Die erste Überraschung gab es vor 14 Tagen, als Helga Schmidt-Neder (Freie Wähler) mit einem Vorsprung von vier Prozent vor Manfred Stamm (CSU) in die Stichwahl kam. Das hatten nur wenige von der Frau erwartet, die bislang in der Kommunalpolitik als unbeschriebenes Blatt galt.
Doch der vergangene Wahlsonntag setzte noch eins drauf: In der Stichwahl holte Schmidt-Neder 60,1 Prozent – ein überlegener Sieg! Nur die Zimmerner und ganz knapp der Wahlbezirk St.-Kilian-Schule hätten lieber Stamm als Bürgermeister gesehen.
Im Rathaus fieberten Anhänger und Bürger mit der anwesenden Kandidatin, die ihre Familie und ihre Mutter, Erika Schmidt, mitgebracht hatte. Bürgermeister Leonhard Scherg gab laufend Ergebnisse bekannt. Das erste kam aus Oberwittbach: 78 % für Schmidt-Neder! So deutlich ging es nicht weiter, aber der Trend blieb klar.
„Ich habe keinen Sekt dabei“, war Schmidt-Neders erster Kommentar, als sich nach Auszählung der Hälfte der Wahllokale zeigte, wohin die Reise geht. Später sagte sie: „Ich bin glücklich, mehr als glücklich.“ Nach den vergangenen anstrengenden Wochen habe sie dieses Ergebnis einen Tag zuvor noch nicht erwartet. „Ich habe es gehofft“, gab sie ihre Erleichterung zu erkennen. Mit ihrem Konkurrenten Manfred Stamm komme sie „gut klar“, sagte sie mit Blick auf den beendeten Wahlkampf.
Nun wird sich die Lehrerin vom Schulamt beurlauben lassen. Doch zuvor tritt sie einen Skiurlaub an, „den Freunde für meine Familie und mich gebucht haben“. Als erste „Amtshandlung“ ging die gewählte Bürgermeisterin auf den Marktplatz, um dort mit der Bevölkerung zu feiern. Verlierer Manfred Stamm wollte nicht von Enttäuschung reden. „Der Bürger hat entschieden, ich bin Demokrat“, nahm er die Entscheidung äußerlich gelassen hin. Stamm wünschte Schmidt-Neder alles Gute und viel Kraft für die bevorstehende Arbeit. Über die künftige Zusammenarbeit im Stadtrat sagte er: „Ich wünsche mir eine gemeinsame Fraktion der Vernunft; eine Opposition gibt es im Stadtrat nicht.“
Bürgermeister Scherg gab seine Überraschung zu. „Ich war davon ausgegangen, dass Manfred Stamm sein Ergebnis aus dem ersten Wahlgang noch verbessern würde. Aber der Erfolg nährt den Erfolg.“ Er habe seinem CSU-Parteikollegen Stamm sein Bedauern ausgedrückt. Schmidt-Neder bescheinigte er einen guten Wahlkampf, der zu diesem „erstaunlichen Ergebnis“ geführt habe. Er wünschte sich, dass die Wunden, die jeder Wahlkampf schlage, so schnell wie möglich geschlossen würden, „um die Zukunft der Stadt positiv zu gestalten“.