„Wir müssen auf die Pauke hauen!“, forderte der Karlstadter Stadtrat Manfred Goldkuhle im Sozialausschuss des Karlstadter Stadtrats. Thema war das Krankenhaus. „Hier wird hervorragende Arbeit geleistet“, sagte dritte Bürgermeisterin Anja Baier, „und unsere Aufgabe ist es, den Status Quo in Karlstadt zu halten, bis das Zentralkrankenhaus in Lohr fertig ist.“
Nachdem die Karlstadter Klinik im Aufwind war und bessere Zahlen geschrieben hat, gehen diese derzeit zurück. Ärzte sehen als Hauptgrund die Verwaltung, die das Krankenhaus blockiere. Der Kardiologe Dr. Michael Dobler sieht es so, „dass die Verwaltung die chirurgische Versorgung in Karlstadt zurückfährt“. Das habe man auch im Namen aller Beleg- und Allgemeinärzte im Raum Karlstadt der Verwaltung so mitgeteilt.
Nur noch zu zweit
Nach 18 Uhr und an Wochenenden wird in Karlstadt nicht mehr operiert. Bis zur Erkrankung von Dr. Siegbert Vogel konnte auch abends und an Wochenenden operiert werden, weil sich drei Chirurgen den Hintergrunddienst teilten. Doch ohne dritten Mann können Dr. Armin Döring und Dr. Andreas Luther an 365 Tagen im Jahr den Hintergrunddienst nicht mehr leisten.
Nun ist mit Dr. Michael Schneider seit Anfang November zwar wieder ein dritter Chirurg in Karlstadt, doch ändert das nichts, weil er bisher keinen Belegarztvertrag bekommen hat. Beobachter fürchten, dass er ihn auch nicht kriegen wird. Belegarzt bedeutet, dass ein Arzt neben seiner Praxis auch im Krankenhaus arbeitet und hier Betten mit Patienten belegt.
Warum handelt die Verwaltung so? Eine Antwort könnte der neue Krankenhausreferent Dr. Gregor Bett, Nachfolger von Hans-Peter Quindeau, geben. Doch er lässt ausrichten, dass er derzeit nicht zu einem Gespräch mit der Presse bereit ist, und stellt einen Termin Mitte Januar in Aussicht.
Landrat Thomas Schiebel sagt, er könne nicht öffentlich über vertragliche Dinge sprechen. Er sehe aber in dem veränderten Hintergrunddienst nicht die Ursache für den Rückgang der Zahlen.
Einen Notdienst gibt es im Karlstadter Krankenhaus nach wie vor rund um die Uhr. Dafür stehen Assistenzärzte bereit. Diese operieren aber nicht. Schiebel sagt, abends und an den Wochenenden hätten nie viele Operationen stattgefunden. Können Sanitäter aber absehen, dass eine Operation wahrscheinlich ist, so bringen sie die Patienten abends und am Wochenende nach Lohr.
Ohne Belegarztvertrag kann Schneider keine größeren Operationen machen, für die er die Anbindung ans Krankenhaus bräuchte, etwa für Endoprothesen. Der Anästhesist Christian Baier, der auch leitender Belegarzt ist, nennt andere Beispiele: Internisten können ohne Krankenhaus keine Endoskopien machen oder Herzschrittmacher implantieren. Damit werde für diese der Standort uninteressanter – wirtschaftlich, aber auch der eigenen Arbeitszufriedenheit wegen.
Döring und Luther hatten in Karlstadt die Praxis „Main-Saale-Chirurgie“ am Schnellertor eröffnet im Glauben an eine gedeihliche, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Karlstadter Krankenhaus. Die Belegung und damit der wirtschaftliche Erfolg des Karlstadter Krankenhauses gingen auch spürbar nach oben. Inzwischen jedoch werden am Wochenende häufig zwei Stationen zu einer zusammengefasst.
Anästhesisten haben gekündigt
Mit der Entscheidung für ein Zentralklinikum in Lohr hat sich die Perspektive für die beiden Chirurgen völlig verändert. Daher die neue, zweite Praxis in Hammelburg. Die fehlende wirtschaftliche Sicherheit in Karlstadt ist auch der Grund für die Kündigung von Christian Baier und Dr. Peter Lübke. Wenn sie nicht mehr da sind, werden voraussichtlich Anästhesisten aus Lohr deren Aufgabe in Karlstadt übernehmen.
Am 24. November soll das Büro Oberender und Partner, Unternehmensberatung im Gesundheitswesen, Bayreuth und München, in einer nichtöffentlichen Sitzung des Werkausschusses des MSP-Kreistags das medizinische Nachnutzungskonzept für das Krankenhaus Karlstadt vorstellen.