Am dunstigen Samstagmorgen herrscht am Zellinger Sportgelände schon reges Treiben. Frauen und Mädchen in Sportkleidung laufen sich warm, das Gebell von unzähligen Vierbeinern liegt in der Luft. Es ist Schlittenhunderennen – schon zum vierten Mal.
Auf dem Papier gibt es eine kleine Änderung: Richteten im Vorjahr der Hessische Schlittenhunde-Amateursportclub (HSSC) und der Schlittenhundesport-Verband Bayern das Rennen gemeinsam aus, ist es diesmal letzterer alleine. Wie schon im Vorjahr ist es gleichzeitig die Bayerischer Meisterschaft, mit deren Ausrichtung der Verein den Verein „Schlittenhunde Gnadenhof“ beauftragt hat. Ihre Rennen fanden am Sonntag statt.
Am Samstag ging es dagegen um den „Bayerncup off Snow“. Für diesen ist Zellingen das Abschlussrennen. Los ging es schon Anfang Oktober mit einem Hundewagenrennen in Schöneck (Vogtland), gefolgt von den Rennen in Mudau-Reisenbach Ende November und Mühlberg (Thüringen) eine Woche vor Zellingen. In die Cup-Wertung kamen die besten drei der vier Rennen.
Heuer andersherum
Wohl insbesondere der Cup zog diesmal auch ausländische Teilnehmer an: vier aus der Schweiz und zwei aus Frankreich. Ein gemeldeter Belgier konnte wegen eines Getriebeschadens 200 Kilometer vor Zellingen nicht kommen.
Einzige sichtbare Änderung vor Ort: Die 5,4 Kilometer lange Strecke war zwar gleich wie in den Vorjahren, wurde diesmal aber andersherum gefahren oder gelaufen. Mit dieser Entscheidung des neuen Rennleiters Peter Lorenz wurde sie laut vielen Teilnehmern etwas schwieriger, denn nun zog sie sich anfangs lange auf rutschigen Wiesenwegen bergauf ohne flache Passagen (zum „Durchatmen“) dazwischen. Nicht nur für alles, was auf Rädern unterwegs war, wurden die oft kurvigen Übergänge auf Asphalt zur Herausforderung, weil sie wegen viel Schlamm schlüpfrig waren.
Unbegleitete Flüchtlinge dabei
Das bekamen auch die Cani-Cross-Läufer zu spüren, die sich von einem Hund „ziehen“ lassen. Wenn das Team aus Mensch und Hund harmoniert, liegt der Geschwindigkeitsvorteil gegenüber einem Sololäufer bei bis zu einer Minute je Kilometer, was viel ist.
In dieser Klasse ging diesmal auch das Juhu-Projekt aus Forchheim mit zwölf Jungs und vier Mädchen an den Start. Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahre aus einem Jugendheim und unbegleitete Flüchtlinge hatten sich sechs Monate lang zusammen mit Hunden vom Verein „Schlittenhunde Gnadenhof“ auf das Rennen vorbereitet. Nicht alle konnten an den Start gehen, einige Mädchen mussten ihre Vorbereitung abbrechen, weil sie nicht schnell genug für die Hunde waren. Leider stürzte einer der jungen Sportler bei seinem Lauf am Samstagmorgen so heftig, dass er zur Abklärung ins Krankenhaus musste.
In der feuchtkalten dunstigen Luft am Samstagmorgen fanden die Läufe in den Kategorien Cani-Cross, Bike sowie Scooter (Roller) fast ohne Öffentlichkeit statt. Das änderte sich schlagartig, als gegen Mittag die Sonne rauskam. Für die bis zu 80 Zuschauer griffen die Helfer am Start sogar zum Mikrofon und erklärten die Grundzüge des Schlittensports. So braucht es nicht nur Hunde und Ausrüstung wie Schlitten, Bike, Scooter oder Trainingswagen, sondern auch eine Art „Schlittenhundeführerschein“, den man bei Lehrgängen erwerben kann. Etwas Ausrüstung, wie Geschirre, wurde an Ständen angeboten, außerdem Campinggerichte von einer Firma aus Gänheim und auch Huskys als Plüschtiere.
Das sonnige Wetter mit vier bis acht Grad Celsius setzte allerdings besonders den Huskys zu. Sie fühlen sich mit ihrem dichten Fell bei Kälte wohler. Manches Gespann kam langsam ins Ziel, wie ein Läufer, der sein Rennen unterwegs aufgab.
Beauftragter für Tierschutz
Die eigentlichen Schlitten- beziehungsweise Wagenrennen werden in vier Klassen gestartet: Mit zwei bis vier, fünf bis sechs, sieben bis acht oder neun bis 14 vorgespannten Hunden. Welche Kraft entwickeln die Hunde? Ein erfahrender Musher, wie die Fahrer heißen, erklärte: Ab sechs Hunden kann ein Beifahrer mitfahren. In der offenen Klasse (neun bis 14 Hunde) ist er inzwischen aus Sicherheitsgründen Pflicht. Gemäß den Regeln muss er wie der Musher den „Schlittenhundeführerschein“ haben.
Im Schlittenhundesport kommt Tierschutz nicht zu kurz. Bei jedem Rennen gibt es einen Tierschutzbeauftragten. In Zellingen war das Tierphysiotherapeut Enrico Krumm. Wer einmal erlebt hat, wie aufgeregt die Hunde den Start kaum abwarten können, der weiß: Tierquälerei wäre es, Schlittenhunde nicht rennen zu lassen.