Wenn jemand ein paar Fische angelt, wo er eigentlich nicht angeln darf – das könnte man als Kavaliersdelikt verstehen. Doch im deutschen Recht ist Fischwilderei eine Straftat, die mit Geldstrafen oder sogar mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren geahndet wird.
Fischwilderei vor dem Gemündener Gericht verhandelt
Dass die Frage, wo Angeln erlaubt ist, Relevanz hat, zeigte kürzlich eine Verhandlung vor dem Amtsgericht Gemünden. Ein 58 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Würzburg hatte Widerspruch eingelegt gegen einen Strafbefehl, der ihn zu einer Zahlung von 1500 Euro verpflichtet hatte. Der Grund: Er soll in der Nähe der Schleuse Eichel bei Kreuzwertheim auf bayerischer Seite geangelt haben, obwohl das in diesem Bereich verboten ist.
Der Angeklagte sagte jedoch aus, den Grund des Flusses lediglich mit Blei, ohne Haken und Köder, ausgelotet zu haben. Nur mit einem weiteren Verhandlungstermin wäre möglicherweise festzustellen gewesen, ob er von dem Verbot wusste und ob er wirklich geangelt oder nur getestet hat. Stattdessen einigten sich die Beteiligten darauf, das Verfahren vorläufig einzustellen. Damit das klappt, muss der Angeklagte 1500 Euro für einen gemeinnützigen Zweck zahlen – dann geht er ohne Vorstrafe aus dem Verfahren.
Wer darf an welchen Plätzen angeln?
Angeln darf, wer Inhaber des Fischereirechts vor Ort ist, oder sich von diesem einen Erlaubnisschein (auch Angelkarte genannt) besorgt hat. Inhaber des Fischereirechts sind meist die Eigentümer der Gewässer. Sie können das Recht zu Fischereiausübung aber Pächtern wie den örtlichen Fischerzünften überlassen. Die erteilen dann die individuelle Erlaubnis in Form von Jahres-, Monats-, Wochen- oder Tageskarten – nach Antragstellung bei der Kreisverwaltungsbehörde und nach Prüfung des Antrags durch die Fischereifachberatung.

Außerdem braucht man unbedingt einen Angelschein, also den "Führerschein" zum Angeln. Das erklärt der Leiter der Fischereifachberatung des Bezirks Unterfranken, Michael Kolahsa. Ausnahmen gelten für Begleiter und Begleiterinnen der eigentlichen Angler, wenn sie zum Beispiel lediglich mit einem Kescher helfen.

Was genau ist Fischwilderei?
Laut Strafgesetzbuch ist Fischwilderei unter anderem das Fischen "unter Verletzung fremden Fischereirechts oder Fischereiausübungsrechts". Klingt kompliziert, dreht sich aber vor allem um das Angeln ohne Erlaubnis (Angelkarte) oder dort, wo es verboten ist. Der Angeklagte im oben beschriebenen Fall konnte Angelschein und Angelkarte vorweisen. Da das Angeln an der Schleuse verboten ist, ging es trotzdem um Fischwilderei.

Der Fischwilderei-Paragraph betrifft aber nur die freien Gewässer, also Bäche oder Flüsse. In einem geschlossenen Baggersee ohne Anschluss an den Main wäre das Angeln ohne Erlaubnis Diebstahl, sagt Kolahsa. Denn die Fische sind dann Eigentum des Fischereirechtsinhabers, zum Beispiel eines Angelvereins. "Wenn ich dabei einen Fisch verletze, kann Sachbeschädigung dazukommen", so der Leiter der Fischereifachberatung.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Straftaten wird bei der Fischwilderei nicht unterschieden zwischen Versuch und Vollendung: Spätestens, wenn der Köder im Wasser ist, ist es Wilderei, sagt Kolahsa. Eine Besonderheit im bayerischen Fischereirecht sei, dass die Absicht wild zu angeln unterstellt werden könne, wenn man mit fangbereiter Rute am Gewässer entlang läuft. Drei Handangeln statt der erlaubten zwei aufzustellen fällt laut Kolahsa ebenfalls unter Fischwilderei, weil das den "Umfang oder Inhalt des ihm übertragenen Fischereiausübungsrechts überschreiten würde".
Was ist so schlimm an Fischwilderei?
Doch warum ist Fischwilderei eine Straftat? "Weil man sonst die Kontrolle und den Überblick über sein Gewässer verliert", sagt Kolahsa. Denn als Fischereirechtsinhaber habe man nicht nur das Recht, sich Fische anzueignen, sondern auch die Pflicht zur Hege und Pflege des Bestands.

So müssen etwa Fischerzünfte und Angelvereine, die fischereiberechtigt sind, die Zahl der gefangenen Fische melden und entsprechend nachbesetzen. Das erklärt Konrad Krautschneider, Obmann der Angelfischer im Fischereiverband Unterfranken und ehemals Vorsitzender des Angelsportvereins Langenprozelten. "Der vorgeschriebene Pflichtbesatz wird vom Landratsamt und von der Bezirksfischereiberatung jedes Jahr oder auch über fünf oder zehn Jahre bestimmt", sagt Krautschneider.

Wer aber als Inhaber des Fischereirechts nicht weiß, wie viele und welche Fische entnommen wurden, weil gewildert wurde – der kann auch nicht richtig abgeschätzt werden, was kompensiert werden muss. Außerdem könnten, gibt Kolahsa zu bedenken, zu kleine Fische geangelt werden, die noch nicht die Chance hatten, abzulaichen und so für Nachwuchs zu sorgen.

"Das Wichtigste für uns Angler ist, dass wir den Fischbestand aufrecht erhalten und uns um den Naturschutz kümmern", sagt Krautschneider. "Wenn man die Umwelteinflüsse und den Schiffsverkehr in Main sieht – die natürliche Fortpflanzung von Fischen ist nur noch bedingt möglich. Dem müssen wir entgegen wirken. Das ist nicht in Ordnung, wenn Fischwilderei betrieben wird."
Wie häufig kommt Fischwilderei vor?
Der Polizeilichen Kriminalstatistik zufolge gab es im vergangenen Jahr 45 Fälle der Fischwilderei nach §293 StGB, im Jahr 2020 62 und im Jahr 2019 51 Fälle.
nach Angaben des Polizeipräsidiums Unterfranken auf einem ähnlichen Niveau bewegen.Welche Vorschriften sind noch zu beachten?
In Unterfranken sind das Bayerische Fischereigesetz, die Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Fischereigesetzes und die Vorschriften der Bezirksfischereiverordnung des Bezirks Unterfranken ausschlaggebend. Auch die Landratsämter können Regeln aufstellen. Die unteren Behörden können dabei die geltenden Bestimmungen verschärfen, berichtet Kolahsa – also typischerweise Schonzeiten verlängern und Schonmaße, das heißt Mindestlängen der Fischarten, erhöhen. Anglerinnen und Angler sind selbst dafür verantwortlich, sich über lokal geltenden Regeln zu informieren.
Was sind andere No Gos beim Angeln?
"Was gar nicht sein darf, ist der Einsatz von lebenden Köderfischen zum Angeln von Raubfischen, weil das gegen das Tierschutzgesetz ist", sagt Kolahsa. Außerdem tabu: während des Angelns einschlafen, das verletze die Aufsichtspflicht. Es könnte ein Fisch an der Angel hängen und sich unnötig quälen.