Zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe sowie einer Geldauflage von 3500 Euro wurde ein 47 Jahre alter Mann aus dem südlichen Landkreis Würzburg verurteilt, der am 1. September 2022 in Burgsinn eine Fußgängerin bei einem Autounfall so schwer verletzt hat, dass diese am Folgetag in einer Würzburger Klinik ihren schweren Verletzungen erlegen ist. Zudem wurde seine Fahrerlaubnis eingezogen. Vor Ablauf von 14 Monaten darf ihm auch keine neue Erlaubnis ausgestellt werden.
Er hatte gerade Feierabend und wollte mit seinem Auto zu einem Wohnungstermin fahren. Durch die Ortsdurchfahrt Burgsinn habe sich der Angeklagte mit etwa 40 Stundenkilometer an die zulässige Höchstgeschwindigkeit gehalten. Gewohnheitsgemäß griff er zu einem Becher mit Kaffee, der sich im auf dem Beifahrersitz stehenden Rucksack befand. Als er den Becher wieder zurückstellen wollte, war sein Blick für mehrere Sekunden nach rechts von der Fahrbahn abgewandt. So konnte der Autofahrer auch nicht sehen, wie eine 62-jährige Fußgängerin auf der Straße lief. Sie wurde vom Auto erfasst und gegen die Windschutzscheibe geschleudert, bevor sie auf der Straße zum Liegen kam.
Nur ein Schritt vom Gehsteig entfernt
"Nur ein Schritt", so Strafrichterin Maryam Neumann in der Verhandlung am Amtsgericht Gemünden, hat die 62-jährige Frau von dem sicheren Erreichen des Gehsteigs getrennt. Sie war vor dem Schluck Kaffee, den der Angeklagte während der Fahrt getrunken hatte, auch zusammen mit anderen Fußgängern wahrgenommen worden – allerdings beim Abstellen des Bechers nicht in seinem Blickfeld. So hatte er weder eine Ausweichbewegung noch eine Bremsung mit seinem Fahrzeug gemacht.
In der Verhandlung gab der Mann sein Fehlverhalten unumwunden zu und versuchte nicht, seine Schuld kleinzureden. Seit dem Vorfall, erklärte er dem Gericht, befinde er sich wegen posttraumatischer Störungen in psychologischer Behandlung. Auch seine Lebensgefährtin habe sich nach dem Ereignis von ihm getrennt.
Lebensgefährliche Verletzungen wurden zunächst nicht erkannt
"Die Verletzungen sind schwer, aber nicht lebensbedrohlich", zitierte der Polizeihauptkommissar von der Polizeistation Gemünden, der damals den Unfall aufgenommen hat, die Aussage des Notarztes vom Rettungshubschrauber. Da die Frau aber am Folgetag verstorben war, wurde eine Obduktion in der Gerichtsmedizin angeordnet. Dabei stellte sich heraus, dass sie neben einer Beckenfraktur auch mehrere Risse in der Leber davongetragen hatte, die zu einem hohen Blutverlust geführt haben.
"Was macht der da?", waren die Gedanken einer 53-jährigen Zeugin, die mit ihrem Auto unmittelbar hinter dem Unfallverursacher hergefahren war. Sie konnte nicht verstehen, dass der Wagen vor ihr die Geschwindigkeit nicht verringerte, als er auf die Fußgängerin zugefahren war. "Ich sehe heute noch die Bilder vor mir", sagte die Frau, die es seitdem vermieden habe, die Strecke noch einmal zu fahren.
Geldstrafe hielt Staatsanwältin für zu wenig
Eine mögliche Geldstrafe für seine Tat schloss die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer konsequent aus. Sie beantragte für den Angeklagten eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten, 3500 Euro Geldauflage sowie den Entzug der Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von zwei Jahren. Diesem Antrag schloss sich der Rechtsbeistand der Nebenkläger an. Weiter hielt er dem Autofahrer vor, sich bis heute nicht bei der Familie der Getöteten entschuldigt zu haben. Schließlich hielt er dem Mann noch vor, dass dieser, falls der Entzug der Fahrerlaubnis zu einem Verlust des Arbeitsplatzes führt, selbst schuld sei und sich schon längst um eine andere, dem Heimatort nähere Stelle hätte bemühen können.
"Einfach nur draufschlagen", nannte der Verteidiger das Vorgehen seines Kollegen. Er bezeichnete den traurigen Vorfall als "Einmalversagen" seines Mandanten. Er stellte keinen bestimmten Antrag für die Ahndung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.