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Kipptester gegen Rüttelprobe am Grabstein

Karlstadt

Kipptester gegen Rüttelprobe am Grabstein

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    Einmal im Jahr, so Sabine Zabl, Leiterin der Ordnungsamtes der Stadt Karlstadt, muss aus versicherungsrechtlichen Gründen die Standsicherheit der Grabsteine überprüft werden. Tragische Unglücke gibt es immer wieder. Vor einigen Jahren erschlug im Laudenbacher Friedhof ein umkippender Grabstein ein Kind.

    Wie fest muss ein Grabstein stehen? Die Antwort steht in der Unfallverhütungsvorschrift VSG 4.7 Friedhöfe und Krematorien der Gartenbauberufsgenossenschaft: Ein Grabstein, der höher als 70 Zentimeter ist, muss einer Prüfkraft von 500 Newton, was einem Gewicht von 50 Kilogramm entspricht, standhalten. Niedrigere Steine dürfen sich von 300 Newton nicht beeindrucken lassen. Da Grabmale der Witterung und anderen Einwirkungen ausgesetzt sind, schreibt der Gesetzgeber ein jährliche Prüfung vor. Zweckmäßigerweise erfolgt diese nach der Frostperiode, aber vor dem Osterfest, damit Angehörigen Zeit zum Schmücken der Gräber bleibt.

    Bislang wendete die Stadt Karlstadt mit zwei Mann des städtischen Bauhofs die "Rüttelprobe" an. Eine reine Sichtprüfung erklärte der Bundesgerichtshof 1971 für nicht ausreichend.

    Manche Hinterbliebene schimpften, wenn nach dem Rütteln der Grabstein wirklich wackelte. Mancher kam der dringenden Aufforderung der Stadt, den Stein befestigen zu lassen, nicht nach. Einmal wurde die Stadt sogar auf Kostenübernahme der Instandsetzungsarbeiten verklagt, was das Landgericht Würzburg aber abwies.

    Da das Überprüfungsergebnis von den Grabinhabern häufig angezweifelt wurde, hat die Stadt nun ein Prüfgerät gekauft. Mit dem für 1500 Euro erworbenen Kipptester wird die Standfestigkeit der Grabsteine genau nach Vorschrift nachvollziehbar überprüft. Statt unberechenbarer Manneskraft kommt neutrale Technik zum Einsatz. Der Kipptester ist als Messinstrument kalibriert. Er wird von zwei Personen oben, bei sehr hohen Grabsteinen in 1,2 Metern Höhe, gleichmäßig gegen den Grabstein gedrückt. Wenn die Kraft von 500 Newton erreicht ist, gibt der Tester einen Piepton von sich. Für kleinere Grabsteine bis 70 Zentimeter Höhe befindet sich ein zweiter, auf 300 Newton eingestellter Kipptester im schwarzen Koffer.

    Sofern das Ergebnis "und er bewegt sich doch" lautet, kleben die Bauhof-Mitarbeiter einen gelben Hinweiszettel an den wackelnden Grabstein. Zusätzlich weist die Stadt den Nutzungsberechtigten schriftlich auf die Gefahr hin und bittet um eine Instandsetzung innerhalb von vier Wochen.

    Grundsätzlich sollten die Arbeiten von Steinmetzbetrieben ausgeführt werden. Die Grabsteine müssen verbolzt sein. Die Stadt weist ausdrücklich darauf hin, dass nun die Grabsteininhaber für alle Schäden, die durch umstürzende Steine entstehen, alleine haften.

    Ist ein Grabmal so locker, dass akute Umsturzgefahr besteht, müssen die Männer den Stein sorfort umlegen.

    Insgesamt überprüften die beiden Männer vom Baufhof über 2500 Grabsteine, 150 davon waren lose, bei manchen drohten eingelassene Steinplatten heraus zu fallen.

    Am ersten Tag im Karlstadter Ostfriedhof waren sie von den Prüfungsergebnissen verblüfft: Gleich sechs Grabsteine waren so lose, dass sie aus Sicherheitsgründen umgelegt werden mussten. Den aus statischer Sicht besten Friedhof hat Gambach.

    Den ganzen Tag kräftig gegen Grabsteine zu drücken ist kein leichter Job, für 500 Newton muss sich ein Mann alleine kräftig ins Zeug legen. Deshalb kann der Kipptester dank vier einschraubbarer Griffe auch zu zweit ansetzt werden. Trotzdem spüren die Arbeiter am Abend ihre Knochen. Die Kommentare der Friedhofsbesucher waren nicht immer freundlich, Zweifler überzeugte aber das Beobachten der Prüfung.

    Die Stadt wird als Friedhofsträger die beanstandeten Grabmale aus Haftungsgründen nach der vierwöchigen Frist nochmals kontrollieren.

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