In Sichtweite von Wertheim Village und Expocamp verbirgt sich im Wald bei Dertingen der Kletterpark Silvestria. Zwei Jahre alt ist der Waldseilgarten. Die Betreiber haben unlängst ihren neuen Sportparcours eingeweiht. Mit 15 Metern ist er deutlich höher als die übrigen sieben Parcours. Wer sich dort hinaufwagt, sollte fit und schwindelfrei sein. Denn schon die anderen Parcours haben es in sich.
Ich sause einem großen Baum entgegen. Etwas zu schnell für meinen Geschmack. Bremsen! Stephan Heim hat doch gesagt, wenn man am Karabiner zieht, kann man bremsen! Ich zerre an einem der Seile, mit denen ich am Klettergurt hänge und eine Seilrutsche hinunter flitze – den „Flying Fox“. Was ist nun mit bremsen? Viel langsamer werde ich nicht. Dafür drehe ich mich um die eigene Achse wie eine Discokugel. Hintern voran gegen den gottlob dick gepolsterten Baum krachen? Das wäre peinlich. Ich absolviere gerade den orangefarbenen Parcours – den für Anfänger.
Da gelingt mir eine weitere Pirouette und eine fast saubere Landung. Hinter mir startet Trainer Stephan Heim grinsend zu einer etwas routinierteren Fahrt mit dem Flying Fox. Weil ich noch nie in einem Hochseilgarten war, begleitet er meine ersten Schritte hoch über dem Waldboden. Eigentlich bin ich gar nicht so hoch oben. Ein paar Meter Luft unter den Sohlen, mehr sind es nicht in dem leichten Parcours. Die lange Hängebrücke, die ich von meinem Standpunkt aus sehen kann, die ist hoch.
Sie gehört zum neuen Sportparcours, der Mitte August eröffnet wurde. Gerd und Marlene Baierl, die den Park betreiben, wollten ambitionierten Kletterern eine Herausforderung bieten. Und so ist eine kraftraubende Kletterstrecke entstanden, die in 15 Metern Höhe durch die Baumkronen führt. Natürlich will auch ich über diese Hängebrücke turnen. Zweifach gesichert, so wie es sich gehört, erklimme ich die Sprossenleiter und stehe bald oben am Beginn der 30 Meter langen Brücke.
Alles wackelt
Das Perfide an einem Hochseilgarten ist, dass fast alles wackelt. Es wackelt auch die Brücke, die noch dazu aus weit voneinander entfernten Sprossen besteht. Von unten schaut mir Gerd Baierl zu, wie ich mich zum anderen Ende der Brücke hangele. Dort wird von mir doch tatsächlich erwartet, mich an einzeln vom Drahtseil hängenden Autoreifen zur nächsten Plattform zu schwingen. Weil ich den Muskelkater des folgenden Tages jetzt schon ahne, überlasse ich die Planet-der-Affen-Nummer der sportlichen Nicole Müller, die den Parcours mit konzipiert hat.
Ihn darf nur begehen, wer mindestens 15 Jahre alt und 1,50 Meter groß ist. Alle anderen Parcours, erklärt Gerd Baierl, können auch von Kindern ab sieben Jahren unter Aufsicht der Eltern bewältigt werden. Da sehe ich sie auch schon überall herumkraxeln, die kleinen Gäste mit ihren roten Kletterhelmen. Geschickt sind die! Da wird doch wohl mir mit meinen 1,77 Metern auch eine elegante Vorstellung gelingen. Leider habe ich als nächstes eine Übung vor mir, bei der ich eine schwankende Sprosse in Schwung versetzen muss, um die nächste zu erwischen. Ich schwinge, nichts tut sich. Stephan Heim hinter mir schmunzelt schon. „Das ist eine ziemlich gemeine Übung.“ Das sagt er mir jetzt, wenn ich festhänge wie eine Fliege im Spinnennetz und mich fühle wie in einem Kettenkarussell bei Stromausfall. Weil ich im Hochseilgarten nicht übernachten will, muss ich mir was einfallen lassen. Ich angle mit dem Fuß nach der nächsten Sprosse. Spagat habe ich schon seit 30 Jahren nicht mehr gemacht – aua.
10 000 Kletterer pro Jahr
Drei Stunden lang kann man sich für den Eintrittspreis von 20 Euro für Erwachsene im Kletterpark vergnügen. Mehr, stelle ich schwitzend fest, würde auch schwierig werden. Gerd Baierl und seine Frau stammen aus dem Allgäu. Mit ihrem Partner Matthias Stopper haben sie den etwa 1,5 Hektar großen Kletterpark im Jahr 2009 geschaffen. Bisher seien jedes Jahr an die 10 000 Kletterer gekommen, sagt Gerd Baierl. Häufig melden sich Gruppen und Schulklassen an, aber auch Familien kommen gern. Bis zu 100 Personen auf einmal können sich durch die Bäume schwingen. Nach einer gründlichen Einweisung durch die Trainer kann man sich dann den schwankenden Seilen anvertrauen, durch Holztonnen krauchen und sich mit den hinterhältigen Konstruktionen auseinandersetzen, die es zu überwinden gilt. Sollten mal einen Kletterer die Nerven verlassen, so kann er an jeder Stelle des Kletterparks mittels eines Rettungssackes aus seiner misslichen Lage befreit werden. Die Trainer sind in solchen Dingen ausgebildet.
Bei der Anlage des Kletterparks haben die Betreiber auf die Schonung der Bäume Wert gelegt. „Nichts ist gebohrt“, erklärt Gerd Baierl. Alle zwei Jahre nimmt der TÜV die Anlage ab. Den Sportparcours empfiehlt Gerd Baierl nur konditionsstarken Kletterern. Ohne Kraft, Geschick und Technik geht es nicht. Für nächstes Jahr allerdings will Baierl das genaue Gegenteil in Angriff nehmen: Einen Schnupperparcours knapp über dem Boden für Menschen mit Höhenangst.
Geöffnet ist der Kletterpark täglich ab 10 Uhr, letzter Einlass zum Klettern 16.30 Uhr. Anmeldung für Gruppen unter Tel. (01 73) 6 91 29 16. Informationen im Internet unter www.silvestria-waldseilgarten.de
Erreicht wird der Kletterpark am Almosenberg Wertheim über eine Straße, die direkt vor dem Expocamp rechts abzweigt.