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Marktheidenfeld: Intensivpflege-WG hautnah: Die ersten Bewohner sind eingezogen

Marktheidenfeld

Intensivpflege-WG hautnah: Die ersten Bewohner sind eingezogen

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    Seit Mitte April sind die ersten Bewohner in der Intensiv-Pflege-WG in  Marktheidenfeld eingezogen. Unter ihnen Schwester Eva-Angelika von den Dominikanerinnen aus dem Kloster Neustadt.
    Seit Mitte April sind die ersten Bewohner in der Intensiv-Pflege-WG in  Marktheidenfeld eingezogen. Unter ihnen Schwester Eva-Angelika von den Dominikanerinnen aus dem Kloster Neustadt. Foto: Lucia Lenzen

    Es war an Ostern als Schwester Eva-Angelika Herbst um ihr Leben rang. Der Tumor in ihrem Hals hatte zu bluten angefangen. In diesem Moment muss sofort reagiert werden, damit sie nicht am Blut erstickt. Zu Ostern befand sich die Ordensschwester der Dominikanerinnen aus Neustadt noch im Krankenhaus. Die Ärzte und Pfleger waren schnell und konnten über eine Kanüle und einen darüber aufblasbaren Ballon, der in der Luftröhre sitzt, den Blutfluss in die Lunge stoppen. Doch außer Lebensgefahr war Schwester Eva-Angelika nicht. Die Situation kann jederzeit unvermittelt wieder auftreten. Eine Rückkehr in ihre Wohnung? Oder ins Kloster? Unvorstellbar. "Alternativ hätte ich auch noch auf der Palliativstation untergebracht werden können", erzählt die Schwester. Doch soweit kam es nicht. 

    Seit dem 20. April lautet ihre Adresse: Baumhofstraße 11 in Marktheidenfeld. Seitdem bewohnt sie ein Zimmer in der Intensivpflege-WG, die hier Mitte April eröffnete. "Als mir die Priorin aus Neustadt von der neuen Marktheidenfelder Intensiv-Pflege WG erzählte wusste ich, das ist das richtige für mich", erzählt Schwester Eva-Angelika. Die Nähe zu Neustadt und den Mitschwestern. Ein eigenes Zimmer. Endlich wieder mehr Selbstbestimmung - aber mit sofort erreichbaren Fachleuten.

    Daraufhin ging alles sehr schnell. Sie zog direkt aus dem Krankenhaus in die WG und wurde hier erste Bewohnerin. Mittlerweile wohnen in den Räumen in der Baumhofstraße drei weitere Personen. "Insgesamt wären theoretisch neun Plätze da", sagt Thomas Steigerwald, Geschäftsführer der Gesellschaft für spezialisierte Pflege (GSP). Der Aschaffenburger hat die Einrichtung zusammen mit Joachim Nürnberger aus Steinfeld geplant und aufgezogen.

    An diesem Morgen hat er sich Zeit genommen, die nun fertigen Räumlichkeiten zu zeigen. Um zehn Uhr morgens herrscht hier schon geschäftiges Treiben. Pflegerinnen und Pfleger gehen in den Zimmern ein und aus. Eine Hauswirtschafterin ist im Flur beschäftigt und wischt den Boden.

    Für den Start der WG war es gut, mit weniger Bewohnern anzufangen

    Für den Start der WG war es gut, mit weniger Bewohnern anzufangen, erzählt Thomas Steigerwald, der heute in einem derzeit noch leer stehenden WG-Zimmer sein Laptop aufgeklappt hat. So konnten sich alle erst einmal mit den Abläufen und Räumlichkeiten vertraut machen. Zudem musste ausreichend Personal gefunden werden. Eine Pflegekraft betreut maximal drei Bewohner. Dadurch entsteht, was sonst Mangelware ist in der Pflege: Zeit für den Einzelnen.

    21 Mitarbeiter beschäftigt die Spezial-WG. "Grundvoraussetzung ist, dass es sich um Pflegefachkräfte handelt. Die Zusatzqualifikation zur außerklinischen Intensivpflege bekommen sie dann bei uns", so Steigerwald. Probleme, genügend Mitarbeiter zu finden, hatte die Einrichtung nicht. Einige Fachkräfte seien auch aus dem Reha-Bereich des Klinikums am Standort Marktheidenfeld gekommen.  

