Eine bunte Fantasiestadt bauten Gemündener Grundschüler. Dabei ließen sich die Erst- bis Viertklässler von den Kunstwerken des österreichischen Künstlers, Architekten und Umweltschützer Friedensreich Hundertwasser inspirieren.
Fundstücke aus 15 Tonnen Beton
Vor zwei Monaten tummelten sich auf der Lindenwiese große und kleine Künstler, um aus den dort abgekippten 15 Tonnen Betonbrocken von der maroden Mainbrücke einige, für ihre Zwecke geeigneten Teile zu finden. Daraus sollten nach Wunsch des Stadtmarketingvereins in Zusammenarbeit mit der Tourist-Information der Stadt Gemünden individuell gestaltete Kunstwerke entstehen, die in einem Wettbewerb prämiert werden sollen.
Die Kinder der Gemündener Grundschule waren ebenfalls unter den mit Hammer und Arbeitshandschuhen ausgerüsteten „Brückenspechten“ und sicherten sich ihren Anteil. Dieser Tage präsentierten sie ihr Kunstwerk in der Aula der Grundschule. Es ist eine im Stil des Künstlers Friedensreich Hundertwasser geschaffene, bunte Fantasiestadt an den Ufern eines Flusses. Für die Brücke über das Wasser und andere Stellen in der Darstellung wurden bunt bemalte Steine der Mainbrücke verwendet.
Traumwelt um einen Fluss
So ist um den Fluss eine ganze Landschaft entstanden, eine Traumwelt, die viel Raum für Interpretationen lässt. Ganz im Sinne Hundertwassers: „Wenn einer allein träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, ist das der Anfang einer neuen Wirklichkeit.“
Mit viel Liebe zum Detail sind die einzelnen Bauwerke gestaltet und Vieles entdeckt der Betrachter erst bei genauerem Hinsehen. Etwa die eingezäunte Terrasse mit dem Bewohner auf der Liege, der das Fernsehprogramm genießt, während zu seinen Füßen der Hund auf der Decke ein Schläfchen hält. Natürlich sind auf einigen Dächern Photovoltaikanlagen zu finden.
Denkanstoß und Modell für künftige Bauten
Im „Regierungsviertel“ haben die jungen Einwohner der Dreiflüssestadt schon realisiert, wie sie sich das Rathaus mit Parkhaus samt „Bürgermeisterresidenz“ der Zukunft vorstellen. Schulleiterin Anne-Dorothee Kade empfahl deshalb augenzwinkernd, das Kunstwerk als Denkanstoß und Modell für künftige Baugebiete der Stadt Gemünden zu sehen. Schließlich sei der dargestellte Fluss der Main.
Im Gegensatz zu realen Bauvorhaben hielten sich allerdings die Aufwendungen für den Städtebau der Grundschüler in Grenzen. Es genügten Betonreste, Leim, Karton, alte Christbaumkugeln und bunte Farbe. Letztere fand sich bei manchen Baumeistern teilweise auch auf Hemd und Hose wieder, wie die Künstler auf Nachfrage bestätigten.
Während die Dritt- und Viertklässler für die Gebäude zuständig waren, sorgten die ersten und zweiten Klassen für die Dekoration und das Umfeld, ebenfalls unter Einbindung des Ursprungsmaterials aus dem Brückenabbruch. So zieren die für Hundertwasser, dem Gegner alles Geraden und jeder Standardisierung, die typischen, geschwungenen farbigen Linien die Dekoration über und neben dem Projekt. Auch die Steine der „Gemündener Hundertwasserbrücke“ über den Main sind mit solchen Ornamenten bemalt.
Schwierige Aufgabe für die Kleinen
„Es war gar nicht so einfach für die Kleinen, den Abstand zwischen den Farbstreifen so zu halten, dass die Farben nicht ineinanderfließen“, betonte Klassenlehrerin Alexandra Kussius, die zusammen mit ihren Kolleginnen und den Schülern viel Spaß an der originellen Aktion hatte.
Jasna Blaic, Kulturamtschefin und Leiterin der Tourist-Info, war sehr angetan von dem Kunstwerk der Grundschüler. Sie kündigte an, dass die aus grauen Steinen entstandene bunte Hundertwasser-Siedlung zusammen mit den Werken der weiteren Teilnehmer des Wettbewerbs in der „Nacht der Kunst“, am 8. September, der Gemündener Öffentlichkeit vorgestellt wird. Dann können die Betrachter per Stimmkarte den Sieger des Wettbewerbs küren.