In den vergangenen Monaten ist Jürgen Neuwirth die Strecke Würzburg–Lohr besonders gerne mit dem Zug gefahren. Denn wegen Bauarbeiten auf der regulären Strecke ist der Regionalexpress überwiegend auf der ICE-Trasse gefahren und hat so nur gut 20 Minuten gebraucht. "Das ist eine enorme Zeitersparnis", sagt Neuwirth, der aus Frammersbach kommt. Mit dem Auto braucht man etwa 45 Minuten. Doch seit Mitte Dezember fährt der RE wieder auf der regulären Strecke über Karlstadt und Gemünden nach Lohr, das dauert knapp 40 Minuten.
Neuwirth möchte wieder Bewegung in die Diskussion um eine mögliche zusätzliche Verbindung zwischen Lohr und Würzburg bringen. Denn vor knapp zwei Jahren hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) die Idee ins Spiel gebracht, auf der ICE-Strecke auch Regionalexpresse fahren zu lassen. Anlass waren die Überlegungen, ein S-Bahn-Netz für Mainfranken einzurichten, unter dem Titel "Regio-S-Bahn Mainfranken" wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.
Bundestagsabgeordnete schalteten sich in die Diskussion ein
Doch die Idee sorgte schnell für Aufregung und die beiden Bundestagsabgeordneten aus Main-Spessart, Bernd Rützel (SPD) aus Gemünden und Alexander Hoffmann (CSU) aus Retzbach, schalteten sich gemeinsam ein – aus Sorge, dass Karlstadt, Gemünden und Retzbach benachteiligt werden könnten. Sie befürchteten, dass auf dieser Strecke nur noch die etwas langsameren Regionalbahnen und nicht mehr die Regionalexpresse fahren würden. Auch die Bürgermeister der Städte und Orte entlang der Bahnlinie lehnten die Idee der BEG ab.

Jürgen Neuwirth hat es damals geärgert, dass die Politik auf die Idee gleich "quasi draufgehauen" habe, wie er sagt. Er findet, dass eine Studie ganz offen die Vor- und Nachteile untersuchen sollte, ohne politische Einflussnahme. Durch den Einsatz der Bundestagsabgeordneten wurde der Aspekt der Schnellfahrtrasse aus der Untersuchung herausgenommen. "Das ist schon ein Unding", sagt Neuwirth. Er findet, dass der Regionalverkehr in Zeiten der Klimadiskussion viel attraktiver sein müsste. Die Zeitersparnis über die Schnellfahrstrecke wäre da ein guter Ansatz.
Selbst die BEG sieht eine Benachteiligung von Karlstadt, Gemünden und Retzbach
Eine Nachfrage bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft ergibt, dass die Machbarkeitsstudie zu einem S-Bahn-Netz Mainfranken noch läuft. "Das Gutachten wird jedoch keine Aussagen über eine potenzielle Verlagerung des Regionalverkehrs über die ICE-Trasse zwischen Würzburg und Lohr liefern", bestätigt Pressesprecher Wolfgang Oeser. Der Aspekt sei auf Wunsch der Gemeinden aus der Untersuchung herausgenommen worden.
Denn dadurch würden die Halte Gemünden, Karlstadt und Retzbach-Zellingen laut Oeser ihre halbstündliche Anbindung Richtung Aschaffenburg und Würzburg verlieren. Eine Direktverbindung nach Aschaffenburg wäre nur noch mit einzelnen Verbindungen im Laufe des Tages möglich. "All dies würde letztendlich zu einer Beeinträchtigung der Zuganbindung dieser Gemeinden führen, die nur während der Baumaßnahmen tolerierbar war", teilt Oeser mit.
Vom Bahnhof mit dem Fahrrad weiter
Für Lohr und die umliegenden Orte wären die Vorteile dagegen immens. Der RE sei auch mit der regulären Fahrzeit zwar etwas schneller als das Auto. Doch die Zeitersparnis sei dabei nicht groß genug, gerade wenn man vom Bahnhof noch mit Bus oder Straßenbahn weiter muss. Neuwirth ist in den vergangenen Monaten während der Bauarbeiten häufig mit dem Zug von Würzburg nach Lohr oder Partenstein gefahren, um seine Familie zu besuchen oder Freunde zu treffen. Um vom Bahnhof aus weiter zu kommen, hat er meistens sein Klapprad dabei oder er lässt sich abholen.

Dass Karlstadt, Gemünden und die anderen Gemeinden nicht schlechter gestellt werden sollten, versteht Neuwirth natürlich. "Es ist ja auch noch gar nicht erwiesen, dass das eintreten würde", sagt er. Vielmehr sollten die Regionalexpresse zusätzlich zum bisherigen Angebot auf der Schnellfahrstrecke fahren. Statt alles zu verhindern, sollte man lieber überlegen, wie man etwas verbessern könnte, sagt Neuwirth.
Laut der BEG wäre jedoch im Fall einer Umleitung des Regionalverkehrs über die ICE-Trasse eine deutliche Erweiterung der Regionalbahnlinie unumgänglich, um die Anbindung für die Gemeinden entlang des Mains aufrechtzuerhalten. "Dies erfordert jedoch einen erheblichen Bedarf an zusätzlichem Personal und Fahrzeugen, was derzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzbar ist", teilt der Pressesprecher mit. Aus Sicht der BEG stelle daher das Regelangebot für die Mehrzahl der Fahrgäste die bessere Lösung dar.