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Arnstein: Goldener Engel: Das älteste Gasthaus Arnsteins schließt, auch Franz Josef Strauß war hier Gast

Arnstein

Goldener Engel: Das älteste Gasthaus Arnsteins schließt, auch Franz Josef Strauß war hier Gast

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    Das Team vom Goldenen Engel mit von rechts Manfred und Monika Weichsel sowie Inge Weichsel, die den "Goldenen Engel" seit 1994 führten.
    Das Team vom Goldenen Engel mit von rechts Manfred und Monika Weichsel sowie Inge Weichsel, die den "Goldenen Engel" seit 1994 führten. Foto: Günter Roth

    Es ist das älteste noch bestehende Gasthaus in Arnstein und seit fast 140 Jahren im Besitz der Familie von Manfred und Monika Weichsel, die den "Goldenen Engel" gemeinsam mit der Schwester Ingeborg seit 1994 führen. Das in jeder Hinsicht ortsbildprägende Anwesen ist auch eine herausragende gastronomische Institution in der Stadt. Aus der gesamten Region und sogar aus dem Allgäu kamen die Gäste regelmäßig zum Forellen-Essen, zum weithin bekannten Wild von heimischen Jägern und den beliebten Spargelgerichten. Doch mit diesem Jahr schließt der "Engel" für immer seine Gaststubentür, denn die Familie Weichsel geht in den Ruhestand und ein Nachfolger konnte sich leider nicht finden.

    Das Gasthaus "Zum Goldenen Engel" strahlt in der Tat in einzigartiger Weise den Charme und die Atmosphäre uralter fränkischer Wirtshaustradition aus: Die schwere Eichentür mit der geschnitzten Kassettenfüllung empfängt die Gäste. Dahinter ein dunkler Flur mit einer ganz besonderen Tür zu einer Kabine, die es heute nirgendwo mehr gibt: Hier stand einst das Telefon – das einzige im Haus und auch das einzige in der gesamten Nachbarschaft. Seitab die Gaststube mit schwerem knarzenden Holzboden und der vertäfelten Wand.

    Der Charme uralter fränkischer Wirtshaustradition

    Fast noch glaubt man, die Herrschaften am Stammtisch oder die Familien, die zum Sonntagsbraten hier zusammengekommen sind, sitzen zu sehen und debattieren zu hören. An der Wand jede Menge Zinngefäße, Fotografien, alte Gemälde und Urkunden. Das alles erinnert an die Zeit, in der Wirtshäuser noch Treffpunkte und Kommunikationszentralen waren. Hier hat man sich gestritten und versöhnt, ein Geschäft abgeschlossen und vor allem hat man sich persönlich gegenübergesessen und ins Auge gesehen – Social Media der rein analogen Art. Vor dem Haus ist ein kleiner, aber feiner Biergarten, der den Gästen an heißen Tagen Sonnenschutz und Kühlung geboten hat.

    Bekannt für seine frischen Forellen kamen die Gäste von weit her zum Goldenen Engel.
    Bekannt für seine frischen Forellen kamen die Gäste von weit her zum Goldenen Engel. Foto: Günter Roth

    Doch das ist ab dem Silvesterabend endgültig Vergangenheit, aber nicht etwa wegen ausbleibender Gäste. Die Weichsels sind mittlerweile um die 70 Jahre, und Nachfolger waren leider nicht zu gewinnen, die beiden Söhne haben sich beruflich anders orientiert. Bis jetzt haben die drei so ziemlich alles mithilfe von Renate Filbig alleine gestemmt. Manfred und Monika standen in der Küche, Schwester Ingeborg war für die Gaststube verantwortlich. Nur in echten Stoßzeiten gab es zusätzliche Aushilfen.

    "Mutter Beimer", Edmund Stoiber, Franz Josef Strauß

    In all den Jahrzehnten war eigentlich immer viel los im "Goldenen Engel". Bevor die Autobahn A7 gebaut wurde, gab es jede Menge Durchreisende auf der Nord-Süd-Achse, und man machte hier gerne Rast oder leistete sich eine Übernachtung in einem der Fremdenzimmer. Eingekehrt sind hier auch eine ganze Reihe illustrer Gäste: "Mutter Beimer", der Würzburger Bischof Josef Stangl, Edmund Stoiber, der "schöne Konsul Weyer", sogar der legendäre Franz Josef Strauß war da. Natürlich kamen ebenso die zahllosen Kreuzbergwallfahrer.

