Der Laden des Helferkreises in Arnstein biete nur Waren für Geflüchtete, diese landläufige Annahme hören Cornelia Fuchs und ihr Team immer wieder. Dabei ist das Konzept ein ganz anderes. Im ehemaligen Edeka lagern mittlerweile zahlreiche Sachspenden, von gebrauchten Kleidungsstücken bis zu einer kompletten Wohnungseinrichtung. Die Gebrauchtwaren gibt der Helferkreis gegen Spenden ab – an alle.
Fuchs bittet um Spenden, wenn jemand etwas abholt. Die Spenden können direkt in die Ukrainehilfe gehen oder auch nach Syrien. Dort arbeitet Fuchs mit einer Hilfsorganisation zusammen, weil sie keine Güter in das Land transportieren kann. In die Ukraine organisiert sie nach wie vor Hilfstransporte. Jeden Monat fährt mindestens ein Laster in das Kriegsgebiet, so Fuchs, in manchen Monaten auch gleich mehrere.
Alter Lagerbestand wurde ins Ahrtal geschickt
Den Helferkreis Arnstein gibt es bereits seit der Fluchtbewegung 2015. Die Kleiderkammer im Alten Krankenhaus sei irgendwann aus allen Nähten geplatzt und schließlich im April 2022 in den ehemaligen Edeka in der Neugasse umgezogen. "Ich habe gedacht, das wird nie ein Laden", sagt Fuchs. Von der Brauerei Bender habe sie 20 Biertischgarnituren bekommen, "ansonsten war hier einfach nur Chaos, Säcke und Kartons ohne Ende". Alles aus dem alten Lager habe der Helferkreis an die Betroffenen der Flut im Ahrtal geschickt.

Wer heute den Laden betritt, sieht ordentlich sortierte Kleidung in Regalen und auf Stangen, zu Sitzgruppen postierte Möbel oder nach Größe geordnete Fahrräder. Hinter einem Bauzaun verstecken sich unsortierte Kleiderspenden, in den Lagerräumen reihen sich Kisten mit Sachspenden und Paletten mit Lebensmitteln. "Es ist improvisiert, aber es lässt sich sehen", sagt Fuchs. Im Frühjahr 2024 kaufte die Stadt Arnstein das Edeka-Gebäude letztlich auch, wie Bürgermeister Franz-Josef Sauer bestätigt.
Mit den Spenden kauft der Helferkreis Lebensmittel für Care-Pakete
Manche der Sachspenden gehen in Kriegsgebiete: Aus zugesandten Bettlaken hätten Ukrainerinnen etwa Tarnnetze für ihre Häuser geknüpft. Oder aus Wachsresten Dosenkerzen für die Front hergestellt, die unauffälliges Licht und Wärme ausstrahlen. Binnenflüchtlingslager in der Ukraine aus Wohncontainern belieferten sie mit Einrichtung, "vom Bett bis zum Kochlöffel", so Fuchs.

Der Hauptzweck, in den auch die Spenden aus dem Landen fließen, seien Lebensmittel. "Care-Pakete sind unsere Spezialiät", sagt Fuchs. Die packen geflüchtete Ukrainerinnen. Aus Gänheim, Rimpar, Arnstein und Estenfeld kommen sie dafür mit dem Bus nach Arnstein. Halyna Didukh ist selbst aus der Ukraine geflohen und organisiert die Gruppe. Die Standard-Care-Pakete gehen an ganze Familien, in speziellen Frauen-Care-Paketen schicken die Helferinnen Damenhygieneprodukte: "Das ist dort unerschwinglich", sagt Fuchs. Und in Kinder-Care-Paketen findet sich Süßes, Spielzeug und Kuscheltiere: "In so einer Krisensituation braucht ein Kind etwas, an dem es sich festhalten kann. Der Meinung bin ich."

