Rund 126 000 Menschen leben im Landkreis Main-Spessart. Etwa 1700 von diesen sind dement. In 15 Jahren dürften es in etwa doppelt so viele sein, prognostiziert einer, der damit zu tun hat: Peter Kraft, Chefarzt der Neurologie am Klinikum Main-Spessart in Lohr.
Der promovierte Privatdozent hat deshalb zusammen mit Dominikus Bönsch, dem Ärztlichen Direktor des Bezirkskrankenhauses eine Entwicklung angestoßen, die sie beide für eigentlich längst überfällig erachten: die Gründung eines Netzwerks Demenz im Landkreis Main-Spessart.
Alzheimer – die wichtigste Form der Demenz
Vollzogen wird sie am Freitag – an einem Tag, der mit Bedacht gewählt wurde: Denn den 21. September haben die Dachorganisation Alzheimer?s Disease International (London) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1994 zum Welt-Alzheimertag erkoren. „Alzheimer ist die wichtigste Form der Demenz“, erläuterte Kraft am Montag bei einer Pressekonferenz im Lohrer Klinikum.
Eingeladen in die Alte Turnhalle in Lohr sind alle, die mit Dementen zu tun haben: Von Betroffenen und ihren Angehörigen bis hin zu Beratungsstellen, Ärzten und Apothekern.
Das Ziel: Die „Profis“ stellen sich und ihre Einrichtungen vor, um zu zeigen, „was es schon alles gibt“ im Landkreis. Als da wären zum Beispiel die drei Beratungsstellen in Lohr (seit 2002) und Karlstadt (seit April 2018) der Caritas sowie Rudi macht's der Rummelsheimer Diakonie in Marktheidenfeld.
Insgesamt gibt es im Landkreis (ohne Therapeuten) rund 30 Institutionen, die sich mit Alzheimer-Patienten beschäftigen, haben Kraft und Bönsch im Vorfeld herausgefunden. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Einrichtungen im Süden des Landkreises nicht gewusst hätten, was jene im Norden anbieten.
Regelmäßige Treffen sind geplant
Dies soll sich künftig durch das Netzwerk ändern. Geplant ist dieses zunächst als loser Verbund zum Erfahrungsaustausch mit jährlich vielleicht zwei Treffen, „anfangs eher häufigeren“, wie Kraft ausführte. „Das muss mittelfristig wachsen. Es wird sicher einmal einen Sprecher geben.“ Geplant sind eine Informationsbroschüre, eine eigene Homepage und womöglich eine interaktive Plattform in einem sozialen Medium.
Erste Ziele des Netzwerkes sind es, die Abstimmung zwischen den bestehenden Einrichtungen zu optimieren und wenn möglich auszubauen. „Demenz ist nicht gleich Demenz“, will Kraft darüber hinaus deutlich machen. Zudem gelte es, der Krankheit die Stigmata zu nehmen.
Umgang hat sich spürbar verbessert
Wobei sich der Umgang mit Demenz in den vergangenen Jahren spürbar verbessert hat, wie auch Heike Wenisch von der Fachberatungsstelle für pflegende Angehörige der Caritas Sozialstation St. Rochus in Lohr bemerkt hat.
In ihrem beruflichen Alltag habe etwa jedes zweite Gespräch mit Demenz zu tun. „Wie gehe ich mit meinem an Alzheimer erkrankten Partner um?“ und „Wo kann ich ihn abgeben – und wenn es nur für einen Tag ist?“, in diese Richtung gehen Wenisch zufolge die meisten Fragestellungen.
„Die Bevölkerung ist offen geworden in den letzten Jahren“, sagt sie – nicht zuletzt auch durch Til Schweigers Film „Honig im Kopf“.
Netzwerk Demenz Zur Gründung des Netzwerks Demenz im Landkreis Main-Spessart laden die Initiatoren, Peter Kraft und Dominikus Bönsch, am Freitag, 21. September, von 16 bis 19 Uhr in die Alte Turnhalle in Lohr ein (Gärtnerstraße 2). Chefarzt Walter Swoboda wird die verschiedenen Arten von Demenz vorstellen, Friederike Döring von der Beratungsstelle Rudi macht'süber Validität sprechen, also den Grad der Erkrankung, Chefarzt Peter Kraft geht auf die demographische Entwicklung ein und Dominikus Bönsch schließlich auf die Versorgungsstrukturen. Nach diesen Vorträgen wird der „Markt der Möglichkeiten eröffnet, bei dem die „Profis“ sich und ihre Einrichtungen und Möglichkeiten vorstellen werden. Die Initiatoren erwarten zwischen 50 und 100 Teilnehmer, denen dann auch Raum gegeben wird zum Austausch. RP