    Manfred Weichsel erinnert sich noch gerne an eine ganz besondere Zeitschrift: an den "Playboy"! Tatsächlich hatten Redakteure und Fotografen des pikanten Magazins mehrere Tage im Engel Station gemacht und das Gasthaus in einer späteren Ausgabe mit einem ausgesprochen freundlichen Artikel gewürdigt. So wacht also in einem der Hefte der "Goldene Engel" Seite an Seite über die wenig oder gar nicht bekleideten "sündhaften Engel".

    Stammtische sind seit Jahren immer weniger geworden

    Was aber seit vielen Jahren deutlich zurückgegangen ist, sind die vielen Stammtische. Der Arnsteiner Stadtchronist Günther Liepert berichtet vom Sonntagsstammtisch, vom Gesangverein Sängerkranz, von der Volkssportgruppe und dem Arnsteiner Heimatkundeverein. Auch als Vereinslokal diente der "Goldene Engel" zusätzlich für den Billard-Club und den Synagogenverein.

    Das Gasthaus "Zum Goldenen Engel" wurde sogar im Playboy-Magazin verewigt.
    Das Gasthaus "Zum Goldenen Engel" wurde sogar im Playboy-Magazin verewigt. Foto: Günter Roth

    Liepert berichtet auch von fremden Firmen, die in der Gaststätte tätig waren. Von 1892 bis 1911 hatte ein Rechtsanwalt hier seine Kanzlei, ein Zahnarzt und ein praktischer Arzt waren Anfang des 20. Jahrhunderts hier tätig, und die Gebrüder Wenz (Vorläufer von MIWE) boten Milchseparatoren sowie Fahrräder an. Noch in den 1950er-Jahren hielt die Fahrschule Adelhardt aus Karlstadt hier Fahrunterricht ab. Später kamen noch ein Tierarzt und eine Bausparkasse dazu. Zeitweise wurde auch ein Heimatmuseum im Haus untergebracht.

    Früher gehörte auch ein Ladengeschäft mit dazu

    Rechts neben dem Eingang zum Gasthof ist ein großes Schaufenster. Hinter diesem befand sich bis in die 1960er Jahre ein Ladengeschäft. Die Öffnungszeiten waren stets dann, wenn der Ladenbesitzer da war, und das hieß in diesem Fall: solange das Wirtshaus geöffnet war. Hier wurden vor allem Wein, Sekt, Schnaps, Zigarren, Zigaretten und Schnupftabak angeboten, berichtet Liepert.

    Der "Goldene Engel" ist mit Abstand das älteste noch bestehende Gasthaus Arnsteins. Die erste urkundliche Erwähnung des Gasthofes, der zunächst "Erbschenckh zum schwarzen Bähren" hieß, ist bei Max Balles zu finden: 1571 vermachte Apollonia Agnes Behringer der Stadt ihre Behausung am Schwebenrieder Tor, wofür der Rat Brot an arme Leute austeilen musste. Noch im selben Jahr, am 29. August, wurde das Haus an den Arnsteiner Spitalmeister Claus Müller für 950 Gulden verkauft. Eine der Bedingungen war, dass dieses Haus für ewige Zeiten ein Wirtshaus sei, eine sogenannte Erbschenk oder stete Wirtschaft. Die Stadt gab dazu noch einen Morgen Holz und ließ das Haus hut-, wacht- und handfrohnfrei. Bis 1803 war das Anwesen auch Sitz des Zehntgerichtes, in dem auch die "vier hohen Rügen" (todeswürdige Verbrechen) verhandelt wurden.

    Gebäude ist über 450 Jahre alt

    Bis zum Jahr 1885 wechselte das Haus mehrfach seine Besitzer bis es von Leonhard Mützel aus Wülfershausen erworben wurde. Über seinen Schwiegersohn Karl Weichsel ging das Erbe später an dessen Sohn Alfons über, 1984 übernahm der jetzige Wirt Manfred. Somit ist das über 450 Jahre alte Haus fast 140 Jahre im Familienbesitz.

    In ihrer Festschrift zum hundertjährigen Jubiläum verwies die Familie noch stolz auf die Dankbarkeit und Freude, aber auch die Verpflichtung zum Wohle des Gastes zu arbeiten. Leider endet nun diese lange Tradition. Für Arnstein geht ein Stück Heimat und Identität verloren.

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