Bernd Rützel bleibt Vorsitzender der Unterfranken-SPD. Der Bundestagsabgeordnete aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart), der das Amt seit 2014 innehat, setzte sich bei Bezirksparteitag am Samstag in Haibach (Lkr. Aschaffenburg) knapp mit 56 Prozent durch.
Der 55-Jährige kam auf 54 der 97 Delegiertenstimmen, für Herausforderer Markus Hümpfer votierten 40 SPD-Mitglieder. Der 32 Jahre alte Bundestagsabgeordnete aus Schonungen (Lkr. Schweinfurt) wurde später erneut zu einem der Stellvertreter Rützels gewählt.

Von "Zoff" in der Partei wollten viele Genossen und Genossen vor der Abstimmung nicht sprechen. So eine Auswahl unter zwei Kandidaten sei doch "ein normaler demokratischer Prozess", hieß es. Dass dem nicht ganz so ist, sagte immerhin ein Delegierter dann auch öffentlich. Und womöglich rettete der Auftritt von Partei-Vize Volkmar Halbleib dem Kollegen Rützel am Ende den Posten.
Der Landtagsabgeordnete aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) machte in einem als Frage an Hümpfer deklarierten Redebeitrag deutlich, dass die Unterfranken-SPD ein "falsches Signal zur falschen Zeit" an den Landesverband und auch nach außen senden würde, wenn sie mit dem ausgewiesenen Sozialexperten-Experten Rützel ausgerechnet den Mann beschädigt, der erfolgreich für einen Markenkern der SPD, nämlich einen fairen Arbeitsmarkt und auskömmliche Renten, stehe.

Rützel, der seit Ende 2021 Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales ist und in Berlin als enger Weggefährte von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gilt, betonte in seiner kurzen Vorstellungsrede, dass es ein großer Erfolg der jüngsten Verhandlungen in der Ampel-Regierung sei, dass im Sozialbereich trotz der angespannten Haushaltslage nicht gekürzt werde. Dabei hätte dies manch einer in der Koalition gerne gesehen. Rützel kämpferisch: "Lasst uns auf den Sozialstaat aufpassen."
Hümpfer forderte mehr Teamgeist
Hümpfer forderte in seiner Vorstellungsrede mehr "Teamgeist in der Unterfranken-SPD". Er empfahl sich als den Richtigen, wenn es gilt, in Zeiten schlechter Wahlergebnisse, schwindender Mitgliederzahlen und sinkender Finanzmittel "Veränderungsprozesse" anzustoßen, etwa beim Einsatz von sozialen Medien und bei der politischen Bildung.
Einzelne Delegierte bekräftigten im Gespräch mit der Redaktion, dass sie sich von der Wahl Hümpfers einen Modernisierungsschub, auch einen Generationswechsel versprochen hätten. Rützel habe viele Verdienste in der Sozialpolitik, stehe aber eher für die "alte, traditionelle SPD". "Das Wahlergebnis zeigt, dass es einige Unzufriedene gibt", so kommentierte Hümpfer selbst die Abstimmung, nachdem er dem Wahlsieger gratuliert hatte.
Gefragt, ob nach dem knappen Wahlergebnis, nun parteiinterne Grabenkämpfe drohten, wurde der wiedergewählte SPD-Bezirksvorsitzende gegenüber der Redaktion emotional. Rützel wörtlich: "So ein Unsinn, wir werden weiter im Bezirksvorstand gut zusammenarbeiten. Die SPD hat weder Zeit noch Energie für Grabenkämpfe. Es geht um gute politische Lösungen. Das erwarten die Menschen von uns. Und zwar zu Recht."
Rangelei um gute Listenplätze
Welche Auswirkungen die Wahlen auf Bezirksebene auf die Aufstellung der Listenplätze für die Bundestagswahl 2025 haben, bleibt derweil abzuwarten. Neben Sabine Dittmar aus Maßbach (Lkr. Bad Kissingen), die als Staatssekretärin im Gesundheitsministerium eine gute Position sicher haben dürfte, kämpfen aus Unterfranken voraussichtlich Rützel und Hümpfer um aussichtsreiche Plätze - Rützel nun mit den besseren Karten.
Nach der Abstimmung über den Vorsitzenden standen in Haibach weitere Wahlen an. Stellvertretende Bezirksvorsitzende sind weiterhin Sabine Dittmar (81 Stimmen), Pamela Nembach aus Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart, 73 Stimmen), Volkmar Halbleib (68 Stimmen) und Markus Hümpfer (59 Stimmen) sowie als Neuling Manuel Michniok aus Aschaffenburg (81 Stimmen). Bezirksschatzmeister bleibt der Würzburger Max Dörflein.
SPD beschließt drei Resolutionen
Und auch inhaltlich wurde beim Parteitag gesprochen. Die Delegierten verabschiedeten einstimmig drei Resolutionen. Darin erklären sie ihre Solidarität mit den für einen Tarifvertrag streikenden Servicekräften am Universitätsklinikum Würzburg sowie mit den 2500 Beschäftigten am kommunalen Klinikum Aschaffenburg-Alzenau. Hier hat der Aufsichtsrat, um dauerhaft Kosten zu sparen und mutmaßlich auch Lohnkosten zu senken, den Austritt aus dem kommunalen Arbeitgeberverband beschlossen.
In einer dritten Resolution wenden sich die Sozialdemokraten gegen den angekündigten Abbau von 420 Arbeitsplätzen beim Automobilzulieferer Preh in Bad Neustadt. "Strukturwandel ist ohne Kahlschlag möglich", so die Unterfranken-SPD.