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ARNSTEIN: Leben zwischen Moderne und Vergangenheit

ARNSTEIN

Leben zwischen Moderne und Vergangenheit

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    Die originalgetreu erneuerte Wandfarben machten einige Mühe. Bis zu 20 alte Schichten wurden zuvor freigelegt.
    Die originalgetreu erneuerte Wandfarben machten einige Mühe. Bis zu 20 alte Schichten wurden zuvor freigelegt. Foto: Foto: Günter Roth

    Claudia und Stephan Illsinger wollten eigentlich schon immer einen besonderen Wohnsitz: einen Bauernhof oder ein kleines Landgut zum Beispiel. Dass es letztlich eine Burg und das wahrscheinlich älteste Bauwerk Arnsteins werden sollte, hätten sich die beiden um die Jahrtausendwende nicht träumen lassen. Seit 2005 arbeiten sie in fast jeder freien Minute in dem Bauwerk und wohnen mit jedem Baufortschritt etwas länger in ihrer Burg.

    Nun, nach über 13-jähriger Bauzeit haben die Burgherren zu einer kleinen Besichtigungstour eingeladen. Schon beim Kaffee im großen Saal des ersten Stockwerks sieht der Besucher, dass hier Fachleute in Bezug auf Bau, Geschichte und Ästhetik am Werk sind. „Wir haben uns durchgängig bemüht, die alte historische Substanz und moderne Stile miteinander zu verbinden“, sagt Claudia. So stehen eine moderne Couchgarnitur neben einer antiken Ritterrüstung und im Hintergrund an der Wand hängt ein eindrucksvolles expressionistisches Gemälde. Und es passt alles hervorragend zusammen, sogar die Leiter im Nebenzimmer, die signalisiert „wir sind noch nicht ganz fertig!“.

    Überall in den bislang restaurierten Räumen haben die Illsingers weitgehend selbst Hand angelegt. Stephan hat jahrelange Erfahrungen in der Immobilienbranche gesammelt und ist mit den jeweiligen Aufgaben bestens vertraut. So haben sich das Paar und gelegentlich auch ihre erwachsenen Kinder, ein Sohn und eine Tochter, „langsam und Stück für Stück durch das Haus gearbeitet“. Zahlreiche Kämpfe gab es mit den Denkmalschutzbehörden auszufechten. Vieles haben sie eigenständig bewältigt, nur die wirklich großen Gewerke wurden Fachfirmen übergeben.

    In der ersten Zeit konnten nur vier Zimmer genutzt werden, und die Burgherrin erinnert sich, dass einige Zeit sogar ein kleiner Bagger in der Küche stand. Unglaublich viel Arbeit machten die Außenanlagen. Es mussten Mauern gefestigt, Bäume gerodet, die Pflanzen im Burgraben neu geordnet werden. Besonders stolz ist Stephan auf seinen nahezu fertiggestellten Barockgarten auf der Westseite. Es war keine zufällige Romanze, die erste Begegnung mit ihrem jetzigen Domizil. Vielmehr war der Immobilienfachmann Illsinger im Internet auf das Objekt gestoßen. Und war es wenigstens Liebe auf den ersten Blick? „Ja und nein“, sagt Claudia. „Die Burg hat uns sofort gefallen, aber sie war eben auch in einem wenig erfreulichen Zustand. Wir wussten sehr wohl sofort, dass da einiges auf uns zukommen würde.“

    Doch die Bausubstanz war insgesamt in Ordnung und 2005 war der Kauf perfekt. Die ehemalige Amtsburg der Familie Hutten und der Würzburger Fürstbischöfe sowie der spätere Sitz des Amts- und Landgerichts war in privater Hand. Besitzer war zuvor die Finanzverwaltung des Freistaats Bayern.

    Bei einem Rundgang zeigt der Hausherr den mittlerweile wunderschön und geschmackvoll restaurierten Westflügel der Burg und die originalgetreu erneuerten Wandmalereien, die in der Bibliothek unter 20 Farbschichten vom Denkmalschutz freigelegt wurden „Man hat damals immer einfach die alten Schichten übermalt. Andererseits wurde so im Laufe der Arbeit auch ein Stück der jeweiligen Geschichte sichtbar“, erklärt Stephan Illsinger. Schwierig war auch die Instandsetzung im Obergeschoss, wo Kriegsschäden beseitigt werden mussten.

    Wie aber lebt es sich in einer echten Burg? Klare Antwort: „Man muss es mögen, aber dann ist es traumhaft.“ Noch sind längst nicht alle notwendigen Arbeiten erledigt und hinter manchen Wänden oder Aufgängen taucht die eine oder andere Überraschung auf, doch man spürt schon jetzt deutlich: Hier wird Geschichte modern umgesetzt und somit plastisch und verständlich.

    In der Burganlage, in der 1632 der legendäre Schwedenkönig Gustav Adolf übernachtet hat, in der die bedeutende Familie der Hutten residierte und zuletzt das Fränkische, später das Bayerische Amtsgericht Recht gesprochen hat, lädt nun das Ehepaar Illsinger gerne Gäste für verschiedene Events in ihre Räume ein. Dort finden Hochzeiten, Jubiläen, Seminare oder künstlerische Veranstaltungen statt und füllen so das alte Haus mit neuem Leben.

    Wer sich darüber näher informieren will, kann dies auf der Homepage der Familie Illsinger tun: burg-arnstein.de

    Geschichte der Burg Arnstein 907: Ungarneinfall in den fränkischen Raum, möglicherweise der Auslöser für den Burgbau. 1225: erste urkundliche Erwähnung als Castrum Arnstein im Rahmen des Streits des Bistums Würzburg über das Eigentum an der Burg an der nördlichen Grenze des Bistums. 1333: Arnstein erhält Stadtrechte. 1381: Zur Finanzierung von Feldzügen des Bistums werden die Stadt und Burg an die Familie von Hutten zur Nutzung übertragen. 1440: In der Fries-Chronik festgehaltene Belagerung von Arnstein. Die Burg wurde nicht eingenommen. 1489: Bistum löst Stadt und Burg Arnstein bei der Familie von Hutten aus. 1519: Burganlage ist als Vierkantschloss mit Graben ausgebaut und vollendet. 1525: Bauernkrieg und Zerstörung der Anlage bis auf die Ursprungsgebäude, Graben und Kernmauern. 1544: Wiederaufbau der Burg durch Konrad von Bibra in der heutigen Form. 1600: Julius Echter integriert die Burg in die Stadtbefestigung. 1632: Während des 30-jährigen Krieges nächtigt Karl Gustav von Schweden in der Burg. Arnstein stirbt wegen der Pest bis auf 161 Einwohner (vormals fast 5000) aus. 1803: Burg Arnstein wird Sitz des fränkischen Landgerichts. 1879: Burg Arnstein wird Sitz der bayerischen Gerichtsbarkeit. 1945: schwere Schäden an der Burg von Panzergranaten. 1973: Durch Gerichtsreform verliert die Burg die in fast 750 Jahren ausgeübte Gerichtsbarkeit. 2005: Verkauf der Burg durch den Freistaat an Familie Illsinger. 2014: Denkmalschutzmedaille, die Burg wird als landschaftsprägendes Denkmal geführt. (Quelle: Fries-Chronik, ottmar Seuffert „Die Stadt Arnstein und der Werngrund“)

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