Mitten in der Nacht wütet ein bewaffneter Mann in einem Haus in Unterfranken: Gut ein halbes Jahr nach der mutmaßlichen Geiselnahme einer Frau in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) hat die Staatsanwaltschaft Würzburg Anklage erhoben. Dem Verdächtigen wird neben Geiselnahme auch Beleidigung und Bedrohung vorgeworfen. Zu den Vorwürfen hat sich der Mann bisher nicht geäußert. Das Landgericht Würzburg muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden.

Der Angeklagte soll sein damals 52 Jahre altes Opfer im Februar gut acht Stunden in seiner Gewalt gehabt haben. Laut Staatsanwaltschaft war er zum Tatzeitpunkt bewaffnet und stand unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Grund für den Ausraster des 23-Jährigen aus Niedersachsen könnte die Trennung von seiner Partnerin gewesen sein, die ebenfalls in dem Mehrfamilienhaus wohnte. Ernsthaft verletzt wurde damals niemand.
Bei dem Einsatz in Karlstadt war auch ein Spezialeinsatzkommando vor Ort. Der mit einem größeren Messer bewaffnete 23-Jährige hatte in dem Haus in einer Seitengasse der Hauptstraße in der Altstadt unter anderem randaliert. Nach Eintreffen der ersten Polizeistreife bedrohte er die 52-Jährige, hielt ihr nach Angaben von Oberstaatsanwalt Tobias Kostuch "weithin sichtbar" das Messer an den Hals. Dabei habe er von der Polizei die Übergabe von Zigaretten, Medikamenten und Heroin gefordert. Zigaretten und Medikamente seien ihm auch tatsächlich übergeben worden.
Weil die Polizei befürchtete, der zwischenzeitlich aufs Dach geflüchtete Mann könnte herunterfallen, wurden Feuerwehr, Bergwacht und Höhenrettung gerufen. Nach stundenlangen Verhandlungen konnte der Verdächtige schließlich auf dem Hausdach widerstandslos festgenommen werden. Zuvor soll er telefonisch noch Polizisten beleidigt und bedroht haben. Seither sitzt er in Untersuchungshaft. Der Polizei war der Mann vor der Tat bereits einmal aufgefallen, allerdings nicht wegen eines Gewalt- oder Drogendelikts. Das Verfahren sei nach Jugendstrafrecht eingestellt worden.
mit Material von dpa