Sie heißt zwar Pepsi vom Taubengarten, zählt aber nicht zu den gefiederten Freunden. Sie hat ein langes, weiches Fell und tollte bis vor wenigen Tagen noch im Zwinger von Willi Baunach vergnügt mit Mutter und sieben Geschwistern herum. Pepsi ist ein echter deutscher Wolfsspitz. Und: Sie kann nicht nur bellen, sondern in anderthalb Jahren auch Leben retten. Pepsi wird demnächst zum Diabetes-Hund ausgebildet, auch Hypo-Hund genannt.
Diabetes-Spürhunde weichen kaum von der Seite ihres Besitzers und schlagen mit der Pfote Alarm, wenn eine Unterzuckerung droht – oft lange bevor der Erkrankte selbst erste Anzeichen bemerkt. Ihr Preis nach der mehr als anderthalbjährigen Ausbildung liegt im fünfstelligen Bereich.
„Spitze sind besonders als Hypo-Hund geeignet“, schildert Willi Baunach. „Sie haben eine spitze Schnauze, deshalb verfügen sie über einen besonders ausgeprägten Geruchssinn.“ Spitze haben keinen Jagdtrieb mehr und seien deshalb sehr auf den Menschen fixiert, fährt der 59-Jährige fort.
Seine Pepsi wurde getestet und schnitt von allen ihren Geschwistern als Beste ab. Nach ihrer Ausbildung in einer speziellen Hundeschule in Schleswig-Holstein bekommt sie ein neues Frauchen. Die jugendliche Tochter einer Familie aus Witten in Nordrhein-Westfalen leidet unter starker Diabetes. Pepsi soll sie – besonders nachts – vor einer drohenden Unterzuckerung und den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken warnen.
Am T-Shirt schnüffeln
Der erste Test für Pepsi – und für jeden anderen Hypo-Hund – lief folgendermaßen ab: Sie musste aus mehreren T-Shirts genau das herausfinden, das ihr Herrchen bei einer Unterzuckerung getragen hat. „Pepsi gibt im Alltag einfach eine unglaubliche Sicherheit und damit ein großes Stück Lebensqualität zurück“, sagt Baunach. Er weiß auch, dass Hunde, die zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden, ein stabiles Nervenkostüm haben sollten und stressresistent sein müssen. „Hunde eignen sich sehr gut dazu, Diabetiker zu unterstützen. Zum einen, weil sie in der Lage sind, Kommandos zu befolgen, und zum anderen, weil sie sehr feinfühlig auf sämtliche Signale reagieren.“
Diabetes-Warnhunde bringen ihren Besitzern bei drohendem Unterzucker Saft oder Traubenzucker sowie auch das Messgerät ans Bett. Trotzdem kann nicht jeder Hund ein Diabetes-Warnhund werden. Diabetes-Warnhunde müssen sehr gehorsam und freundlich sein. Hunde mit Eigenschaften wie aggressivem Verhalten oder der Jagdtrieb sind ungeeignet.
Worauf die Hunde beim Erkennen von Unterzuckerung eigentlich reagieren, ist bis heute nicht eindeutig erforscht worden. Untersuchungen haben ergeben, dass die Tiere Veränderungen im Geruch des Atems und des Schweißes der Diabetiker wahrnehmen. Eine Reaktion auf Muskelzuckungen, vor allem im Bereich der Augen, und weitere optische Anzeichen werden ebenfalls nicht ausgeschlossen.
Spitzzüchter seit 20 Jahren
Willi Baunach züchtet seit rund 20 Jahren schon Wolfsspitze. Begonnen hat er mit einem Welpen aus Erlenbach. Heute besitzt er zwei Hündinnen. Die ältere heißt Vicky vom Albuch, die andere Kira, stammt aus Tschechien und hat einen für unsere Zungen schier unaussprechlichen Namen. Den Rüden leiht er sich bei einem Besitzer aus Hettstadt. Baunach ist dem Züchterverband angeschlossen und hält sich streng an dessen Vorschriften. So darf eine Hündin nur einmal im Jahr einen zuchtfähigen Wurf zur Welt bringen, und das auch nur vom zweiten bis zum achten Lebensjahr.
Willi Baunach ist stolz auf alle seine Zuchterfolge. Allerdings freut er sich am meisten über Pepsi, denn die kann tatsächlich zum Lebensretter werden.
Hypoglykämie
In der Medizin bezeichnet man mit Hypoglykämie einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel bzw. zu niedrigen Glucoseanteil im Blut (umgangssprachlich auch Unterzucker). Die Symptomatik geht von Unruhe oder Heißhungerattacken über leicht verminderte Hirnleistung über Aggressivität bis hin zu Krampfanfällen oder Schock. Umgangssprachlich wird dies auch „Zuckerschock“ genannt.
Bei einer Unterzuckerung sinkt der Zuckergehalt im Körper so weit ab, dass die Funktionsfähigkeit der Zellen beeinträchtigt wird. Hypoglykämien können abhängig von ihrem Ausmaß und bei wiederholtem Auftreten zu Schäden am Gehirn bis hin zum Tode führen. Häufiger tritt der Tod jedoch nicht durch die Hypoglykämie selbst auf, sondern durch die Folgen des Kontrollverlustes, denn bei zunehmender Bewusstseinseintrübung kann es – ähnlich wie bei der Alkoholvergiftung – zu schweren Stürzen oder Verkehrsunfällen kommen; durch Aspiration aufgrund fehlender Schutzreflexe kann der Betroffene zudem ersticken. Quelle: Wikipedia