Juden haben sich in Adelsberg schon sehr früh niedergelassen, früher als in Orten vergleichbarer Größe in der Umgebung. Der Adelsberger Bernd Wirthmann vermutet, wie auch der bereits gestorbene Adelsberger Ehrenbürger und Lokalhistoriker Vital Huhn, dass sie schon im 13. Jahrhundert als „Schutzjuden“ unter dem Schutz der Burgherren hier angesiedelt wurden. Fachleute zweifelten zwar, so Wirthmann, aber auf einem Ortsplan von 1481 sind auf jeden Fall bereits ein „Judenbad“ und ein „Judenbegräbnis“ eingezeichnet. Wirthmann ist dabei, ungeklärte Schicksale von jüdischen Adelsbergern in der Zeit der Naziherrschaft zu erforschen.
Wirthmann hat sich vor allem mit der jüdischen Geschichte ab 1800 beschäftigt. Bis 1800 verlässt er sich auf die Aufzeichnungen von Vital Huhn. In Wirthmanns zur Tausendjahrfeier Adelsbergs 2008 erschienenen Chronik hat der 51-Jährige den Juden über 30 Seiten gewidmet. „Die Adelsberger Juden waren eher arm, zum Teil bettelarm“, weiß er. Dafür spricht auch der unter Juden in der Gegend gebräuchliche Name für Adelsberg: Dallesorm oder Dallesurm. „Dalles“ ist jiddisch und bedeutet Armut oder Elend.
1930 noch 35 Juden im Ort
1930 zählte die jüdische Gemeinde in Adelsberg noch etwa 35 Personen. Typische jüdische Familiennamen waren Grünbaum, Strauß, Winheimer, Baumann und Weichselbaum. Bei der Pogromnacht am 9. November 1938 lebten nur noch elf Juden im Ort, einen Monat später existierte die jüdische Gemeinde schon nicht mehr. Wirthmann wurde diesbezüglich von Adelsbergern öfter mit einem Trugschluss konfrontiert, erzählt er: „Die sind fortgezogen, die haben's gepackt.“ Aber der Ortschronist weiß: „Sie sind halt dann von woanders deportiert worden“, etwa von Würzburg oder Nürnberg.
Dass viele Juden Adelsberg schon vor 1938 verlassen haben, macht es für Wirthmann nicht leichter, deren weiteres Schicksal zu erforschen. Noch nicht einmal ein Bild von der um 1850 erbauten Synagoge in der Adolphsbühlstraße ist ihm bekannt. Es gibt lediglich zwei Fotos, auf denen ein Teil davon zu sehen ist. Amerikaner zerstörten die Synagoge, die in der Pogromnacht von Gemündener SA-Leuten demoliert worden war (die Adelsberger Braunhemden waren in Karsbach), beim Beschuss Adelsbergs Anfang April 1945. Auch Privatbilder von Adelsberger Juden hat Wirthmann bislang keine. Nur auf Gruppenbildern mit christlichen Adelsbergern sind Juden zu finden.
Dabei spielten die jüdischen Adelsberger eine wichtige Rolle im Dorfleben. „Die Juden waren ganz normal im Sportverein oder bei der Feuerwehr“, sagt Wirthmann. Der 1871 geborene Samuel Grünbaum etwa, ein Weltkriegsveteran, der ein Kolonialwarengeschäft führte, war bis 1933 als Rechner bei der Gemeinde angestellt und auch Gemeinderatsmitglied. Als Nicht-Arier musste er beide Posten aufgeben. Grünbaum zog 1938 nach Frankfurt, von wo ihn die Nazis im September 1942 deportierten. Er starb im November 1942 in Theresienstadt. Ein anderer wichtiger jüdischer Adelsberger war Manfred Strauß.
Vorsitz im Sportverein
Der 1897 Geborene war Mitbegründer und von Februar bis März 1933 Vorsitzender des Sportvereins. Ihm und seinen Brüdern gelang, im Gegensatz zu seiner Schwester Hilda, die in Auschwitz ermordet wurde, im Januar 1938 die Flucht nach New York. Obwohl Strauß eine wichtige Persönlichkeit für Adelsberg ist, gibt es kein Foto von ihm. Dies könnte sich bald ändern. Wenn man nämlich im Internet recherchiert, kommt man darauf, dass er in den USA eine Cecile Stern heiratete. Manfred selbst blieb zwar ohne Nachkommen, aber seine Brüder Leo und Siegbert haben offenbar Nachfahren.
Nur ein Rückkehrer
Als einziger „Jude“ kehrte nach dem Krieg der 1903 geborene Max Kissel, „Jette-Max“ genannt, zurück. Kissel war zu „75 Prozent arischer Abstammung“, aber für die Nazis war er damit Jude. Wie er überleben konnte, weiß Wirthmann nicht. Nach dem Krieg wohnte er jedenfalls in Veitshöchheim, wo sich seine Spur verliert. „Was mich überrascht, ist, wie weit weg die Juden geheiratet haben“, sagt Wirthmann. Ehepartner hätten sie meist nicht in der Nachbarschaft gesucht, sondern weiter weg, zum Beispiel in Fürth, dem „fränkischen Jerusalem“.
Wenn es möglich wäre, zu Nachfahren von Adelsberger Juden Kontakt aufzunehmen, ließen sich vielleicht anhand von Bildern, Dokumenten und Informationen wichtige Lücken schließen. Für Wirthmann, der im Moment an einem Buch über irische Briefmarken schreibt, ist die Suche nach Nachfahren schlicht eine Zeitfrage, sagt der Adelsberger.
Juden in Adelsberg
Bis zu einem Drittel der Adelsberger Bevölkerung war einst jüdisch. Ende des 18. Jahrhunderts erreichte die jüdische Gemeinde ihre größte Zahl. 1795/96 bestand sie aus 15 Familien mit insgesamt 71 Personen. Damals lebten die Juden, als Leibeigene des Freiherrn Karl Wilhelm von Drachsdorf, noch allesamt auf dem Areal von Schloss Adolphsbühl.
Nach der Auflösung der geistlichen Fürstentümer durch den sogenannten Reichsdeputationshauptschluss 1803 bekamen die Juden schrittweise Bürgerrechte. In Rittergütern wie Adelsberg fiel die Schutzherrschaft gegenüber den Juden weg, weshalb sie sich von da an im Dorf selbst ansiedeln durften. Innerhalb weniger Jahre zogen alle jüdischen Familien vom Gutshof weg in eigene Häuser.
Von da an sank die Zahl der Adelsberger Juden stetig, wohl weil viele weg zogen, oder infolge des 1816 erlassenen bayerischen Judenedikts, das die Höchstzahl jüdischer Familien für jeden Ort festlegte, wegziehen mussten. Die vollständige rechtliche Gleichstellung der Juden geschah erst 1871.