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Retzbach: Ende der Winzertradition? Warum die Zahl der Winzer in Retzbach deutlich gesunken ist

Retzbach

Ende der Winzertradition? Warum die Zahl der Winzer in Retzbach deutlich gesunken ist

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    Der Retzbacher Benediktusberg ist eine weithin bekannte Weinlage in Franken. Neben großflächigen Arealen gibt es auch kleine Steillagen, in denen echte Top-Weine wachsen. Viele der Feierabendwinzer haben aber schon aufgegeben und an größere Betriebe verpachtet.
    Der Retzbacher Benediktusberg ist eine weithin bekannte Weinlage in Franken. Neben großflächigen Arealen gibt es auch kleine Steillagen, in denen echte Top-Weine wachsen. Viele der Feierabendwinzer haben aber schon aufgegeben und an größere Betriebe verpachtet. Foto: Günter Roth

    Fast 50 Jahre lang hat der Retzbacher Burkard Heßdörfer im Weinberg gearbeitet. Entweder daheim im eigenen Wengert oder aber in den Hängen des Würzburger Bürgerspitals. Was hat sich in dieser Zeit rund um den Wein, bei der Arbeit und bei der Vermarktung geändert?

    Ganz unverkennbar ist der Strukturwandel in beinahe allen Bereichen. Da ist einmal die Zahl der Aktiven Winzer, weiß Burkard. Standen dereinst noch rund 60 Winzer - meist nebenbei in ihrer Freizeit - mit der gesamten Familie im Wengert, so sind das heute gerade einmal noch 25. "Der eine oder andere hat aufgegeben und seinen Morgen Weinberg verkauft oder verpachtet", sagt er. Schließlich gilt noch immer der alte Spruch, wonach ein Weinberg 40 Mal im Jahr seinen Besitzer sehen muss. Da kommen schnell 600 Stunden Arbeitszeit zusammen.

    Burkard Heßdörfer blickt auf fast 50 Jahre Arbeit im Weinberg zurück. Den Strukturwandel hat er hautnah miterlebt
    Burkard Heßdörfer blickt auf fast 50 Jahre Arbeit im Weinberg zurück. Den Strukturwandel hat er hautnah miterlebt Foto: Günter Roth

    Winzerarbeit war Familientradition

    Mit verantwortlich ist der Wandel bei den Generationen, bei der Familienstruktur und der Arbeitssituation gerade junger Leute. Winzerarbeit war Familientradition. Früher ist der Handwerker nach seinem Tagwerk nochmal für zwei Stunden in die Rebzeilen gegangen oder ein Familienmitglied hat seine Hausarbeit für diese Zeit hintan gestellt und wenn Not am Mann war, ist am Wochenende die gesamte Familie mit raus gegangen.

    Berufstätige können diese notwendige Flexibilität heute oft nicht mehr mitmachen, weil die Arbeitsstelle zu weit weg oder die Arbeitszeiten zu unregelmäßig sind. Außerdem ist der klassische Winzer gewissermaßen das ganze Jahr hindurch und damit eingeschränkt. Jüngere Menschen unterstützen zwar oft noch ihre Eltern oder Großeltern bei deren Tätigkeiten, sind dann aber nicht mehr bereit, diese dann in eigener Regie weiter zu führen.

    "Du kannst den Wein günstiger kaufen, also du ihn selbst produzieren kannst"

    Burkard Heßdörfer

    Dazu kommt die betriebswirtschaftliche Situation. Die Anforderungen an Qualität, an Dünger und naturnahen Pflanzen- sowie Naturschutz steigen ständig. Nicht zuletzt erfordert der Klimawandel mit neuen Schädlingen, mit notwendiger Bewässerung und letztendlich auch der Vermarktung des Weins immer mehr Investitionen an Fachwissen und Technik, die Kleinwinzer einfach nicht mehr aufbringen können, weil sich das oft nicht mehr für sie rechnet. Die Kosten sind gestiegen, der erlöste Preis dafür aber nicht in dem selben Maß. "Du kannst den Wein günstiger kaufen, als du ihn selbst produzieren kannst", so Heßdörfer.

    So werden also die 60 Hektar des zweitgrößten Weindorfs von Main-Spessart derzeit noch von 25 Häckern bewirtschaftet. Ein Großteil der Fläche ist aber an vier Großerzeuger verkauft oder verpachtet - einer davon stammt sogar aus Bergtheim. Die "Großwinzer" arbeiten dann ganz anders, sie setzen gezielt auf Rationalisierung durch Technik sowie Maschinen und lassen einen Großteil der Arbeiten durch Fremd- oder Saisonarbeiter erledigen.

    Die Winzerhütte in der Weinlage am Benediktusberg ist ein beliebter Einkehrpunkt bei Wanderungen.
    Die Winzerhütte in der Weinlage am Benediktusberg ist ein beliebter Einkehrpunkt bei Wanderungen. Foto: Günter Roth

    Doch Burkard sieht auch die andere Seite: "Gerade die Steilhänge in Retzbach oder im benachbarten Stetten sind kaum mechanisierbar. Gute Lagen mit Topweinen brauchen nach wie vor das Handwerk", sagt er. Außerdem seien die Winzer nicht nur Weinerzeuger, sondern durch ihre Arbeit in der Flur auch Landschaftsgestalter und Landschaftserhalter.

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