Wie haben Menschen vor über 200 Jahren im Spessart gelebt und wie haben sie sich gekleidet? Fragen wie diese beantwortet Museumspädagogin Karin Mähler in Erzählstunden für Kinder im Spessartmuseum. Im Jahr 2016 hat sie an einem Intensivkurs "Museumspädagogik" teilgenommen. Am Ende des Kurses musste sie sich ein eigenes Pädagogikkonzept überlegen und hat damit die Erzählstunden ins Leben gerufen.
Mit ihren ausgedachten Märchen und Geschichten bringt Mähler seitdem Kindern die Historie des Spessarts näher. Eine Erzählstunde beginnt dabei immer mit einer Geschichte und schafft damit den Einstieg in das jeweilige Thema. Im Anschluss gibt es dann eine Führung in der passenden Abteilung des Museums. "Mit Hilfe der Märchen entstehen bei den Kindern Bilder im Kopf. Das macht es leichter, ihnen die Geschichte zu vermitteln", erzählt Mähler.
»Das Spessartmuseum ist ja so etwas wie das kollektive Gedächtnis der Region«, so die Museumspädagogin. Eine Erzählung würde für die vielen Themen nicht ausreichen. In ihrem Märchenrepertoire hat Karin Mähler mehrere Geschichten. Inspiriert von den Ausstellungsstücken des Museums habe sich die 60-Jährige alle davon selbst ausgedacht. "Manche davon habe ich nicht einmal aufgeschrieben."
Zauberäpfel wollen geteilt sein
Bei der offenen Erzählstunde am Montag ging es um die Fürsten und deren absolute Macht vor einigen Jahrhunderten. Im Märchen der Weihnachtsäpfel findet eine arme, hilfsbereite Witwe aus Lohr auf dem Valentinusberg Äpfel mit heilender Wirkung. Sie verteilt sie unter den Kranken der Stadt, die daraufhin gesund werden. Als der Fürst von den Zauberäpfeln hört, möchte er sie alle für sich haben, um wieder jung und schön zu werden. Als seine Diener der armen Witwe die Äpfel abnehmen und dem Fürsten bringen, tritt bei ihm allerdings keine Wirkung ein. Die Heilkraft funktioniert eben nur, wenn man die Äpfel teilt. Bei der Erzählung lauschen die Kinder gespannt den lebhaften Worten von Karin Mähler. Die gebürtige Partensteinerin hat vor einigen Jahren bei der europäischen Märchengesellschaft ein Erzählseminar belegt.
Nach der Geschichte darf die neunjährige Nihan selbst einmal in das Gewand einer Prinzessin schlüpfen. Eine andere Besucherin probiert die Kleidung, wie sie Fürsten einst trugen. Mähler stellt auch ein Leinengewand vor, wie es einfache Leute zu dieser Zeit getragen haben. Anschließend geht es für die Gruppe in das Erthalzimmer des Schlosses, in dem Mähler über den Alltag der Menschen früher erzählt.
Eine Perücke, wie sie auch Nihan trägt, habe den einfachen Zweck gehabt, die Haare zu bedecken, weil sie nur extrem selten gewaschen wurden. Am Ende der Führung stellt Mähler Dinge des täglichen Gebrauchs vor: ein Spinnrad, wie man es zur Herstellung der Leinengewänder benötigte, und ein Bügeleisen können die Teilnehmer der Veranstaltung selbst einmal anfassen und ausprobieren.
Nihan hat die Führung und besonders die Geschichte sehr gut gefallen. Auch zuhause hat sie früher oft Märchen vorgelesen bekommen. Aber nicht nur für die Kinder war die Erzählstunde ein besonderes Erlebnis, ungefähr die Hälfte der Besucher waren Erwachsene.
Das ganze Jahr über kann man solche Erzählstunden bei Karin Mähler buchen. Die Geschichte und die Führung werden an die jeweilige Altersgruppe angepasst.