Initiiert hatte damals das Projekt der Studienreferendar Simon Watzl im Religionsunterricht. Wochenlang „zogen“ unter seiner Anleitung zwei siebte Klassen durchs Schulhaus. Sie suchten das Gespräch mit Mitschülern, warben für couragiertes Eingreifen bei Streitereien und sammelten Unterschriften gegen Diskriminierung. Eifrig mit am Werk waren damals Johanna Hettiger aus Bergrothenfels, Giuliana Sammetinger aus Rodenbach und Adrian Büttner aus Zimmern. Bis heute sind die drei 15-Jährigen der Aktion treu geblieben. Dieses Jahr planen sie für den 28. Juli ein interkulturelles Schulfestival.
Was gefiel ihnen an dem Projekt? „Reden kann jeder, ich wollte etwas machen“, sagt Adrian Büttner. Heute engagiert sich der 15-Jährige zudem als Streitschlichter an der Schule. Dass das Projekt Früchte getragen hat, sieht man auf dem Pausenhof. „Wenn es eine Schlägerei gibt, greifen die Schüler schneller ein als früher“, ist sich Giuliana sicher. Auch wurde den Kindern eindringlich vermittelt, toleranter gegenüber Ausländern zu sein. Das Engagement sei jedoch keine Reaktion auf die Vorfälle in Lohr gewesen, erklärt Horst Karch, Rektor der Lohrer Realschule. „Die Zeit war einfach reif dafür.“
„Einen direkten Kontakt der Realschüler zur rechtsextremen Szene gab es nie“, sagt Karch. Aber eben Schüler, die Sympathien für rechtsextreme Ideologien hegten. Dies sei auch heute noch so. „Warum soll es in der Schule anders sein als in der Bevölkerung?“ Und heute? „Es gibt keine offene rechte Szene in Lohr, die durch die Aula läuft und rechtsradikales Ideengut verbreitet“, sagt Geschichtslehrer Friedemann Schaff.
Wie wappnet sich die Schule gegen rechte Ideen? Den Kindern immer wieder klar machen, dass es keine schnellen Lösungen bei komplizierten Problemen gibt; Arbeitslosigkeit zum Beispiel könne eben nicht den Ausländern in die Schuhe geschoben werden, so Karch. Als die Neonazis in Lohr so von sich Reden machten, wurde das Thema in der Realschule zudem in mehreren Unterrichtsfächern thematisiert. Daneben gab es eine Fortbildungsveranstaltung für Lehrer über rechte Symbolik und Bands.
Wer in der Schule mit T-Shirts, Stickern etc. mit einschlägigen Symbolen herumläuft, muss das Kleidungsstück ausziehen, auf links drehen oder wird nach Hause geschickt. Große Probleme gibt es da nicht. „So dreist, hier mit dem Hakenkreuz durch die Aula zu spazieren, ist keiner“, sagt Lehrer Schaff.
Was für Erfahrungen haben die Realschüler in Lohr mit der rechten Szene? „Mir sind vor drei Jahren mal fünf Skins im Stadtpark begegnet. Da war mir schon komisch zumute“, sagt Johanna Hettiger. Heute hat die 15-Jährige keine Angst mehr vor „Nazis“. Ihre Schulkameradin Giuliana hatte einen Bekannten in der Nachbarschaft, der zur rechten Szene gehörte. Aber: „Man meidet den Kontakt“, sagt sie. Worin der Reiz für junge Menschen in der rechten Szene liegt? „Das sind Leute, die keinen Anschluss haben“, sagt Johanna. „In dieser Szene finden sie Gemeinschaft und Halt.“