    Lichtblick: LED-Deckenleuchten mit Motiv lassen im Wohnbereich den Eindruck entstehen, als Blicke man tatsächlich durch die Baumkronen Richtung Sonne. 
    Lichtblick: LED-Deckenleuchten mit Motiv lassen im Wohnbereich den Eindruck entstehen, als Blicke man tatsächlich durch die Baumkronen Richtung Sonne.  Foto: Lucia Lenzen

    Die Bewohner kommen meist direkt aus dem Krankenhaus oder speziellen Rehas in die WG. Gemeinsam haben sie alle: Sie müssen permanent überwacht werden, 24 Stunden, tag wie nachts, denn es kann jederzeit eine lebensbedrohliche Situation eintreten. "Unser Ziel ist es, den Gesundheitszustand der Menschen zu verbessern", erläutert Steigerwald. Zum Beispiel jemand, der beatmet wird, wieder an die eigene Atmung zu gewöhnen. Das geschieht in ganz langsamen Schritten. Und sei leider nur in den seltensten Fällen so erfolgreich, dass der Mensch ohne Geräte leben kann.

    Auch Wachkoma-Patienten kommen in die WG. "Bei solchen Menschen geht es vor allem darum, sie am Leben teilhaben zu lassen. Deshalb setzen wir sie auch mal in den Rollstuhl, fahren raus, lassen sie Fernsehen oder lesen ihnen etwas vor", beschreibt der Geschäftsführer. Oder sie fahren sie in das gemeinschaftliche Wohnzimmer, mit Blick zum Wolkenhimmel: LED-Leuchten mit Motiv lassen hier den Eindruck entstehen, als schaue man tatsächlich durch die Baumkronen in die Sonne. 

    Endlich wieder durchschlafen gelernt

    Anders ist es bei Bewohnern, die noch sehr selbstständig und mobil sind, so wie Schwester Eva-Angelika. Um zehn Uhr morgens steht sie mit Gummihandschuhen bewaffnet da und hilft mit, ihr Zimmer zu reinigen. Sie müsse man eher bremsen, nicht zu viel zu machen, erzählt sie und lacht. Aber dafür sei sie sehr dankbar.

    Zwischen 15 bis 30 Quadratmeter sind die Zimmer groß. Überall liegt helles Stäbchen-Parkett. Alle Räume haben zusätzlich eine Rufanlage mit angeschlossener Geräteüberwachung. Darüber hinaus können die Zimmer individuell gestaltet werden. Schwester Eva-Angelika hat ihr Zimmer so eingerichtet, dass sie auch etwas arbeiten kann. Neben vielen Bildern und Fotos sind da ihr Keyboard und ihr Schreibtisch mit ihrem Computer, auf dem sie Artikel für die Missionszeitung verfasst. 

    Für Angehörige und Bewohner: Die gemeinsame Couch-und Fernseh-Ecke in der Intensivpflege-WG. 
    Für Angehörige und Bewohner: Die gemeinsame Couch-und Fernseh-Ecke in der Intensivpflege-WG.  Foto: Lucia Lenzen

    Was ihr der Umzug in die WG vor allem beschert hat: Sie kann wieder in Ruhe durchschlafen. "Für mich hat das Leben hier nichts mit Überwachung zu tun, sondern mit Vertrauen", sagt sie. Das Vertrauen darauf, dass im entscheidenden Moment immer jemand da ist, der helfen kann. "Vor allem in der Nacht kann die Kanüle immer mal verstopfen", erzählt die Schwester. Sie könne das zwar meistens selbst wieder durch Abhusten lösen, aber die Panik kommt schnell in dem Moment. Oder der Gedanke, dass der Tumor wieder bluten könnte.

    "Wenn dann jemand da ist, der Zeit für beruhigende Worte hat, hilft das viel", sagt sie. Vor allem für das Zeitlassen, dass sich das Personal hier im Umgang mit den Menschen gönnen darf, ist die Schwester sehr dankbar. Dass es nicht wie im Galopp über die Station geht, wie im Krankenhaus. Das Miteinander in der WG? Das müsse sich noch etwas einspielen. Bisher waren es kurze Begegnungen und Gespräche auf dem Flur. Meist wollen die Besucher schnell zu ihren Angehörigen. 

    Zweiter Standort im Landkreis im Gespräch

    Wieder zurück bei Thomas Steigerwald erzählt er, wie die Finanzierung der WG aussieht: So fällt die Zimmer-Miete auf die Bewohner, die Pflegeleistung hingegen wird von der Krankenkasse übernommen. Zusätzlich gibt es noch einen Wohngruppen-Zuschlag. Wie er zur Spezial-Pflege kam? Steigerwald hat schon eine Intensivpflege-WG in Aschaffenburg aufgebaut und den Bedarf gesehen. Der Standort Marktheidenfeld wurde es, um möglichst zentral im Landkreis, aber auch in Richtung Wertheim zu liegen. Gedeckt sei der Bedarf dadurch aber nicht. Mittlerweile gibt es sehr konkrete Gespräche zu einem zweiten Standort im Landkreis. Vielmehr sei aber noch nicht spruchreif. 

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