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Global Play macht aus Menschen Monster

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Global Play macht aus Menschen Monster

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    Acht arbeitslose Topmanager schickte das Aktuelle Karlstadter Theater "AKT" ins Persönlichkeitstraining im
Autohaus Brückler. Bejubelt wurde die Premiere von "Top Dogs" von Urs Widmer unter der Regie von Wolfgang
Tröster.
    Acht arbeitslose Topmanager schickte das Aktuelle Karlstadter Theater "AKT" ins Persönlichkeitstraining im Autohaus Brückler. Bejubelt wurde die Premiere von "Top Dogs" von Urs Widmer unter der Regie von Wolfgang Tröster. Foto: FOTO BRIGITTE SCHUHMANN

    Arbeitslosigkeit ist ein Thema, das auf den Nägeln brennt. Aber kein soziales Rührstück über Hartz-IV-Empfänger oder die "Upper Dogs" in den Endlosschleifen der Arbeitsagentur inszenierte "AKT". Als echtes Königsdrama entwickelte sich "Top Dogs" des Schweizer Literaten Urs Widmer, das die Leithunde der Wirtschaft aufs Korn nimmt.

    Acht abgehalfterte Topmanager finden sich bei NCC, der New Challenge Company. Das Outplacement-Center trainiert die Persönlichkeit und vermittelt bei der Jobsuche. Julika Jenkins (Maria Emsden) war erfolgreiche Projektleiterin, Susanne Wrage (Manuela Müller) Finanzanalystin einer Bank. Dodó Deér (Birgit Fröhlich) will es noch nicht wahrhaben, dass sie ihren Job im Catering der Swiss Air verloren hat. "Business, das ist Krieg, Blut und Tränen", räsoniert Urs Bihler (Thorsten Krafft), der bereitwillig zum Monster mutieren würde, um die Konkurrenz in Fernost niederzumetzeln.

    Hanspeter Müller (Matthias Frädrich) war Projektleiter einer Turbinenfirma. E. Heinrich Krause (Robert Emsden) verfällt der Hypochondrie und dem Internet. Michael Neuenschwander (Wolfgang Tröster) war für die Freizeitkultur eines Konzerns verantwortlich, und Gilles Tschudi (Gerd Schneider) wollte nicht seinen Kopf für die illegalen Machenschaften seiner Firma im Börsengeschäft hinhalten.

    Vor zehn Jahren schrieb Urs Widmer seine preisgekrönten "Top Dogs" als Auftragsarbeit für das Theater in Zürich. Er interviewte entlassene Topmanager und recherchierte in Outplacement-Firmen. In zwölf Szenen ohne durchgehenden Handlungsstrang führt er die gescheiterten Stützen der Wirtschaft vor. Künstliche Stereotypen sind seine "Top Dogs", namenlos und austauschbar. Die Karlstadter Inszenierung verwendet die Namen der Schauspieler der Uraufführung von 1996.

    Austauschbar ist auch die Rolle des Psychologen, die unter den Schauspielern wechselt. So ramponiert wie die Grünpflanze auf der Bühne, so ramponiert ist auch das Ego der Global Player. Sie sind unfähig, in ein normales Leben zurückzufinden, gescheitert in zwischenmenschlichen Beziehungen, verstrickt in Schuldgefühle, gefangen in ihrem Wahn, ihr Heil weiterhin in Macht und Geld zu suchen. Die Alphatiere, die mitleidlos Tausende von Mitarbeitern über die Klinge springen ließen, lassen sich bei ihren Psycho-Spielchen wie die Affen im Zoo vorführen.

    Rasant, abwechslungsreich, mit hohem Unterhaltungswert und lokalem Kolorit ist die Inszenierung unter der Regie von Wolfgang Tröster. Musik (Uwe Molnar und Robert Emsden), Lichteffekte, visuelle Projektionen auf der Leinwand und akustische Einspielungen setzen multimediale Reize. Blendend besetzt sind alle Rollen. Die Akteure liefern sich eine gigantische Schlacht der Wörter, träumen von hohen Zahlen und tiefen Abstürzen, exerzieren japanischen Kampfsport und groteske Gangübungen. Sie schöpfen in der Märchenwelt und geben sich einer Utopie vom Menschen hin, der in Harmonie und Frieden lebt. Letztlich bricht aber doch der globalisierte Krieg der Großkonzerne wie die biblische Apokalypse über die Menschheit herein.


    Weitere Aufführungen von "Top
    Dogs" sind am heutigen Dienstag,
    21., Freitag, 24. und Samstag,
    25. November, jeweils um 1930
    Uhr im Autohaus Brückler an der
    Bodelschwinghstraße.

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