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Karlstadt: Karlstadter Polizeichef geht in den Ruhestand: Herr Miebach, ist die Polizeiarbeit heute schwieriger denn je?

Karlstadt

Karlstadter Polizeichef geht in den Ruhestand: Herr Miebach, ist die Polizeiarbeit heute schwieriger denn je?

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    Polizeihauptkommissar Thomas Miebach geht am 25. Oktober in den Ruhestand. Er leitete fast 20 Jahre lang die Polizeiinspektion in Karlstadt.
    Polizeihauptkommissar Thomas Miebach geht am 25. Oktober in den Ruhestand. Er leitete fast 20 Jahre lang die Polizeiinspektion in Karlstadt. Foto: Stefanie Koßner

    Ausgelassene Feste, die Corona-Pandemie und viele Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen: Als Leiter der Polizeiinspektion Karlstadt hat Thomas Miebach einiges miterlebt. Nach fast 20 Jahren in Main-Spessart und 42 Jahren im Polizeidienst geht der 61-jährige Polizeihauptkommissar am 25. Oktober offiziell in den Ruhestand. Seine Nachfolgerin wird Polizeioberkommissarin Simone Schatz

    Miebach hat seine Ausbildung 1980 begonnen. "Es war Liebe auf den ersten Blick", beschreibt er die Entscheidung für den Polizeidienst. Danach arbeitete der gebürtige Würzburger unter anderem in den Dienststellen Würzburg West, Ost und Land, er bildete Polizeianwärterinnen und -anwärter im mittleren und gehobenen Dienst aus und baute eine Sondereinheit zur Bekämpfung von Straßenkriminalität mit auf. 2003 kam er dann nach Karlstadt.

    Im Interview spricht Miebach über besonders schöne, aber auch schwere Momente in seiner Laufbahn, die Veränderung der Polizeiarbeit mit neuen Herausforderungen und Chancen – und die Feierlust der Main-Spessarter.

    Frage: War Ihnen schon immer klar, dass Sie einmal Polizist werden wollen?

    Thomas Miebach: Als ich im Oktober 1980 mit meiner Ausbildung begonnen habe, war das für mich eine Alternative zum Grundwehrdienst bei der Bundeswehr – die dazu noch besser bezahlt wird. Ich habe mich dann für den Direkteinstieg im gehobenen Dienst entschieden, meine erste Station war die Wache in der Zellerau in Würzburg. Dort habe ich mich in den Beruf verliebt. Ich habe gesehen: Hier hat man mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu tun und kann etwas bewegen.

    Was sind die Grundvoraussetzungen, die ein Polizist oder eine Polizistin mitbringen sollte?

    Miebach: Wer bei uns anfängt, muss Menschen mögen, mit ihnen umgehen können und darf keine Angst vor Veränderungen haben. Selbst in meinem letzten Dienstjahr bin ich noch mit Situationen konfrontiert worden, die mir neu waren. Das ist aber genau das, was den Beruf so interessant macht.

    Und trotzdem sucht die bayerische Polizei händeringend nach Nachwuchs . . .

    Miebach: Um schon Jugendlichen einen echten Einblick in unsere Arbeit zu ermöglichen, bieten wir seit 2009 in Karlstadt Schülerpraktika an. Mit dem "Tatort" oder "Navi CIS" hat das nämlich nicht viel zu tun – was aber nicht heißt, dass es bei uns weniger abwechslungsreich und spannend ist (lacht). So beschäftigen wir uns etwa auch mit Cyber-Crime und Auto-Tuning. Es ist ein genialer Beruf mit super Chancen. Karlstadt ist zum Beispiel die Dienststelle in Unterfranken mit dem höchsten Frauenanteil. Wir haben viele junge Kollegen und Teilzeitkräfte – Frauen wie Männer.

    Thomas Miebach im Hof der Karlstadter Dienststelle mit den beiden neuesten Polizeiwagen. 
    Thomas Miebach im Hof der Karlstadter Dienststelle mit den beiden neuesten Polizeiwagen.  Foto: Stefanie Koßner

    Sie waren über 40 Jahre lang Polizist: Wie hat sich das Berufsbild und auch die Arbeit der Polizei in dieser Zeit verändert?

    Miebach: Wer so lange dabei ist wie ich, der empfindet die Veränderungen durchaus als groß. Ich bin in meiner Grundausbildung noch am Maschinengewehr und im Handgranatenwerfen ausgebildet worden, weil die Polizei – besonders die bayerische Bereitschaftspolizei – nach dem Krieg quasi eine paramilitärische Einrichtung war. Und das noch bis in die 1980er Jahre hinein. Erst danach wurde die Polizei ziviler.