Aktuell werden jeden Monat die Transportkosten für einen Lkw von einem in Deutschland lebenden Ukrainer gesponsort. "So ein Lkw-Transport kostet zwischen 3000 und 9000 Euro", sagt Fuchs. Auch für Syrien kann gespendet werden, da habe Fuchs nach einer passenden Partnerorganisation gesucht, der sie das Geld anvertraut – Transporte dorthin zu schicken, sei nicht möglich. "Die machen im Prinzip das Gleiche wie wir: Die kaufen vor Ort ein und packen Care-Pakete mit dem Lebensmittelbedarf für eine Familie für eine Woche."
"Wir heißen nicht Ukraine-Helferkreis, wir heißen Helferkreis. Wenn jemand auf uns zukommt und Hilfe braucht, gucken wir, ob das zu dem passt, was wir tun."
Cornelia Fuchs, Verantwortliche des Arnsteiner Helferkreises
Die Kundinnen und Kunden kommen aus unterschiedlichen Gründen in den Laden. Manche möchten den Spendenzweck unterstützen, andere wollen aus dem Nachhaltigkeitsgedanken heraus bewusst nichts Neues kaufen. "Wir bewahren das ganze Zeug vor dem Müllcontainer", sagt Fuchs. Andere können sich etwas Neues nicht leisten: "Wir wollen Unterstützung in Krisenzeiten bieten, auch für die Bevölkerung aus der Gegend", sagt Fuchs. "Bei uns kann man ein Kind für 30 bis 40 Euro komplett für den Winter anziehen. Somit haben die Leute auch gerade in der etwas schwierigeren Zeit einfach mehr Geld für den Lebensunterhalt, Miete und so weiter übrig."
Helfer gesucht: Jeder unterstützt nach seinen persönlichen Fähigkeiten
Immer wieder kommen dabei neue Aufgaben dazu: Wenn dezentrale Unterkünfte eingerichtet werden, gibt es in Arnstein Möbel. Von den Notunterkünften im Landkreis seien Busse mit Geflüchteten angereist, um sich auszustatten. Aber auch die Sozialstation habe bereits angerufen, weil eine Arnsteiner Familie kurz vor einem Wochenende dringend ein Pflegebett benötigte. Nach dem Starkregen habe der Helferkreis den Arnsteinern ebenfalls kostenlos Betten und Möbel angeboten, allerdings kaum Nachfrage gehabt. "Wir heißen nicht Ukraine-Helferkreis, wir heißen Helferkreis. Wenn jemand auf uns zukommt und Hilfe braucht, gucken wir, ob das zu dem passt, was wir tun", sagt Fuchs.

Für die verschiedenen Aufgaben hat sich mittlerweile ein Team gebildet, in dem jede und jeder nach seinen Fähigkeiten hilft. Da ist etwa Aurelia Lammens aus Arnstein, die ehrenamtliche Sanitäterin ist und mit einer Nachbarin Medikamente sammelt und sortiert. Oder Melanie Sloan, die den Laden sortiert – gerade in dem Bereich braucht Fuchs aktuell mehr Unterstützer. Auch Fuchs' Tochter Julia McCleary und sogar die vierjährige Enkelin Emely McCleary packen tatkräftig mit an.
Masror Ali und Laila Mohammad aus Syrien leben beide bereits seit mehreren Jahren in Deutschland. Mohammad arbeitet in einem Friseurgeschäft, hat zwei Kinder – und engagiert sich nebenbei jede Woche mindestens zwei bis drei Stunden im Laden, um Kleidung zu sortieren und Regale aufzufüllen. Ali arbeitet bei einem Fensterbau-Betrieb und holt an den Wochenenden oder in seinem Urlaub Möbel und Lebensmittel nach Arnstein. "Wir haben hier in Arnstein so viel bekommen, jetzt geben wir zurück", das habe Ali ihr gesagt, erzählt Fuchs.
Die Öffnungszeiten des Ladens in der Neugasse 10 sind freitags von 15 bis 17 Uhr und samstags von 10 bis 12 Uhr.
Diese Spenden und Helfer werden gebrauchtMöbel transportieren und den Laden sortieren – vor allem in diesen Bereichen sucht der Helferkreis Unterstützung. Schnelles Reagieren und Flexibilität sind gefragt, da sich die benötigten Hilfsgüter ständig ändern können.Aktuell werden vor allem Winterkleidung, Schlafsäcke, Decken, Kissen, Powerbanks und Kinderfahrräder gebraucht.gop