Bis zu 20 Betrugsanzeigen pro Woche gehen bei der Polizeiinspektion Marktheidenfeld ein. Oft spielt das Internet eine Rolle, erklären Polizeioberkommissar Markus Kuhn, der in der Dienststelle ermittelt, und Leiter Michael Zimmer. Betrugsdelikte gab es lange vor dem Internet, so Zimmer, aber: "Im Internet ist es für Betrüger einfacher, die eigene Identität zu verschleiern."
Es sei egal, wie alt jemand ist oder welchen Beruf man ausübt, sagt Zimmer: "Auf Betrüger kann jeder hereinfallen." Täter seien sehr geschickt: Sie treten überzeugend auf, bauen eine Beziehung auf, nutzen Hilfsbereitschaft aus und erzeugen Zeitdruck. "Wenn ein Schnäppchen winkt, werden Menschen oft unvorsichtig", so der Polizeihauptkommissar. Er sagt, dass das Internet unseren Alltag zwar erleichtere, wir aber oft die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen, etwa im Umgang mit Finanzen, vernachlässigen würden.
Welche Betrugsmaschen derzeitig häufig bei der Polizei in Marktheidenfeld angezeigt werden, wie man Betrugsversuche erkennt und sich davor schützt, erklären die Experten:
1. Fake-Shops: Vermeintlich günstig kaufen

"Ein Fake-Shop ist oft schwer von einem echten Online-Shop zu unterscheiden", sagt Zimmer. Betrüger würden die Internetseiten von "echten" Firmen kopieren, um dort augenscheinlich sehr günstig Waren anzubieten – die sie jedoch nicht haben. "Das betrifft alle Güter, die begehrt sind", so Kuhn. Erst kürzlich habe er in einem Betrugsfall mit Heizöl ermittelt. Auf der gefälschten Seite wurde der Liter für 0,80 Euro angeboten. Der durchschnittliche Tagespreis für Heizöl lag bei 1,02 Euro.
Kuhn rät: "Es hilft, Preise zu vergleichen, Internetseiten kritisch zu analysieren oder jemanden um Rat zu fragen." Man könne zum Beispiel recherchieren, wie ein Shop bewertet wurde, ob es die im Impressum angegebene Adresse tatsächlich gibt oder wer sich unter der Telefonnummer meldet. "Kaufen Sie besser auf Rechnung, statt auf Vorkasse", ergänzt Zimmer.
2. "Garantierte" Rendite: Anlagenbetrug mit Kryptowährungen

Wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Facebook augenscheinlich für eine Methode wirbt, mit der man ohne Vorwissen einfach Geld mit Kryptowährungen wie Bitcoins verdienen kann, sollte man besser nicht klicken, sagt Kuhn. Auch Moderator Günther Jauch oder die Investoren der Fernsehshow "Die Höhle der Löwen" würden nicht für "Underground Banking" werben.
Kuhn erklärt: Die Betrüger locken mit Investitionsangeboten von 250 Euro. Registriert man sich auf deren Internetseite, kann man dort die angebliche Wertsteigerung der Einlage verfolgen. "Die versprochene Verzehnfachung des Geldes tritt vermeintlich ein", so Kuhn. Warum also nicht mehr investieren? Wenn der Betrogene seine Einlage und den Gewinn abheben will, fallen dafür weitere Gebühren und Zinsen an. Frühestens dann bemerkt er den Betrug, sein Geld erhält er nicht zurück.

Kuhn rät: "Wer von einem Geschäft nichts versteht, sollte die Finger davon lassen." Wer dennoch in Kryptowährungen investieren will, solle das bei einem der seriösen Anbieter tun. Er mahnt zur Vorsicht: "Das Geschäft mit Kryptowährungen ist immer hochspekulativ." Kein seriöser Anbieter könne einen bestimmten Kurs garantieren.
3. Diebstahl von persönlichen Daten

Der Ermittler sagt, er habe regelmäßig Betrugsanzeigen gegen einen Mann aus dem Raum Marktheidenfeld auf dem Schreibtisch. Der Vorwurf: Fälschung beweiserheblicher Daten – was man umgangssprachlich als Identitätsdiebstahl bezeichnet. Und das nur, weil der Mann vor einigen Jahren gutgläubig Kopien seines Personalausweises und des Führerscheins an einen Geschäftspartner verschickt hat. Mit den Betrügereien habe der Mann nichts zu tun.
Kuhn rät: "Man verschickt auf keinen Fall seinen Ausweis oder eine Kopie davon an Fremde." Solche persönlichen Daten könne man im Darknet für nur zehn Euro erwerben.
4. Diebstahl von Kreditkarten- und Kontodaten

"Heute ist es kein Problem, im Internet mit Kreditkarte zu zahlen, auch wenn man die Karte nicht hat", so Kuhn. Dazu genügt es, Kartennummer und Prüfziffer zu kennen. Als Inhaber einer Karte sollte man zum Beispiel die Kreditkartendaten nicht in einem Online-Shop speichern. Wenn ein Betrüger an die Zugangsdaten für den Shop gelange, könne er auch die Kreditkarte belasten.

