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GRAFENRHEINFELD/KAHL: Kahl und Grafenrheinfeld: Was ein AKW-Abriss bedeutet

GRAFENRHEINFELD/KAHL

Kahl und Grafenrheinfeld: Was ein AKW-Abriss bedeutet

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    Deutschlands erstes Atomkraftwerk: Von 1961 bis 1985 prägten die eiförmigen Atommeiler des Versuchsatomkraftwerks Kahl das Landschaftsbild in Karlstein am Main. Nach über 20 Jahren Stromerzeugung wurde das VAK abgeschaltet und Stück für Stück abgerissen.
    Deutschlands erstes Atomkraftwerk: Von 1961 bis 1985 prägten die eiförmigen Atommeiler des Versuchsatomkraftwerks Kahl das Landschaftsbild in Karlstein am Main. Nach über 20 Jahren Stromerzeugung wurde das VAK abgeschaltet und Stück für Stück abgerissen. Foto: Fotos: Markus Thelen

    Betreiber E.ON hat jetzt angekündigt,

    Die Arbeiten würden demnach 2016 beginnen. Bestätigt hat dies E.ON am Montag (24.02.2014) allerdings nicht.

    Das Großvorhaben in Grafenrheinfeld ist im Rahmen der bundesweiten Energiewende zu sehen - für Unterfranken allerdings nicht neu. Denn schon vor vier Jahren ging der Abriss der ersten Atomanlage in Deutschland zu Ende: Bei Kahl/Main (Kreis Aschaffenburg) wurde ein Reaktorgelände zur grünen Wiese. Jahre zuvor war in unmittelbarer Naähe bereits eine andere Atomanlage verschwunden.

    In der 8000 Einwohner zählenden Gemeinde Karlstein/Main ist man damit noch heute zufrieden. "Ich bin stolz darauf", sagte Karlsteins Bürgermeister Winfried Bruder am Montag (24.02.14) gegenüber mainpost.de zu der Tatsache, wie der Rückbau einst lief. Stolz sei er auch darauf, dass seine Gemeinde im Wappen nach wie vor ein Atom-Zeichen hat - in Anlehnung an die Vergangenheit. "Und die kann man ja nicht einfach ausschalten."

    Wo das Kahler Atomkraftwerk einst stand, befindet sich heute eine Wiese. Sie gehört zu Großwelzheim, einem Gemeindeteil von Karlstein/Main. Den Zusatz "Kahl" gab man der Anlage, weil der Name der Nachbargemeinde leichter in den Akten zu führen war als das sperrige Wort Großwelzheim - und weil nur Kahl einen Bahnhof hatte.

    Das 2,5 Hektar große Areal zwischen Gustavsee und Main

    ist laut Bürgermeister Bruder heute als Industriegebiet eingestuft. Radioaktive Strahlung in Folge des Kahler Atomkraftwerks sei dort nicht festzustellen.

    Der Geschäftsleiter im Karlsteiner Rathaus, Frank Ledergerber, ergänzt, dass jene Wiese nach wie vor dem Energiekonzern RWE gehöre, dass aber vielleicht noch in diesem Jahr ein Industriebetrieb dort einen Neubau errichten werde. Details nannte Ledergerber nicht.

    Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld wird abgerissen, das in Kahl ist es schon: Obwohl die beiden Anlagen nicht grundsätzlich vergleichbar sind, lohnt sich doch ein Blick auf die blanken Fakten.

    • Bau/Inbetriebnahme: Kahl war das erste kommerziell genutzte Atomkraftwerk in Deutschland. Es lief unter der Bezeichnung "Versuchsatomkraftwerk" (VAK) und sollte Deutschlands Einstieg in den Atomstrom ebnen. Kahl speiste am 17. Juni 1961 zum ersten Mal Strom ins Netz (Grafenrheinfeld: 17. Juni 1982) und kostete 17 Millionen Euro. Grafenrheinfeld: 1,3 Milliarden Euro (beide Beträge umgerechnet und nicht inflationsbereinigt). Während Kahl in rekordverdächtig kurzer Zeit von 29 Monaten hochgezogen wurde, dauerte der Bau der Anlage in Grafenrheinfeld von 1974 bis Ende 1981 (Inbetriebnahme).
    • Typ/Dimension: Das VAK in Kahl war ein Siedewasserreaktor (Grafenrheinfeld: Druckwasserreaktor). Brutto-Leistung: 16 Megawatt (Grafenrheinfeld: 1345). Laufzeit von Kahl: 25 Jahre (Grafenrheinfeld bis jetzt: 31 Jahre). Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: Kahl 2,05 Gigawattstunden, Grafenrheinfeld knapp 400.000 Gigawattstunden.
    • Abriss ("Rückbau"): Es kostete 150 Millionen Euro, die Anlage in Kahl/Main zu beseitigen - ein Vielfaches der Baukosten. Zum Vergleich: 500 Millionen Euro schlägt ein Abriss im Schnitt bei heutigen Anlagen zu Buche, sagen Experten. Weil der Stahlbeton-Mantel des Kahler Reaktors stark radioaktiv war, musste ein ferngesteuerte Kleinbagger eingesetzt werden, wie dieser PR-Film der für den Abriss zuständigen RWE Nukem GmbH (Alzenau) zeigt: Um die Mitarbeiter für den Einsatz mit diesem Bagger zu schulen, wurde der Reaktormantel nachgebaut. Die Beseitigung des VAK in Kahl hatte auch symbolischen Charakter: Sie sollte zeigen, dass man ein Atomkraftwerk in eine harmlose grüne Wiese verwandeln kann. Zurück blieben in Kahl laut einem Bericht von focus.de 1,4 Tonnen radioaktiv belasteter Abfall. Er wird in Mitterteich/Oberpfalz zwischengelagert. Ein Endlager für solches atomare Erbe gibt es in Deutschland bekanntlich nicht.
    • Noch ein AKW-Abriss:  Während meistens Kahl in den Schlagzeilen stand, sollte man nicht vergessen, dass gleich nebenan noch ein Atomkraftwerk zur grünen Wiese wurde - der Heißdampfreaktor (HDR) in Großwelzheim (25 Megawatt Brutto-Leistung/zum Vergleich: Kahl 16). Er war im Herbst 1969 nach vier Jahren Bauzeit in Betrieb gegangen. Auch er war wie Kahl eine Versuchsanlage. Wegen technischer Mängel wurde der Reaktor aber 16 Monate später schon wieder abgeschaltet. Nach Jahren als Testanlage ohne Betrieb wurde der HDR bis 1998 plattgemacht.
    • Atomkraftwerke in Deutschland: Die Übersicht des Bundesamtes für Strahlenschutz zeigt Anlagen, die in Betrieb sind sowie abgeschaltet, stillgelegt oder abgebaut wurden.
    • Besonderheit: Kahl hätte es fast zu einem "Oscar" gebracht. Denn der tschechisch-deutsche Filmemacher Haro Senft veröffentlichte 1961 den Kurzfilm "Atomkraftwerk Kahl", der Bau und Inbetriebnahme der Anlage am Untermain zeigt und der 1962 für den begehrten US-Filmpreis nominiert wurde.
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