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KARLSTADT: Flüchtlinge: Angekommen im fremden Land

KARLSTADT

Flüchtlinge: Angekommen im fremden Land

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    Sie kamen in ein fremdes Land. Nach aktuellen Zahlen sind es insgesamt 1438 Flüchtlinge, die der Landkreis Main-Spessart bislang aufgenommen hat. Derzeit werden dem Landkreis keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen.
    Sie kamen in ein fremdes Land. Nach aktuellen Zahlen sind es insgesamt 1438 Flüchtlinge, die der Landkreis Main-Spessart bislang aufgenommen hat. Derzeit werden dem Landkreis keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen. Foto: Foto: Carsten Rehder-Ankom

    Die Situation der Flüchtlinge im Landkreis ist so unterschiedlich, wie es die Länder sind, aus denen sie kommen. Viele warten noch auf die Anerkennung ihres Asylantrags, andere sind bereits anerkannt, etliche leben als sogenannte Fehlbeleger in den Flüchtlingsunterkünften und lernen in Integrationskursen die deutsche Sprache. Wiederum andere haben schon eine Arbeit und eine Wohnung gefunden und sich erfolgreich in die Gesellschaft integriert. Zuständig sind je nach Status unterschiedliche Behörden. Lässt sich da überhaupt sagen, wie viele Flüchtlinge bei uns im Landkreis Main-Spessart leben?

    Erster Ansprechpartner zur Beantwortung dieser Frage ist Florian Atzmüller. Er ist der Leiter des Sachgebiets Soziale Angelegenheiten und Senioren am Landratsamt. Obwohl er seinen Dienst erst im März dieses Jahres angetreten hat, kennt er den Ausnahmezustand, in dem sich der Landkreis vor etwa einem Jahr befunden hat, sehr genau. In der Hochphase kamen bis zu 40 Flüchtlinge in jeder Woche. Wohin mit ihnen? Es musste improvisiert werden. Eine Turnhalle wurde kurzfristig notbelegt. Nachdrücklich wurde an die Bevölkerung appelliert, Wohnraum zu melden, der sich für die Flüchtlinge eignet.

    „Ab Mitte März war der Zuzug rückläufig“, sagt Atzmüller. Der Grund war die allmähliche Schließung der Balkanroute. Dennoch stieg die Zahl der Asylsuchenden weiter an, denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kam mit der Abarbeitung der Anträge nicht hinterher. Im Juni 2016 erreichte die Zahl ihren Höhepunkt. Rund 950 Personen waren über das Landratsamt im Leistungsbezug. Die Asylbewerber kamen zum großen Teil aus Syrien (38 Prozent), Afghanistan (24 Prozent), Ukraine (15 Prozent). Die anderen kamen unter anderem aus Äthiopien, Iran und Weißrussland.

    Nach Juni 2016 ging die Zahl der Leistungsbezieher nach dem AsylbLG im Landkreis zurück – von 950 auf aktuell 640 Flüchtlinge. Die Zahl wird wohl weiter sinken, meint Atzmüller. Denn derzeit werden dem Landkreis keine neuen Flüchtlinge zugewiesen. Die Konsequenz: In der Notunterkunft im ehemaligen Brauerinternat in Arnstein sind keine Flüchtlinge mehr. Die Liegenschaft steht „auf standby“, wie sich Atzmüller ausdrückt. Wer weiß, vielleicht wird diese wieder gebraucht. Das Hotel Atlantis in Gemünden hat als Notunterkunft geschlossen. Gleiches gilt für die Flüchtlingsunterkunft in Zimmern. Ab Mai 2017 wird die Jugendherberge Lohr (90 Plätze) nicht mehr zur Verfügung stehen.

    Noch sind die vier staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte mit insgesamt 396 Plätzen in Gemünden, Gänheim, Lohr und Marktheidenfeld gut ausgelastet. Hinzu kommen 47 dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten für bis zu 740 Personen. Deren Zahl wird sinken. Denn ein anerkannter Flüchtling ist in den Unterkünften ein sogenannter Fehlbeleger. Atzmüller: „Wir haben derzeit 322 Fehlbeleger in den dezentralen Unterkünften des Landkreises." Den Fehlbelegern ist eine Frist gesetzt, in der sie die Unterkunft verlassen müssen. Doch wohin? Es gibt zwar Projekte wie die Wohnungen im Finanzamtsgarten in Karlstadt. Dort hat der Freistaat in einem Pilotprojekt 21 Wohnungen gebaut, die von rund 80 Flüchtlingen bezogen wurden. Die meisten Flüchtlinge müssen sich aber auf dem freien Wohnungsmarkt eine Bleibe suchen.

    Da haben sie Probleme. Es komme aber auch vor, dass anerkannte Flüchtlinge nicht in eine angebotene Wohnung ziehen – vielleicht weil sie zu abgelegen ist. Bislang ist das Landratsamt in solchen Fällen kulant und hat die Frist für den Auszug verlängert. „Wenn wir sie auf die Straße setzen, landen sie als Obdachlose bei den Gemeinden“, sagt Atzmüller. Dies sei nicht gewollt.

    Zurück zur Frage, wie viele Flüchtlinge im Landkreis leben. Hier muss man die Flüchtlinge hinzuzählen, die bereits anerkannt sind. Für die ist das Job-Center in Karlstadt zuständig. „Aktuell sind 713 Flüchtlinge im Jobcenter gemeldet“, sagt Geschäftsführer Jürgen König im Pressegespräch, an dem auch stellvertretender Geschäftsführer Stefan Müller und Arbeitsvermittlerin Sibylle Gehring teilnehmen. Zu den 336 jungen Männern und 164 jungen Frauen kommen noch 213 Jugendliche und Kinder, die mit ihnen leben.

    Hat ein Flüchtling die Anerkennung und kommt er zum Jobcenter, erfolgt erst einmal eine Bestandsaufnahme. Wie sind seine Deutsch-Kenntnisse? Welche Ausbildung hat er? Wie lässt sich der Flüchtling am besten vermitteln? „Vorrang hat dabei das Erlernen der Sprache“, sagt König. Viele Arbeitgeber im Landkreis seien bereit, Flüchtlinge einzustellen, aber nur mit ordentlichen Deutschkenntnissen. „Das ist die Grundlage.“

    Von den 713 Flüchtlingen sind derzeit zirka 100 in einem Integrationskurs. König, Müller und Gehring erleben die Flüchtlinge dabei als sehr motiviert, wobei die Syrer und Iraner meist über gute Qualifikationen verfügen. Bislang konnte man 35 Flüchtlingen eine Arbeit vermitteln. Vier Personen sind in einer Ausbildung.

    Und wie viele Flüchtlinge sind es nun insgesamt? Addiert man die 640 Asylbewerber, die 713 Kunden beim Jobcenter, die 39 Personen in Arbeit vermittelten und auch noch die 46 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die im Jugendamt gemeldet sind, kommt man auf derzeit 1438 Flüchtlinge, die der Landkreis Main-Spessart aufgenommen hat. Diese Zahl kann sich noch erhöhen. Es werden zwar dem Landkreis keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen, aber je nach Asylstatus ist es den Flüchtlingen erlaubt, ihre Familien nachzuholen. Das passiert auch.

    Die Lage hat sich dennoch entspannt. Atzmüller hofft, dass dies weiter so geht und dass die Flüchtlinge, die im Landkreis eine Bleibeperspektive haben, gut integriert werden.

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