Die Wahl der stellvertretenden Bürgermeister zu Beginn einer Amtsperiode ist immer auch ein Signal dafür, wie sich die Fraktionen positionieren. Im Falle Karlstadts wurde Martha Bolkart-Mühlrath von der SPD zur neuen zweiten Bürgermeisterin gewählt. Dies geschah denkbar knapp mit 13 zu 12 Stimmen gegen Anja Baier von den Grünen, die bisher die dritte Bürgermeisterin war – und auch ab sofort wieder ist.
Für die Stellvertretung des Bürgermeisters hatte die SPD nicht etwa ihren Fraktionssprecher und Bürgermeisterkandidaten Stefan Rümmer vorgeschlagen. Vielmehr plädierte dieser für die Wahl der Gambacherin Martha Bolkart-Mühlrath. Sie ist Leiterin der Arnsteiner Musikschule. Rümmer begründete, weshalb nicht er selbst antritt. Für ihn sei immer klar, dass er ein solches Amt vollumfänglich ausfüllen wolle. Dafür fehle ihm die Zeit. Er ist Betriebsratsvorsitzender der Eisenwerke Düker in Karlstadt und betreibt zudem eine Firma zur Beschallung und Beleuchtung von Veranstaltungen. Bolkart-Mühlrath sei bekannt dafür, dass sie gut mit Menschen umgehen kann.

Für die Grünen hatte Stadtrat Horst Wittstadt die bisherige dritte Bürgermeisterin Baier ins Rennen geschickt. Sie habe sich in den vergangenen sechs Jahren in diesem Amt bewährt und durch Loyalität ausgezeichnet.
Überraschung bei der Wahl der dritten Bürgermeisterin
Zur anschließenden Wahl der dritten Bürgermeisterin schlug Grünen-Fraktionsvorsitzender Armin Beck erneut Anja Baier vor. Die Freien Wähler beantragten eine kurze Sitzungsunterbrechung. Danach sagte deren Fraktionsvorsitzender Sebastian Kunz, ihr Bürgermeisterkandidat Benedikt Kaufmann wäre aufgrund seines professionellen Hintergrunds – der Jurist leitet das Bauamt im Landratsamt Würzburg – prädestiniert für das Amt eines stellvertretenden Bürgermeisters und habe bei der Stadtratswahl viele Stimmen (4737) erhalten.
Im nächsten Atemzug folgte die Überraschung: Kunz bedauerte, die Freien Wähler hätten sich mehr Souveränität der Beteiligten bei der Wahl der zweiten Bürgermeisterin gewünscht. Es gehe darum, den Wählerwillen umzusetzen. Mit einer weiteren Kampfabstimmung würde der Stadtrat in Zeiten der Politikverdrossenheit ein falsches Signal setzen. Er wolle verhindern, dass die – nach der CSU – beiden stärksten Fraktionen gegeneinander ausgespielt werden. Die Freien Wähler haben sechs Sitze, die Grünen eigentlich fünf, doch mit Janik Havla (Die Partei) ebenfalls sechs. Um Geschlossenheit zu demonstrieren, trete Benedikt Kaufmann von einer möglichen Kandidatur zurück.
Bürgermeister Michael Hombach intervenierte kurz und erinnerte an die Stellvertreterwahl im Kreistag: "Die Wahlen in diesem Gremium haben nichts mit vorangegangenen Wahlen zu tun." Armin Beck erinnerte an Anja Baiers gutes Wahlergebnis (5916): "Die Karlstadter wollen sie haben." Er bitte um ein klares Signal. "Das ist die Chance zu einer gewissen Einigkeit." Anja Baier erhielt 23 Ja-Stimmen, eine ungültige und eine Nein-Stimme.
Einstimmige Beschlüsse
In der konstituierenden Sitzung in der Gambacher Musikhalle, die auch etliche Zuhörer verfolgten, wurden alle weiteren Beschlüsse einstimmig gefasst, auch mit denen von Janik Havla. Der eiferte also nicht etwa seinem "großen Bruder" Martin Sonneborn nach, der im Europaparlament grundsätzlich abwechselnd mit Ja und Nein stimmt.

Viele Themen werden zunächst nicht im gesamten Stadtrat, sondern in einem Ausschuss beraten, dem in der Regel nur neun Stadträte angehören. Die bisher sieben Ausschüsse werden auf fünf reduziert. Es gibt keinen eigenen Finanz- und Controllingausschuss mehr. Der "fusioniert" zum Finanz-, Personal- und Controllingausschuss. Und es gibt keinen eigenen Gesundheits-, Integrations-, Sozial- und Seniorenausschuss mehr. Dessen Themen behandelt ab sofort der Bildungs-, Ehrenamts-, Gesundheits- und Sozialausschuss. In den Ausschüssen hat die CSU drei Sitze, die Grünen (mit Die Partei) zwei, die SPD zwei und die Freien Wähler zwei.
Dem Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss als wichtigstem Ausschuss gehören an: Florian Burkard, Theo Dittmaier und Eugen Köhler von der CSU, Armin Beck und Horst Wittstadt von den Grünen, Martha Bolkart-Mühlrath und Stefan Rümmer von der SPD sowie Edgar Ehrenfels und Benedikt Kaufmann von den Freien Wählern.

Festgelegt wurden in der Sitzung auch die Bezüge der Bürgermeister. Unter anderem in Anlehnung an die Einwohnerzahl von 14 998 Personen zum 30. Juni 2019 erhält Bürgermeister Michael Hombach monatlich 8635 Euro und einmal im Jahr 5837 Euro. Seine Stellvertreterin Martha Bolkart-Mühlrath bekommt 900 Euro und die dritte Bürgermeisterin Anja Baier 500 Euro monatlich als Entschädigung.
Die Stadträte beschlossen einstimmig, sich entgegen der Empfehlung des Innenministeriums auch in Coronazeiten im Plenum zu treffen. Hombach: "Wir haben viele weitreichende Entscheidungen zu treffen."