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Lohr: Steinbeil aus der Steinzeit in der Lohrer Fischergasse gefunden

Lohr

Steinbeil aus der Steinzeit in der Lohrer Fischergasse gefunden

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    Bei den derzeit laufenden Kanalbauarbeiten in der Lohrer Fischergasse wurde ein Steinbeil aus der Jungsteinzeit gefunden.
    Bei den derzeit laufenden Kanalbauarbeiten in der Lohrer Fischergasse wurde ein Steinbeil aus der Jungsteinzeit gefunden. Foto: Wolfgang Dehm

    Im Zuge der aktuell laufenden Kanalbauarbeiten in der Fischergasse tauchte ein Steinbeil aus der Jungsteinzeit auf. Das historische Werkzeug, das Bauarbeiter Onur Varli direkt am Fischerbrunnen gefunden hatte, wurde am Mittwochvormittag im Beisein des derzeit amtierenden zweiten Bürgermeisters Dirk Rieb (CSU) vorgestellt.

    Laut Melanie Maier vom baubegleitend tätigen Fachbüro für Ausgrabungen und Dokumentationen, Heyse, war die Baustelle, zu der auch die im vergangenen Jahr erneuerte Muschelgasse sowie die Steinmühlgasse zählen, bislang "relativ fundarm". Neben Steinsetzungen, die schwierig einzuordnen seien, sei man auf wenige Keramikteile aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit gestoßen.

    Ein wesentlich bedeutenderer Fund sei hingegen das Steinbeil, das aufgrund seiner Form als "Schuhleistenkeil" bezeichnet werde. Beile in dieser Form waren Maier zufolge in der Linearbandkeramischen Kultur der frühen Jungsteinzeit gebräuchlich, also etwa 5500 bis 4900 vor Christus. Das am Fischerbrunnen gefundene Steinbeil ist laut Maier 13,2 Zentimeter lang, maximal 3,6 Zentimeter breit, 2,4 Zentimeter hoch und an beiden Enden leicht beschädigt. Ihrer Einschätzung nach besteht es aus Amphibolit, einem Gestein, das oft für die Herstellung solcher Werkzeuge verwendet worden ist.

    Zum Brunnenbau eingesetzt

    Im Gegensatz zu Äxten seien "Schuhleistenkeile" quer zum Schaft angebracht worden, so Maier. Das Lohrer Exemplar war ihren Worten nach nicht gelocht, sondern sei mit Hilfe einer Schnur aus Rinde oder Bast mit dem Schaft verbunden gewesen. Eingesetzt wurden derartige Beile laut Maier zur Holzbearbeitung, beispielsweise beim Brunnenbau.

    Für Lohr sei ein solcher Fund besonders bedeutend, weil man bisher nur die mittelalterliche Geschichte mit der urkundlichen Ersterwähnung 1295 als "Lare" und der Stadtrechtsverleihung 1333 gekannt habe, so Maier.

    Das Steinbeil, das mehr als 6000 Jahre älter sei als diese Urkunden, kann nach den Worten der Fachfrau zwar nicht direkt als Nachweis für die Besiedlung Lohrs in der Jungsteinzeit gelten, aber es lasse darauf schließen, "dass bereits Menschen der Linearbandkeramischen Kultur in der Gegend von Lohr unterwegs waren und dabei dieses Beil verloren haben".

    Dass das Beil am Fischerbrunnen in einer modernen Schotterschicht gefunden wurde, könnte laut Maier damit zusammenhängen, dass das historische Werkzeug in den 1980er Jahren beim Bau des Brunnens zutage getreten, aber nicht erkannt worden und deshalb in der Schotterverfüllung gelandet sei. Ferner sei nicht auszuschließen, dass das Beil beispielsweise im Mittelalter von einem Lohrer auf seinem Feld gefunden und mit nach Hause genommen worden sei.

    Stammt aus näherer Umgebung

    Dies wiederum würde Maier zufolge bedeuten, "dass das Fundstück gar nicht aus dem Stadtgebiet selbst stammt, sondern aus der näheren Umgebung". Über die tatsächliche Herkunft des Beils lasse sich leider nur spekulieren – ein bedeutsamer Fund für Lohr und seine Umgebung bleibe es trotzdem, so die Expertin.

    Ob im Zuge der Erneuerung der Fischergasse und der neu hinzugekomenenen Stichstraße Mainkai weitere Gegenstände von historischer Bedeutung ans Tageslicht kommen, bleibt abzuwarten. Das Steinbeil aus der Jungsteinzeit jedenfalls geht nach Abschluss der Maßnahme zusammen mit einer von Maier erstellten Dokumentation ans Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Zweiter Bürgermeister Rieb machte deutlich, dass es seiner Meinung nach im Spessartmuseum gut aufgehoben wäre – er werde diesbezüglich auf jeden Fall mit den zuständigen Behörden sprechen.

    Jens Brömme vom Ingenieurbüro Balling, das für die Planung der Straßenerneuerungen im Fischerviertel zuständig ist, sprach der bauausführenden Firma Grümbel (Gössenheim) ein großes Lob aus. Die bereits fertiggestellte Muschelgasse sei sehr schön geworden, auch die Anwohner seien begeistert. Dort sei ausschließlich das alte Kopfsteinpflaster wieder eingebaut worden, neue Steine, wie anfangs gedacht, hätten nicht zugekauft werden müssen, sagte er auf Nachfrage.

    Auch die Steinmühlgasse sei zu zwei Dritteln fertig, berichtete er. In der Fischergasse läuft seinen Worten nach derzeit der Kanal- und Wasserleitungsbau. Ziel sei es, mit der Fischergasse bis Jahresende fertig zu werden und dann am Mainkai weiterzumachen.

    Onur Varli (rechts) hat bei den derzeit laufenden Kanalbauarbeiten in der Lohrer Fischergasse ein historisches Steinbeil gefunden, Expertin Melanie Maier (links) ordnet es der Jungsteinzeit zu.
    Onur Varli (rechts) hat bei den derzeit laufenden Kanalbauarbeiten in der Lohrer Fischergasse ein historisches Steinbeil gefunden, Expertin Melanie Maier (links) ordnet es der Jungsteinzeit zu. Foto: Wolfgang Dehm
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