Von der Krankheit sind ungefähr genauso viele Menschen betroffen wie von Diabetes oder Rheuma – die als Volkskrankheiten gelten. Dennoch ist die Erkrankung oft noch ein Tabuthema: Epilepsie.
Jeder 20. erleidet einmal in seinem Leben einen epileptischen Anfall. Wiederholen sich die Anfälle, spricht man von Epilepsie. Derzeit leben etwa 800 000 Deutsche mit der Krankheit. Darunter sind ungefähr 13 500 Menschen aus Unterfranken.
Die Krankheitsursache sei eine Veränderung des Gehirns, beispielsweise durch einen Unfall oder eine Sauerstoffunterversorgung bei der Geburt, erklärt Simone Fuchs. Sie arbeitet bei der Epilepsieberatung Unterfranken am Juliusspital Würzburg und bietet ebenfalls Termine in Main-Spessart an. Wenn das eigene Kind einen Krampfanfall erleide, sei der Schock der Eltern sehr groß. „Hoffentlich stirbt mein Kind nicht“ sei der erste Gedanke, weiß die Epilepsieberaterin. „Solche Anfälle wirken oft dramatisch, aber sind nicht lebensbedrohlich.“
Um den Eltern betroffener Kinder und Jugendlicher einen Raum zu geben, um über ihre Erfahrungen und Gefühle zu sprechen, bietet die Epilepsieberatung Unterfranken erstmals einen Gesprächskreis für den Raum Main-Spessart an. Der erste findet am Donnerstag, 25. Juni, um 19.30 Uhr im Alfred-Biehle-Haus der Karlstadter BRK-Begegnungsstätte in der Johann-Schöner-Straße 63 statt. Für Betroffene jedes Alters, deren Angehörige und Freunde gibt es bereits Außensprechtage in Aschaffenburg, Schweinfurt und Bad Neustadt. Am 9. Juli wird dann der erste Außensprechtag von 10 bis 18 Uhr im Klinikum Main-Spessart in der Grafen-Rieneck-Straße 5 in Lohr angeboten.
Knapp die Hälfte der Ersterkrankungen trete im Kindes- oder Jugendalter auf. Das liege daran, dass Gehirnschädigungen oft schon von Geburt an bestehen. Warum die Epilepsie manchmal einige Jahre „stumm“ bleibt und zum Beispiel im Grundschulalter auftritt, sei nicht bekannt.
Symptome bei Epilepsie
Der Betroffene stürzt zu Boden und sein Körper beginnt sich ungefähr drei bis fünf Minuten lang vor Krämpfen zu schütteln. Dieses Bild hat die Mehrheit im Kopf, wenn sie an Epilepsie denkt. Doch „das Krankheitsbild ist sehr breit“, sagt Fuchs. Der sogenannte Grand-Mal-Anfall ist das bekannteste Symptom der Epilepsie. Den Betroffenen selbst werde erst danach klar, dass sie einen Anfall hatten – wenn sie merken, dass sie am Boden liegen und in entsetzte Gesichter blicken.
Allerdings gebe es noch weitere Auswirkungen wie Absenzen – kurze Bewusstseinsstörungen, die nur wenige Sekunden dauern. Betroffene könnten täglich bis zu 30 Stück erleben, wobei sie diese nicht immer unbedingt bewusst wahrnehmen würden. Währenddessen würden sie verträumt und abwesend wirken.
Fuchs erinnert sich an ein zwölfjähriges Mädchen, das ständig bei ihren Klassenkameraden nach den Hausaufgaben fragte. Sie wunderten sich darüber, weil sie es dem Mädchen bereits in der Schule, im Bus und per Handynachrichten mitgeteilt hatten. Aber auch lokale Anfälle bei denen nur ein Körperteil krampft oder ein Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen seien mögliche Krankheitssymptome. Eine medikamentöse Behandlung verhilft bis zu 60 Prozent zur Anfallsfreiheit.
Mit Erkrankung offen umgehen
Es sei wichtig, offen mit der Epilepsie umzugehen, sagt Fuchs. „Entscheidend ist, dass man Botschafter der eignen Krankheit wird.“ Dadurch sei sie kein Tabuthema mehr, was den Alltag sowohl für die Betroffenen als auch deren soziales Umfeld erleichtere. Was allen Beteiligten helfe, sei „so viel Normalität wie möglich“ und der Erfahrungsaustausch mit anderen.
Epileptiker dürfen nicht Auto fahren, es sei denn, sie sind seit mindestens einem Jahr anfallsfrei. Deshalb wird die Epilepsieberatung auch außerhalb Würzburgs angeboten. Die Teilnahme an den Gesprächskreisen in Karlstadt und Außensprechtagen in Lohr ist kostenlos. Bei letzteren ist eine Anmeldung erforderlich.
Die Gesprächskreise in der BRK Begegnungsstätte in Karlstadt finden am 25. Juni, 29. September und 24. November um 19.30 Uhr statt.
Die Außensprechtage im Klinikum Main-Spessart in Lohr sind jeweils von 10 bis 18 Uhr am 9. Juli und 14. Oktober. Termine können mit Simone Fuchs unter Tel.(09 31) 3 93 15 80 vereinbart werden.