Auf unfassbar brutale Art greift ein Mann in Aschaffenburg wehrlose Kinder mit einem Messer an, tötet zwei Menschen, verletzt weitere schwer. Menschen hören es, reflexartig kommen Fragen, bei vielen zuerst diese: War es ein Ausländer? Ja. Dann greifen die Mechanismen aus Empörung und Schuldzuweisung – sowohl bei einfachen Bürgerinnen und Bürgern, vor allem aber auch in der Politik.
Es geht um härtere Migrationsgesetze, Politikversagen, wer welche Fehler gemacht hat. Es ist Bundestagswahlkampf, jeder hat jetzt eine Meinung und platziert sie noch lauter als sonst. In privaten Gesprächen fallen Sätze wie "Das ist Wasser auf die Mühlen der AfD" oder "Hätte es nicht ein Deutscher sein können?".
Verbalaktionismus ist Ausdruck von Überforderung
Es ist Ausdruck von Ohnmacht und Überforderung, dass Menschen mit diesem Verbalaktionismus reagieren. Diejenigen, die geflüchteten Menschen in Deutschland Schutz gewähren wollen, sind überzeugt, dass ihre Werte auch nach den jüngsten Taten in Magdeburg, Solingen und jetzt Aschaffenburg richtig sind. Diejenigen, die am liebsten alle Ausländer raus haben wollen aus Deutschland, sehen ihre Haltung durch die Tat bestätigt.

Das alles kennt man, kann es verstehen oder nicht. Aber es ist beschämend, dass wenige Stunden nach dem Tod zweier Menschen der politische und ja, auch der gesellschaftliche Missbrauch der Tat beginnt.
Kein gesunder Mensch, egal welcher Nationalität, egal welcher Partei, möchte, dass eine solche Tat passiert. Das und die Überforderung mit dem Geschehenen ist die Gemeinsamkeit, die wir als Gesellschaft beim Blick auf diese Tat noch haben. Es macht ratlos und traurig, dass wir es nicht schaffen, jetzt zuallererst Mitgefühl zu zeigen und zumindest für einen Moment den Opfern und ihren Familien mehr Raum zu geben als der Empörung, der Wut und der politischen Debatte.
Zwei Menschen sind gestorben, weitere schwer verletzt und traumatisiert durch die Tat eines einzelnen Täters. Denken wir an sie und ihre Familien und lassen wir zu, dass wir das nicht begreifen können.