Er hat alles richtig gemacht – und doch fürchtet Cris Vilardo, dass seinetwegen vielleicht ein Tier leiden muss. Der 38-jährige Lohrer war mit seinem Katerchen Simba beim Tierarzt, als dieser nicht so an Gewicht zulegte, wie sein Schwesterchen Ginnie, hat ihn medikamentös behandelt. Als Simba dann eines Nachts krampfte und sich nur noch im Kreis drehte, fuhr Vilardo in die nächste verfügbare Tierklinik – nach Frankfurt. Stunden später dann die erschütternde Diagnose: Simba hatte FIP, eine Corona-Virus-Variante, die ausschließlich Katzen befällt und tödlich endet.

Weil zwei mögliche Wirkstoffe in Deutschland noch nicht als Medikamente zugelassen sind, ließ Vilardo sein Katerchen wenige Wochen vor dessen ersten Geburtstag einschläfern. Um Ginnie nicht in Gefahr zu bringen, unterzog Vilardo seine Wohnung einer Radikalkur: Er packte alles an, was mit Katzen zu tun hatte, wusch und desinfizierte Korb und Katzenklo, Decken und Möbel.
Als Vilardo mit dem Warnhinweis zurückkam, war der Kratzbaum weg
Den gereinigten Kratzbaum wollte er als Sperrmüll entsorgen. Kaum stand dieser am Straßenrand, hielt schon der erste Interessent an. Doch Vilardo schickte den Autofahrer weiter. Zwar ist FIP nicht übertragbar, wohl aber der Coronavirus an sich, der prinzipiell nicht tödlich verläuft, wohl aber, wenn er zu FIP mutiert. "Das passiert vorwiegend bei Jungkatzen oder sehr alten Tieren, etwa bei Stress oder einem geschwächten Immunsystem", klärt Vilardo auf. Was also tun, dass nicht doch einer das plüschige Gestell mitnimmt? Der Lohrer eilte zurück in die Wohnung, schrieb einen Warnhinweis – doch als er ihn keine fünf Minuten später am Kratzbaum anbringen wollte, war dieses schon weg.

Ein Schock für Katzenliebhaber Vilardo. Nicht, dass dies formell gesehen Diebstahl war, erboste ihn. Vielmehr war es die Vorstellung, dass jetzt unter Umständen ein anderes Katzenleben gefährdet ist. Doch wie den Sperrmüll-Dieb erreichen? Vilardo sah nur eine Möglichkeit: eine der Lohrer Facebook-Gruppen. Dort postete er am 7. Oktober ein Bild von seinem Kratzbaum und dem Appell, diesen wieder zurückzubringen.
Der Beitrag fand hohe Beachtung: Der Aufruf wurde 127-mal geteilt, also von anderen Gruppenmitgliedern weiterverbreitet. Gemeldet hat sich der Betroffene jedoch nicht, seufzt Vilardo auf Nachfrage dieser Zeitung. Er hoffe, dass die Nachricht den Dieb dennoch erreicht hat und sich keine andere Katze den tödlichen Virus eingefangen hat, sagt er.
Ginnie bekommt neuen Spielgefährten
Er selbst und seine Freundin jedenfalls waren am Boden zerstört. Einziger Trost bislang ist, dass Simbas Schwesterchen offenbar nichts davon abbekommen hat. Die Inkubationszeit, also der maximale Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit, geht dieser Tage zu Ende.

Bleibt es dabei, muss Ginnie auch nicht alleine bleiben. Zwar bekam Vilardo keinen Gefährten für sie aus dem Tierheim, weil dieses nur Freigänger abgibt, bedauert er. Doch er hatte Glück: Der Britisch-Kurzhaar-Züchter ihres Geschwisterpärchens konnte ihnen ein Katerchen aus einem weiteren Wurf anbieten: Ikarus stammt von derselben Mutter wie Simba und Ginnie, hat aber einen anderen Vater. Ginnie wird sich also in Kürze mit ihrem Halbbruder anfreunden können.
Welche Regeln gelten für Sperrmüll?Darf man einen virusinfizierten Kratzbaum als Sperrmüll entsorgen? Es gibt keine spezielle Regelung. "Zunächst ist wichtig zu wissen, dass FIP keine staatlich bekämpfte Tierseuche ist", erklärt die Pressestelle des Landratsamts nach Rücksprache mit dem Veterinäramt. "Dennoch sollten Tierhalter vorsichtig sein, wenn sie gebrauchte Gegenstände wie Kratzbäume oder andere Pflegeutensilien übernehmen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der FIP-Erreger dadurch übertragen wird." Dies gelte auch für andere Kontaminationen, etwa durch Pilze.Sperrmüll ist nicht herrenlos. Wer sich ungefragt daran bedient, bestiehlt nicht aber den Landkreis, sondern den bisherigen Eigentümer. Rechtlich gesehen sei der Besitz noch nicht vollständig aufgegeben, auch wenn der bisherige Eigentümer die Abholung wünscht. Die Übereignung sei aber erst vollzogen, wenn der Sperrmüll in das Sammelfahrzeug geladen werde.Wer als Sammler keine Strafe riskieren will, sollte dem Prinzip "Fragen kostet nichts" folgen, empfiehlt das Landratsamt. "Es spricht nichts dagegen, den Eigentümer des Sperrmülls persönlich um einen bestimmten Gegenstand aus der Abfallsammlung zu bitten."Quelle: rp