin, mit dem Lohrer Team (von links) Linda Vetter, Katharina Dörr und Susanne Resch (mittlerweile im Würzburger Team). Foto: Monika Büdel

    35 Jahre am Standort Lohr: Diesen Geburtstag feierte die Katholische Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen (KSB) jetzt mit einem Jahr Verspätung im Pfarrheim St. Michael. Träger der Beratungsstelle ist der Verein Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) Würzburg. Beratung als Chance – so verstehen die Mitarbeiterinnen ihre Arbeit und ihren Auftrag.

    Die KSB berät bei Not- und Konfliktlagen in der Schwangerschaft und nach der Geburt des Kindes, zur vorgeburtlichen Diagnostik, bei Problemen nach der Geburt – von Depression bis hin zu häufig schreiendem Kind. Die Beratungsstelle kümmert sich um Menschen mit Kinderwunsch und um solche, die ihr Kind verloren haben. Beantwortet werden Fragen zu Familienplanung, Sexualität und Verhütung.

    Gaby Hautsch-Langanki, Leiterin der KSB Lohr, mit der Festrednerin Johanna Schießl.
    Gaby Hautsch-Langanki, Leiterin der KSB Lohr, mit der Festrednerin Johanna Schießl. Foto: Monika Büdel

    Es gibt Informationen zu Themen wie Adoption, Mutterschutz und Elterngeld sowie Hilfe im Umgang mit Behörden. Für Kinder und junge Menschen bietet die KSB Gruppenarbeit zu Themen wie Gefühle, Liebe, Partnerschaft und Sexualität. Zur KSB können Frauen und Männer kommen, unabhängig von Nationalität, Religion und Weltanschauung.

    Einen Einblick in ihre Tätigkeit als Beraterinnen und einen Rückblick gaben Gaby Hautsch-Langanki, die die Lohrer Außenstelle von Beginn an leitet, und Linda Vetter: Der Bogen reichte von den Anfängen in einem Dachzimmer bis zu den neuen Räumen am Bürgermeister-Keßler-Platz, von Themen, die neu dazugekommen sind wie Migration und Online-Beratung.

    Die große Bandbreite der Hilfen für Schwangere, deren Partner und Familien sowie die Herausforderung, sich auf Veränderungen unterschiedlichster Art einzustellen, griffen die Grußrednerinnen und -redner auf. Allesamt forderten sie von Gesellschaft und Politik, die Voraussetzung zu schaffen, die ein Ja zum Leben, ein Ja zum Kind erleichtern: von Solidarität bis zu bezahlbarem Wohnraum.

    Anke Klaus, die Vorstandsvorsitzende des Vereins Sozialdienst katholischer Frauen Würzburg, wies auf den stetig steigenden Bedarf an Beratungsangeboten hin. Kriege, Flucht und höhere Kosten für die Lebenshaltung verunsicherten Menschen und begünstigten Überforderung. Umso wichtiger sei ein Ort, wo ratlose Schwangere über ihre Ängste und Sorgen sprechen und eine Perspektive für ihr Kind und sich entwickeln können.

    Die Rechte beider sehen

    Klaus berichtete, dass weltweit Menschenrechtsverletzungen und Gewalt gegen Frauen zunähmen. Auch in Deutschland würden Rechte von Frauen zunehmend verletzt. Die KSB schaue auf den Konflikt zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes. Mit ihrer Beratungstätigkeit übernehme die katholische Kirche Verantwortung für das ungeborene Kind und die in Not geratene Frau und deren Familie.

    Die SKF-Vorsitzende hob hervor, dass die Kirche im Bistum Würzburg nach dem Wegfall der staatlichen und kommunalen Regelförderung die KSB zu 100 Prozent unterstützt. Es schmerze, dass der staatliche Zuschuss nur noch freiwillig gezahlt werde: 27.000 Euro pro Hauptstelle. Die katholischen Beratungsstellen erfüllten alle gesetzlichen Vorgaben – mit Ausnahme des Beratungsscheins. Er ist Voraussetzung, um eine Schwangerschaft straffrei abzubrechen. Zur Hauptstelle gehört neben Lohr die Stelle in Kitzingen. In der Region gibt es weitere in Aschaffenburg, Miltenberg und Schweinfurt. Neben verbesserten Rahmenbedingen für ein Leben mit Kindern, forderte sie – ebenfalls um steigenden Abbruchzahlen entgegenzuwirken – zumindest für Menschen mit geringem Einkommen, den Zugang zu sicherer und kostenfreier Verhütung.

