Auch beim jüngsten Bauprojekt, der Aussiedlung des bei einem Großbrand vernichteten Sägewerkes, war für einige Ratsmitglieder die Machmerth-Geschichte das Maß aller Dinge. "Wir müssen aus der Geschichte lernen", warnte Alfons Schlereth vor einem neuen Fall Machmerth. Weiter sagte er: "Es muss vermieden werden, dass unsere Kinder irgendwann einmal herum prozessieren müssen und dann fragen, wer hat dann damals im Gemeinderat gesessen und diese Entscheidungen getroffen?" Dabei verwies Schlereth auch auf einen allgemeinen Trend, nach dem die Klagefreudigkeit in der Bevölkerung immer mehr zunimmt. Da stammten Leute aus einem Bauernhof, seien dort groß geworden und beschwerten sich später, wenn's mal etwas stinke. Auch Hans Popp konnte sich mit der beabsichtigten Ansiedlung des neuen Sägewerkes auf einem Grundstück im vorhandenen Industriegebiet nicht anfreunden. "Wir haben schon einen Betrieb, der uns in die Zeitung gebracht hat. Da brauchen wir keinen zweiten. Mir ist eine Ansiedlung neben der Bundesstraße lieber", meinte Popp. Doch gerade dort scheitert die Errichtung des Betriebes an den hohen Geldforderungen der derzeitigen Grundstückseigentümer. Preise, wie sie bei einer Wohnbebauung üblich seien, so Firmeninhaber Johannes Försch, würden von ihm verlangt. Zudem müsse jetzt eine schnelle Lösung her. "Wir können sonst komplett schließen", zeigte Försch auf, dass ihm die Zeit davon rennt. Am 25. Juli vergangenen Jahres wurde bei einem Großbrand das 120 Jahre alte Sägewerk am Ende der Mühlgasse in Gössenheim fast völlig zerstört. Ein Wiederaufbau an gleicher Stelle scheiterte am Veto der Behörden.
"Wir müssen raus auf die grüne Wiese", zeigte der Unternehmer den Aussiedlungszwang auf. Auch drängen Versicherungen und Kunden auf eine schnelle Produktionsaufnahme. "Seit beinahe 20 Jahren haben wir ein ausgewiesenes Industriegebiet, dort produziert bereits ein Werk, das zu bebauende Grundstück gehört dem Bauwerber, die Erschließung bereitet keine Probleme und beim Lärmschutz für die benachbarte Wohnbebauung erhalten wir noch eine deutliche Verbesserung", zählte Bürgermeister Manfred Marold die vorhandenen positiven Fakten auf. "Die ganze Zeit werben wir dafür, dass hier ein Betrieb ansiedelt und jetzt blockieren wir", verstand Marold die dargelegte Zurückhaltung nicht. Als "völlig paradox" bezeichnete Manfred Marold die Argumentation von Hans Popp. Der Vorsitzende des Entwicklungsausschuss der Gemeinde hat in der Planung für die 8. Änderung des Flächennutzungsplanes das im Besitz von Johannes Försch befindliche Grundstück als Ausweichfläche für eine mögliche Erweiterung der Firma Systec vorgesehen. Dem Besitzer der Grundfläche soll jedoch die Errichtung einer Produktionshalle verboten werden. "Wir wollen nicht expandieren, wir wollen lediglich in der bisherigen Größe weiter produzieren", machte Johannes Försch noch einmal deutlich. Dabei sollen die lärmintensiveren Bereiche sogar eingehaust werden. Zudem seien bereits Schall gedämpfte moderne Maschinen geordert, versicherte der Unternehmer. "Wir können uns nicht dauernd allen Entwicklungen verschließen", hatte Gudrun Höfling die Nase voll von übertriebenem Pessimismus. "Hier muss eine schnelle Lösung gefunden werden", forderte sie zudem die Ratsmitglieder auf, lieber nach vorne zu schauen und nicht immer nur an den Fall Machmerth zu denken. Für diesen Appell erhielt Gudrun Höfling Beifall von den Zuschauerplätzen. "Keine Probleme" sah auch Helmut Theobald in der Ansiedlung des Sägewerkes, da bereits ein produzierender Betrieb in der Nachbarschaft existiert. Entscheidend war für Burkhard Haaf, dass bauliche Maßnahmen für einen ausreichenden Lärmschutz sorgen und die vorhandene Situation gar noch eine Verbesserung erfährt. Unterstützung erhielt Haaf noch zusätzlich durch die Äußerung einer Anwohnerin, die ebenfalls keine Nachteile befürchtete, wenn mögliche Auflagen eingehalten würden. Die abschließende Frage von Bürgermeister Manfred Marold: "Wie verfahren wir weiter?", beantwortete der Gemeinderat mit einem Beschluss.
Mit 7 : 2 Stimmen wurde die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Gelände hinter der Firma Systec beschlossen. Manfred Marold erhielt den weiter den Auftrag, mit dem Bauwerber Verhandlungen über den Erwerb eines angrenzenden gemeindlichen Grundstücks zu verhandelt. Johannes Försch wurde empfohlen, schnellstmöglich einen Bauplan einzureichen.