    Gab es weitere Entwicklungen?

    Miebach: Das Bild der "freundlichen Bürgerpolizei", die nicht groß mit Waffen wahrgenommen wurde, hat sich wieder mit den Terroranschlägen in Paris und Brüssel 2015 und 2016 geändert. Danach musste man viele Dinge neu überdenken und sich fragen: Wie reagiert die Polizei auf solche extrem durchgeknallten Täter, die mit erheblicher Waffengewalt auf Zivilbürger losgehen? Mittlerweile sind wir deshalb wieder ganz anders bewaffnet und haben regelmäßig spezielle Trainings. Außerdem hat sich der gesetzliche Rahmen verändert, die Polizei muss mittlerweile öfter die Erlaubnis eines Richters einholen – etwa bei Gewahrsamnahmen.

    "Der Polizeidienst wird in Zukunft auf jeden Fall anspruchsvoll."

    Thomas Miebach, scheidender Leiter der Polizeiinspektion Karlstadt

    Zwei Jahre mit Corona-Beschränkungen und jetzt die Energiekrise: Wir leben in schwierigen Zeiten. Ist auch Ihre Arbeit dadurch herausfordernder geworden?

    Miebach: Ja, aber nicht nur durch die aktuellen Krisen, sondern durch eine allgemeine Entwicklung hin zur Individualgesellschaft. Wir merken, dass viele Menschen weniger einsichtig sind – und zwar in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen. Das beginnt schon bei den Elterntaxis vor den Schulen. Aber auch Attacken gegen Einsatzkräfte nehmen zu. Heute mischen sich oft auch Unbeteiligte in Auseinandersetzungen ein, ohne den Anlass der polizeilichen Maßnahme zu kennen. Das macht es für die Kollegen sehr schwierig und gefährlich. So wie kürzlich beim Vorfall in Alzenau, bei dem eine Streife massiv attackiert wurde.

    Würden Sie sagen, dass es die Polizei heutzutage so schwer hat wie noch nie?

    Miebach: Corona oder jetzt der Krieg in der Ukraine sind zusätzliche Herausforderungen für die Gesellschaft, die dazu führen können, dass die Haut der uns anvertrauten Mitbürger dünner wird. Wir haben den Kollegen deshalb mitgegeben: "Bleibt ruhig, wenn die Leute ausflippen! Die haben zum Teil massive Sorgen." Meine Truppe hat sich aber sehr gut während der Corona-Extremphase geschlagen, es gab kaum Beschwerden. Jedoch wird auch die Energiekrise sicher Auswirkungen auf die Arbeit der Polizei haben: Ich könnte mir vorstellen, dass die Zahl der Diebstähle zunimmt, weil sich die Leute das nehmen, was sie sich nicht mehr leisten können. Der Polizeidienst wird in Zukunft auf jeden Fall anspruchsvoll.

    Was waren in Ihren 19,5 Jahren in Karlstadt Momente, an die Sie sich gerne erinnern?

    Miebach: Da fällt mir zum Beispiel das "The Bosshoss"-Konzert 2012 in Arnstein mit 25.000 Menschen ein. Da alle mit ihren Fahrzeugen sicher auf die Wiese und wieder herunterzubringen, war schon eine Herausforderung. Bei mir sind aber vor allem sehr viele Begegnungen mit Menschen hängengeblieben, etwa mit anderen Einsatzkräften von Feuerwehren, THW oder Rettungsdiensten. Wir wussten da immer: Wir können uns aufeinander verlassen.

    Wie haben Sie die Menschen im Landkreis Main-Spessart in all den Jahren erlebt?

    Miebach: Feiertechnisch ist der Landkreis Main-Spessart wirklich etwas Besonderes. Es ist Wahnsinn, was hier abgeht. Fasching toppt das Ganze dann noch einmal. Da hab ich mich natürlich zunächst unbeliebt gemacht, als ich ab 2004 dem Thema Jugendschutz auf Veranstaltungen, etwa mit einem Ordnungsdienst, wieder mehr Bedeutung verschaffen wollte. Mittlerweile hat sich das aber etabliert. 

    Auf was freuen Sie sich jetzt im Ruhestand?

    Miebach: Ich reise sehr gerne, war mit Bekannten schon in 40 Ländern. Dazu halten mich meine vier Enkel auf Trab. Langweilig wird mir also sicher nicht (lacht).

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