Der Einzelhandel und die Gastronomie in Marktheidenfeld bieten ein gesundes, gut durchmischtes Angebot. Dennoch bleibt bei der gemeinsamen Vermarktung viel zu tun.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie des Instituts für Geografie der Uni Würzburg in einem Zwischenbericht, den Diplomandin Lisa Kluin und ihre Professorin Barbara Hahn am Donnerstag im Stadtrat vorstellten. Kluin hat in einem ersten Schritt Ende 2010/Anfang 2011 die Altstadt kartiert. Neben der guten Struktur des Gewerbes – nur Herrenmode fehlt dort – fielen Kluin viele leer stehende Wohnungen in „heruntergekommenen“ Häusern auf. Demgegenüber registrierte sie nur zwei ungenutzte Geschäftslagen.
Bei der Befragung der Einzelhändler haben 51 von 67 (76 Prozent) mitgemacht. Die Mehrheit habe freundlich reagiert, in manchen Geschäften bekam die Studentin keine Auskunft, ein Ladenbesitzer habe sie rausgeworfen. Zwei Drittel der Geschäfte lagen in modernisierten Altbauten, 19 Prozent in Neubauten, 16 % in nicht renovierten Altbauten. Auffällig: In Wärmedämmung sei bislang nicht investiert worden.
Bei ihrer Befragung hat Kluin in der Altstadt sieben verschiedene Öffnungszeiten ermittelt: Die Geschäfte beginnen zwischen 6 und 10 Uhr. Ebenso gibt es Läden, die sich eine zweistündige Mittagspause leisten. Beides sei für Kunden verwirrend, konstatierte die Studentin. Besser abgestimmt seien die Schlusszeiten: überwiegend um 18 Uhr (Filialen um 19 Uhr). Negativ sei das Bild bei den Schlusszeiten am Samstagnachmittag: zwischen 12 und 16 Uhr. Für die Kundenbindung tun die Einzelhändler laut Studie ebenfalls zu wenig. Zwei Beispiele: 33 % der Geschäfte führen überhaupt keine Kundenaktionen (Kundenkarte o. ä.) durch. 22 % leisten sich, nicht für ihr Geschäft zu werben. Erschreckend für die Wissenschaftlerin: Selbst von den befragten Mitgliedern der Werbegemeinschaft beteiligen sich – dem Zweck der Gruppierung widersprechend – nur 70 % an gemeinsamer Werbung. Gravierend: 45 % der Geschäftsleute haben keinen Internetauftritt. 67 % vertrauen der Zeitung als Werbeträger.
Nachholbedarf sieht Kluin auch beim Kundenservice: Jeder zweite Laden hat keine Kundentoilette, 29 % bieten keine Spielecke für Kinder, mehr als der Hälfte fehlt ein barrierefreier Zugang ins Geschäft. Positiv fiel der Studentin auf, dass es in vielen Läden Sitzmöglichkeiten gibt.
Kluin wollte von den befragten Einzelhändlern wissen, wie sie ihr Geschäft in Bezug auf Standortfaktoren einschätzen. Dabei stellte sich heraus, dass 80 % der Händler mit der Erreichbarkeit ihres Ladens zufrieden sind. Das trifft überwiegend auch auf das Parkplatzangebot zu.
Anfang des Jahres fanden die Gewerbetreibenden die Passantenfrequenz schlecht – hoffen aber auf Besserung im Frühjahr. Die Attraktivität der Altstadt bezeichneten 22 % als befriedigend, 10 % als schlecht – ein Zeichen für Handlungsbedarf. Erfreulich: Unterm Strich behauptet die Hälfte der Einzelhändler, dass es ihnen gut gehe, und sogar 60 % erwarten eine gute Zukunft.
Ob sich die lange Auseinandersetzung um die erweiterte Fußgängerzone auf Probe in folgendem Ergebnis niedergeschlagen hat? 31 % der Einzelhändler halten die Zusammenarbeit mit der Stadt für schlecht, 27 % äußern sich dazu gar nicht und nur 14 % finden sie gut (siehe Grafik).
Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder bekräftigte, dass Einzelhandel, Gastronomie und Wohnen in der Altstadt gut aufgestellt seien. Allerdings bestimme der Kunde, wo er hinwolle. Kritik an den Händlern übte Andrea Hamberger (Freie Wähler), weil nicht ein einziger von ihnen unter den Zuhörern saß. Uwe Lambinus (SPD) fand dieses Desinteresse gar „beschämend, wenn ich daran denke, wie viele kamen, als es um die Fußgängerzone ging“. Er plädierte dafür, die Ergebnisse nach Abschluss der Kundenbefragung in einer Bürgerversammlung vorzustellen.
Empfehlungen an Stadt und Einzelhandel
Im Zwischenbericht zum Marktheidenfelder Einzelhandel fehlen noch Aussagen der Passanten, die in den kommenden Wochen erhoben werden.
Der Stadt empfahl Lisa Kluin nach der Einzelhändler-Befragung:
• Schilder am Radweg aufstellen und den Radweg durch die Altstadt führen, dann aber auf Betonplatten in der Mitte des groben Pflasters.
• mehr Kurzzeitparkplätze anbieten.
• Sitzmöglichkeiten in der Altstadt schaffen.
• Stadtmarketing betreiben, Stärken analysieren, nach außen darstellen.
Den Einzelhändlern empfahl sie:
• einheitliche Öffnungszeiten.
• besseres Miteinander (Kluin: „Viele haben resigniert.“)
• eine effektivere Werbegemeinschaft mit gemeinsamer Werbung aller Mitglieder.
• Sortiment Herrenbekleidung in der Altstadt einführen.
• mehr Kundenaktionen/-service.
Stadt und Einzelhändler könnten gemeinsam diese Punkte umsetzen:
• saisonale Begrünung ausweiten.
• mehr und bessere Kommunikation zwischen Stadt und Handel.
• mehr gemeinsame Veranstaltungen in der gesamten Innenstadt, nicht nur in der Altstadt (Ein Beispiel: die Bayern-1-Sommerreise).