    Gemeinsam Lösungen finden

    Domkapitular Clemens Bieber schilderte, wie ihn kürzlich ein Paar auf der Straße angesprochen und gefragt habe, ob er – mit Blick auf die schwangere Frau – helfen könne. Er sei froh gewesen, sie zur KSB schicken zu können. Der Sozialdienst katholischer Frauen identifiziere sich mit dem Leben. Er rief den SKF auf, weiterhin Menschen Gehör zu verschaffen, die sonst nicht gehört würden. Magda Hartmann, Vorsitzende des Caritas-Verbandes Main-Spessart, berichtete, dass der Wunsch nach Familie mit Kind weiterhin sehr groß sei. Ein Kind zu bekommen, könne aber auch Unsicherheit und Angst auslösen. Ungesicherte Partnerschaft, finanzielle oder berufliche Probleme: Doch mit Hilfe der Beraterinnen könnten Wege zu einer Lösung gefunden werden.

    "Schwangerschaft sollte Zuversicht bringen", sagte Landrätin Sabine Sitter. Sie könne aber auch Sorgen und Ängste bereiten. Seit dem Start der KSB in Lohr 1988 habe sich viel verändert: gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich, das Familienbild, das Männerbild, das Frauenbild, die Digitalisierung. Entscheidend sei, wie wir gemeinsam handeln. Die Grundhaltung dabei sollte "Wir lieben Menschen" sein. Lohrs Bürgermeister Mario Paul nannte die Beraterinnen der KSB einen Fels in der Brandung in einer Phase tiefgreifender Veränderung. Ratsuchende fänden Anteilnahme und Gehör. Sie sähen nicht nur die werdenden Mütter, sondern auch das ungeborene Leben. Die Beratungsstelle vor Ort habe unschätzbaren Wert, den er mit einem Geldgeschenk würdigte.

    Perspektiven entwickeln

    Christina Merz, KSB-Abteilungsleiterin des SKF Würzburg, erinnerte an die Anfänge, ausgelöst von der Strafrechtsreform 1970. Ausgehend vom Lebensschutzinstrument von Staat und Kirche, habe sich die Beratung weiter differenziert. Durch die Corona-Pandemie seien neue, digitale Beratungsformen hinzugekommen. 3800 Ratsuchende in der Einzelfallhilfe und 6000 junge Menschen in Workshops verzeichne die KSB seit 2002 in Lohr. 35 Jahre KSB, das seien Gesetzesänderung wie der Wegfall des Werbeverbots und Veränderungen beispielsweise durch die Entwicklungen in der Reproduktionsmedizin. Wichtig sei bei all den Themen eine sachgerechte Diskussion. Merz sprach sich gegen jede Polarisierung aus. Die verpflichtende Beratung sieht sie als Chance: Beratung unterstütze bei der Entscheidung im Schwangerschaftskonflikt. Von der Gesellschaft wünscht sie sich, dass sie diese Chance sieht. "Die Entscheidung im Schwangerschaftskonflikt muss immer bei der Frau bleiben", bezog Merz Position. Es sei staatliche Aufgabe, die Lebenssituation von Frauen zu verbessern, die es ihnen ermögliche, eine annehmbare Perspektive mit Kind zu entwickeln.

    Einblicke in die Arbeit

    Philosophisch-theologisch und auch ganz praktisch setzte sich Festrednerin Johanna Schießl mit dem Thema Hoffnung auseinander. Schießl ist Wegbegleiterin der KSB Würzburg mit den Außenstellen. Mittlerweile verbringt sie ihren Ruhestand in Oberfranken. Worauf sie hinauswollte: "Hoffnung heißt, die Möglichkeit des Guten zu erwarten." Sie betrachtete das Ziel eines glückenden und guten Lebens aus weltlichem wie christlichem Blickwinkel.

    Dazwischen gaben die Beraterinnen Eindrücke aus ihrer Arbeit und von Klientinnen und Klienten wider, die sie ermutigen und Hoffnung machen. Dabei sparte Schießl ein Thema nicht aus – die Belastung der Beraterinnen. Ein Heil-, wenn auch kein Allheilmittel ist die Hoffnung, den Frauen zu helfen, selbst wirksam zu sein, außerdem professionelle Unterstützung, Solidarität untereinander und mit den Ratsuchenden sowie gut für sich zu sorgen. Zur Fülle des Lebens gehört Musik: Dafür sorgten die Gruppe Moenus mit Heinz Schwaiger, Anke Horling und Matthias Imhof.

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