"Ich erfahre es meistens nur aus der Zeitung, wenn es in Lohr eine neue Flüchtlingsunterkunft gibt, und kann Bürgern nur schwer Auskunft geben", hat sich Frank Seubert (CSU) in der Lohrer Stadtratssitzung am Mittwoch beschwert. Er forderte, die Verwaltung solle in einer der nächsten Sitzungen den Sachstand aufzeigen "und wie es weitergehen kann". Es habe sich bereits einiges Konfliktpotenzial aufgestaut, berichtete der Unternehmer, in dessen Firma nach eigenen Angaben zehn Nationalitäten arbeiten.
So sei ihm berichtet worden, in Stadtteilen mit Flüchtlingsunterkünften stünden Arztpraxen am Limit und Eltern müssten, weil sie mobil seien, anderswo Kita-Plätze für ihre Kinder suchen, weil die Kinder von Flüchtlingen Vorrang hätten, da ihre Eltern nicht mobil seien. In Schulen fielen Stunden aus, weil Lehrkräfte abgezogen würden, und soziale Einrichtungen wie die Lohrer Tafel seien überlastet, so Seubert. Ältere Leute, die mit der Situation nur schlecht umgehen könnten, hätten Angst, abends auf die Straße zu gehen.
Ihm sei klar, dass die Stadt praktisch keinen Einfluss auf die Unterbringung von Flüchtlingen habe. Es dürfe sich aber nicht der Eindruck aufdrängen, dass Flüchtlinge dort untergebracht würden, wo der Widerstand am geringsten sei. Seubert forderte, zu handeln, "bevor sich unerwünschte politische Gruppierungen des Themas annehmen".
Bürgermeister Paul: "Der Staat ist zuständig"
Staatliche Stellen seien für die Flüchtlingsunterbringung zuständig, sagte der Lohrer Bürgermeister Mario Paul. Er verstehe Seuberts Äußerungen als Kritik an der staatlichen Informationspolitik. Von der Existenz einiger neuer Unterkünfte sei er selbst überrascht worden. Allerdings müsse man mit Formulierungen wie "wo der geringste Widerstand ist" sensibel umgehen, erklärte der Bürgermeister.
Grundsätzlich müsse man erst einmal davon ausgehen, dass es sich um Menschen handle, die auf der Flucht seien, und dass ihre Aufnahme eine humanitäre Aufgabe sei. Die Herausforderungen würden aber tatsächlich immer größer.