Eine minimalistische Bühne ist Mittelpunkt des Kästner-Programms von Hans Georgi. Am Donnerstagabend steht sie in der Stadtbibliothek Marktheidenfeld, bestehend aus einem elektrischen Klavier, einem Buch und einem alten schwarzen Telefon. Über dieses wird sich zunächst der berühmte Schriftsteller selbst zu Wort melden, später auch die Telefonauskunft und der für das musikalische Programm benötigte Schlagzeuger.
Georgis Vortragsprogramm „Kästner für Erwachsene“ entstand aus der gleichnamigen Gedichtsammlung, die ihn inspiriert hatte, Kästners Texte zu vertonen und ihnen eine eigene Dramaturgie zu verleihen. In dieser wechselt die Perspektive ständig. Georgi beschreibt Kästners Leben, schlägt im raschen Schnitt Parallelen zur politischen und gesellschaftlichen Realität und geht dann wieder ganz auf die Texte Kästners ein.
Seine Vertonungen gehen ins Ohr, lassen zwischen politischem Lied und Chanson verschiedenste Töne anklingen und animieren zum Mitmachen – eine Aufforderung, der die zwei Dutzend Zuschauer im nicht ganz gefüllten Zuschauerraum gerne Folge leisten.
Chronologisch aufgebaut lässt die „Ein-Mann-Revue“ wenig aus. Jugendarbeitslosigkeit war schon zu Kästners Zeiten ein Thema, genau wie Erziehungsdefizite als Resultat wirtschaftlichen Druckes – „dass ihr uns liebt, das hilft uns nichts“, halten orientierungslose Kinder ihren Eltern entgegen. Kästner und die Frauen, Kästners Verhältnis zu seiner Mutter, Kästner und die Politik: Georgi gibt Auskunft, erklärt und verkörpert.
Mit kleiner Requisite, unprätentiös und warmherzig füllt er seine Bühne, die im hellen Licht der Stadtbibliothek vielleicht ein wenig zu entzaubert dasteht. Doch wenn Kästner im Originalton zu hören ist, seine Stellungnahme zur Bücherverbrennung und zu seinem Verbleib in Deutschland während des Dritten Reiches, dann ist klar, dass heute alles richtig ist.
Erich Kästner ist angekommen: heute, bei uns und an einem Ort, der voller Bücher ist.