Der milde Winter und die hohen Niederschläge der ersten vier Monate des Jahres haben die im April und Mai blühenden heimischen Orchideen in großer Zahl hervorgebracht. Die sehr kühle Witterung der vergangenen Tage hat die Frauenschuhblüte zwar verzögert, hat jedoch auch die Blütezeit einer Reihe von früh blühenden Orchideen wie Kleines Knabenkraut, Brand-Knabenkraut, Stattliches Knabenkraut und Spinnen-Ragwurz verlängert.
Zu den großen Profiteuren des milden und feuchten Winters zählen alle Ragwurzarten, die Pyramidenorchis, Helm- und Purpur-Knabenkraut und vor allem die Bocks-Riemenzunge. Die noch im vorigen Jahrhundert zu den Orchideen-Raritäten zählende Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) hat sich im zurückliegenden Jahrzehnt zu einer der häufigsten Orchideenarten im mainfränkischen Raum entwickelt.
Sie wächst auf sonnigen und meist offenen Kalkmagerrasen der Fränkischen Platten und fällt weniger durch ihre Färbung als durch ihre stattliche Größe von bis zu 80 Zentimeter sowie ihre skurril geformten Blüten auf. Diese strömen einen unangenehmen, ölig-tranigen Geruch aus, der an Ziegenbock erinnert. Die Ursache für die rasante Ausbreitung dieser wärmeliebenden Orchideenart ist wohl in einer deutlichen Erwärmung unseres Lokalklimas zu sehen.
Auch das zierliche Brand-Knabenkraut (Neotinea ustulata) steht gegenwärtig in Hochblüte auf ungedüngten, kurzrasigen Wiesen am Rande des Ostspessarts. Es ist eine stark gefährdete Orchideenart, die keinerlei Düngung verträgt und deshalb mancherorts bereits verschwunden ist. In unserem Landkreis wurde sie bislang nur auf Spessartseite gefunden.
Die Blüten des Frauenschuhs (Cypripedium calceolus) sind an schattigen Stellen im Laubwald noch teilweise ungeöffnet. Die wohl attraktivste und bekannteste heimische Orchidee wächst im Landkreis nur auf Kalkböden der Fränkischen Platte und liebt den Halbschattenbereich von lichten Laub- und Buschwäldern.
Obwohl die Bestände durch Biotopveränderung und Ausgrabungen zurückgegangen sind, gibt es im Landkreis noch etliche Wuchsorte. Wie alle heimischen Orchideenarten ist der Frauenschuh streng geschützt und darf weder gepflückt noch ausgegraben werden. Darüber hinaus hat er nach den FFH-Richtlinien der EU einen europaweiten strengen Schutzstatus.