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LOHR: Eine Lohrer Institution wird 90

LOHR

Eine Lohrer Institution wird 90

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    Nicht mehr so häufig wie früher, aber doch noch immer wieder steht Josef Mehling in der Bachstube.
    Nicht mehr so häufig wie früher, aber doch noch immer wieder steht Josef Mehling in der Bachstube. Foto: Archivfoto: Wolfgang Dehm

    Wenn es in Lohr jemanden gäbe, der noch bekannter ist, als Schneewittchen, dann wäre es der Bäckermeister und Weinwirt Josef Mehling. Er kann heute bei bei guter Gesundheit seinen 90. Geburtstag feiern.

    Mehling kann dabei nicht nur auf berufliche Erfolge zurückschauen – seine Backwaren erfreuen sich ebenso großer Beliebtheit, wie die in seinem Weinhaus verkauften Weine. Er ist ein Original im besten Sinne des Wortes. Auch seine Beiträge zum kulturellen Leben der Stadt sind nicht zu unterschätzen. Bei seinen Kunden und Gästen wie bei seinen Kollegen und bei seinen Wanderfreunden vom Spessartverein ist er geschätzt.

    Mehlings Großvater, der aus der Steinmühle stammte, heiratete 1878 Sophie Alter, die Tochter einer Gastronomenfamilie. Die Bäckerei und Weinstube in unteren Teil der Hauptstraße wurde ihm aber bald zu klein und so übernahm er 1887 das Gasthaus Zum „Grünen Baum“ und die Bäckerei neben dem alten Rathaus.

    Josef Mehling besuchte ein paar Jahre lang das Lohrer Gymnasium, doch sein Vater Franz Mehling war kränklich und seine Mutter Ida sah sich überfordert, den Verkauf in der Bäckerei und die Gastwirtschaft allein zu bewältigen, sodass Josef Mehling mit 15 Jahren beim Vater eine Bäckerlehre begann. Anfang der 1950er Jahre legte er dann auch die Meisterprüfung ab. Als Franz Mehling 1963 starb, übernahm Josef Mehling Bäckerei und Weinstube.

    Sein Erfolgsrezept war, dass er nicht alle kurzlebigen Entwicklungen mitmachte. Die „Resopalgastronomie“ der sechziger Jahre hat es im Weinhaus Mehling nicht gegeben. Wie schon zur Zeit seiner Eltern behielt Josef Mehling so viel von der alten Einrichtung wie möglich. Notwendige Neuerungen erfolgten so, dass sie sich geschickt an den älteren Bestand anpassten.

    Der vordere Gastraum erhielt sein heutiges Gesicht erst in den 1930er Jahren. Vorbild für Gestaltung und Ausstattung war das wesentlich ältere Nebenzimmer, das wohl schon vor über 150 Jahren Schauplatz mancher Besprechung war, bei der wichtige Entscheidungen der städtischen Gremien vorbereitet wurden. In den Achtziger Jahren kamen zwei rückwärtige Räume hinzu. Auch der große Gewölbekeller diente für besondere Anlässe als stimmungsvoller Gastraum.

    „Dass ich noch etwas leisten kann, das gibt mir Kraft“

    Joseph Mehling

    Hier zelebrierte Josef Mehling auch häufig seine beliebten Weinproben; Seit etwa 20 Jahren nutzt die Gruppe „Die Gaukler“ den Keller als Theater. Neuerdings dient er auch der Vorführung von Filmen und ersetzt damit wenigstens teilweise das in Lohr noch immer vermisste Kino.

    Doch Kultur im Weinhaus Mehling gab es schon viel früher. Das begann mit Hans Rosnitschek, der dort an vielen Abenden stimmungsvolle Zithermusik bot; Vortragskünstler und Musiker, egal ob Amateure oder Profis gestalteten dort gut besuchte Abende. Erwartete die Stadt Lohr zu besonderen Anlässen offiziellen Besuch, dann war auch Josef Mehling zur Stelle, um den Gästen in einem großen Pokal einen Willkommenstrunk zu kredenzen.

    Für die Ausgestaltung seiner Weinkarte gewann der Weinwirt auf Vermittlung von Nikolaus Fey den Bildhauer und Holzschnittkünstler Richard Rother. Die Texte verfasste er selbst, einschließlich der originellen Charakterisierung jedes einzelnen Weins. 1966 heiratete Josef Mehling seine Frau Rosemarie geborene Pauli.

    Lange Zeit machten sich die Lohrer Sorgen um die Zukunft des Weinhauses, aber die ist inzwischen gesichert; die beiden Söhne betreiben es mit nicht weniger Erfolg als ihr Vater, Großvater und Urgroßvater.

    Nach wie vor kümmert sich Josef Mehling um die Gäste in der Weinstube, plaudert mit Bekannten, gibt Empfehlungen zum Wein und frischt alte Erinnerungen auf. Noch immer kann man ihn zu frühester Morgenstunde in seiner Eigenschaft als „staubiger Bruder“ in der Backstube finden, auch wenn er seine Tätigkeit auf diesem Gebiet eingeschränkt hat.

    „Ein bisschen Überwindung kostet mich das schon“, gesteht er, „aber dass ich noch etwas leisten kann, das gibt mir Kraft“. Bis vor wenigen Jahren ging er noch Woche für Woche mit dem Spessartverein wandern; das musste er aufgeben, aber Bewegung verschafft er sich noch beim Radfahren. Statt Geschenken wünscht sich Josef Mehling Spenden zu Gunsten der Welthungerhilfe.

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