Eine andere Betrugsmasche ist es, die Kontodaten mittels Phishing-Nachrichten auszuspähen. Wer auf einen falschen Link klickt, läuft Gefahr, persönliche Bankdaten preiszugeben. Erst vergangene Woche hatte Kuhn eine Frau auf der Dienststelle, die eine gefälschte SMS bekommen hatte, die aussah, als sei sie von ihrer Bank verschickt worden. Darin war ein Link, den sie – wie aufgefordert – angeklickt und sich mit ihren Zugangsdaten für das Online-Banking eingeloggt hat. Etwa eine Woche später rief ein Mann an, der ihr von einem angeblichen Betrug erzählte. Die Frau kam seiner Bitte nach, ihm mehrere Transaktionsnummern (Tans) zu schicken. Damit tätigte er Überweisungen über insgesamt 7000 Euro.
Kuhn rät: "Klicken Sie niemals auf Links, die Ihnen angeblich Ihre Bank oder PayPal schickt. Kein Bank-Mitarbeiter wird Sie jemals nach Zugangsdaten oder einer Tan fragen." Für den Zugang zum Online-Banking oder auch dem PayPal-Konto sollte man immer eine Zwei-Faktor-Authentifizierung einrichten.
5. Ausspähen von Daten

"Wenn ich heute Zugriff auf Ihr E-Mail-Postfach habe, übernehme ich Ihr ganzes Leben", sagt Kuhn provokant und erklärt, wie Betrüger vorgehen: Filter für eingehende Nachrichten ändern, E-Mails löschen, Passwörter ändern, Bankdaten abgreifen oder Ware bestellen. "Man muss sich der Bedeutung eines E-Mail-Kontos bewusst sein", ergänzt Zimmer.
Kuhn rät: Besonders beim E-Mail-Account sei es wichtig, ein ausreichend sicheres Passwort zu wählen. Dieses sollte man nur für diese Seite nutzen. Ein weiterer Tipp der Experten: "Halten Sie Ihr Anti-Virus-Programm auf dem Computer aktuell und installieren Sie Updates immer."
6. Ware auf Rechnung anderer bestellen

Wer Waren über das Internet bestellt, aber nicht bezahlt, begeht Warenkreditcomputerbetrug. "Das geht oft einher mit der Fälschung von beweiserheblichen Daten", so der Ermittler Kuhn. Jemand nutzt Name und Adresse einer anderen Person – etwa, um sich damit teure Geräte oder Gutscheine auf deren Rechnung zuschicken zu lassen.
"Ich bin mir sicher, viele kommen gar nicht zu uns, um einen Betrug anzuzeigen", meint Kuhn, "weil es ihnen peinlich ist". Zimmer ergänzt: "Manche geben lange die Hoffnung nicht auf, dass sie ihr Geld doch noch erhalten." Doch je früher ein Betrug der Polizei gemeldet wird, desto leichter ist es, Daten zu sichern, eventuell betroffene Konten zu sperren oder Geld zurückzuholen. Weil Tatverdächtige oft im Ausland sitzen, erschwere das die polizeilichen Ermittlungen.
Opfer von Betrügereien können sich an die örtliche Dienststelle der Polizei wenden. Weiterführende Informationen gibt es im Internet unter www.polizei-beratung.de oder beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik unter www.bsi.de.
Zahlen zu Cyberkriminalität in UnterfrankenIm Jahr 2023 hat die Polizei in Unterfranken insgesamt 2467 Fälle von Cyberkriminalität bearbeitet, heißt es im Sicherheitsbericht. Dies sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren (1015 Fälle). Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 508 Tatverdächtige ermittelt. Die Aufklärungsquote liegt bei 29,7 Prozent. Der gesamte Vermögens- und Sachschaden betrug circa zwei Millionen Euro.Quelle: Polizeipräsidium Unterfranken