Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Gemünden
Icon Pfeil nach unten

WERNFELD: Eine Stunde Arbeit für einen Besen

WERNFELD

Eine Stunde Arbeit für einen Besen

    • |
    • |

    Besen schnitzen hat in Wernfeld Tradition: Früher gab es in jedem zweiten Haus einen Besenbinder und der Ort trägt heute noch zwei gekreuzte Reisigbesen im Wappen. Doch das Handwerk stirbt aus, nur noch Gustav Müller und Reinhold Müller beherrschen in dem Gemündener Stadtteil die Handwerkskunst, Besen zu schnitzen und zu binden. Sie schildern, worauf es beim „Baseschnitze“ ankommt.

    Es ist wichtig, an gutes Material, das heißt nicht zu buschiges Birkenreisig, zu kommen. Feines Reisig braucht man auch, das wird aber erst zum Schluss zum Füllen gebraucht. Heute ist die Beschaffung des Reisigs einfacher, weil die Nachfrage nicht mehr so groß ist, wissen die Experten. Früher hat man das Material aus Wohnrod, Burgsinn oder Gräfendorf geholt. Über den Preis für ein Büschel musste man mit dem Förster verhandelt, und damit es sich rentierte, stopfte man immer noch ein wenig mehr in die Büschel hinein. „Die waren dann richtig schwer“, erinnert sich Gustav Müller.

    Frauen flochten die Kringel

    Wenn das Reisig trocken gelagert ist, wie bei Reinhold Müller in der Scheune, ist es einige Jahre lang zu gebrauchen. Das Gleiche gilt für die Weidenruten, aus denen die fünf unterschiedlich großen Kringel gefertigt werden, die den Besen zusammenhalten. Kurz gewässert, sind sie auch nach längerer Zeit wieder biegsam und elastisch. Die Kringel zu flechten war früher meistens Frauenarbeit. Ganz unten, noch vor dem größten Kringel, wird das Wiedle gebunden, diese Weidenrute hält das feine Reisig zusammen.

    Reinhold Müller demonstriert in seiner „Werkstatt“ genau die Arbeitsschritte: Reisigholen, Schnitzen sowie Sortieren nach langen, mittleren und kurzen Zweigen. Viel Werkzeug benötigt er für die Arbeiten nicht: Einige Messer, die Häppe, das Wickelholz zum Kringelflechten und einen Holzklüpfel, mit dem die Halteringe in die richtige Position getrieben werden. Auffällig ist die Schärfe der Spezialgeräte, deren Stahlklingen an den Schnittflächen silbrig glänzen.

    Mit sicherem Blick

    Dann nimmt Reinhold Müller, der auf der Arbeit bei Bosch-Rexroth in Lohr eher mit Metall zu tun hat, auf einem alten Küchenstuhl vor dem Hackstock Platz und legt los. Mit sicherem Blick und geübten Handgriffen legt er zuerst drei lange Ruten aneinander, dann schiebt er schon drei Kringel darüber, in die er als nächstes zu den langen Reisigzweigen von unten drei bis vier angespitzte mittelgroße stopft. „Das hat man im Gefühl“, sagt Müller, während er einiges an Kraft aufwenden muss, bis die Zweige fest in den Kringeln sitzen, die er immer wieder mit dem Klüpfele, einer Art Schlagholz, vorantreibt.

    Schließlich kommt das kurze und feine Reisig zum Auffüllen in den beinahe fertigen Besen. „Die muss man ein wenig zwischen den Großen und Mittleren verstecken.“ Dann schiebt er die beiden letzten, im Durchmesser größeren Ringe darüber und schlägt sie an. Mit zwei kurzen Beilhieben schneidet er zum Schluss den Besen oben und unten auf gleiche Länge. Das Produkt ist jetzt fertig – bis auf das Wiedle. Müller nimmt mit dem Unterarm Maß: Eine Elle lang, von der Kehrseite aufwärts, wird die dünne Weidenrute um den Besen gebunden, damit er beim Gebrauch nicht ausfranst.

    Was sich so einfach liest, bedeute 45 Minuten bis eine Stunde Arbeit für einen Besen, wenn man alles vom Reisigholen, Sortieren und Schnitzen bis zum Kringelbinden zusammenrechnet, erklärt Müller. Kein Wunder, dass man davon nicht leben kann. Früher hat sein Vater in guten Jahren 400 Besen gemacht, dabei waren auch Stallbesen mit Holzstiel, die vor allem über Händler in die Hanauer Gegend nach Hessen geliefert wurden.

    Lieferung ins Sägewerk

    Bis vor kurzem belieferte Müller das mittlerweile geschlossene Gemündener Sägewerk Hamm mit seinen Arbeitsgeräten für die Reinigung der Trockenkammern. Jetzt fertigt er nur noch auf Nachfrage Besen an, wobei der Großteil – im Gegensatz zu früheren Zeiten – als originelle Geburtstagsgeschenke oder für Dekorationszwecke Verwendung finden.

    ONLINE-TIPP

    Mehr Berichte über die Wernfelder Besenbinder unter www.mainpost.de/regional/main-spessart/gemuenden.

    Reisigbesen

    Das Handwerk des Besenbinders ist mit der industriellen Produktion weitgehend verschwunden. Die Herstellung von Besen hatte sich von einer saisonalen Tätigkeit im bäuerlichen Alltag zu einem Haus- und Wandergewerbe entwickelt, für das es keine Ausbildung und keine Zünfte gab.

    Als Rohstoffe wurde meistens Birkenreisig, Ginster oder Heidekraut verwendet. Die Besen wurden als Stall- und Straßenbesen benutzt. Reisig, Reis oder Reiser sind dünne Zweige, die vom Waldboden gesammelt werden dürfen. Quelle: Wikipedia

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden