Den Spagat zwischen großen Bühnen wie in Bayreuth oder vorigen Monat erst in Paris und London und den kleinen Sälen und Kirchen daheim im Spessart meistert Michael Albert. Der 45-jährige Gemündener möchte beides nicht missen. Michael Albert ist Mitgründer des Deutschen Kammerchores, der am Freitag, 27. April, in Lohr auftritt. Er singt bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth und leitet diverse Chöre im Landkreis, unter anderem das Frauenstimmenensemble Lohreley. Außerdem unterrichtet er an den Sing- und Musikschulen Gemünden und Lohr.
Der Gesang ist dem Gemündener in die Wiege gelegt, die in Neustadt/Aisch stand. Später in Gerolzhofen waren die Eltern im Laienbereich aktiv, Konzerte waren nicht unüblich. „Meine Eltern sind schuld, dass ich singe“, sagt Michael Albert mit einem Schmunzeln. Auf den Gesang zu Hause folgte der Windsbacher Knabenchor und auf ein Studium der Elektrotechnik schließlich das Musikstudium. Hätte er heute noch einmal die Möglichkeit, etwas anders zu machen, würde er zumindest für eine gewisse Zeit im Ausland studieren.
Bei Auftritten Kraft tanken
Solist, Gesanglehrer und Chorleiter – die Mischung macht's. Er könnte seinen Beruf als Lehrer nicht so ausführen, ist der 45-jährige Vater von drei Söhnen überzeugt, wenn er nicht die Möglichkeit hätte, bei seinen eigenen Auftritten Kraft zu tanken. Es sei ein Geben und Nehmen. Er möchte auch nicht nur unterwegs sein. Von Kollegen, die ständig auf Tournee sind, weiß er, dass sie sich einen großen Zettel mit dem jeweiligen Stadtnamen auf den Nachttisch legen, um am Morgen zu wissen, wo sie aufwachen.
Michael Albert hingegen mag die Spannung zwischen den Engagements zum Beispiel in Bayreuth und in der heimischen Kleinstadt. Im Festspielchor könne man die Verantwortung einmal abgeben und ohne Druck einfach singen. Natürlich sei es nicht immer einfach, allen Verpflichtungen gerecht zu werden. Der Bassist legt Wert darauf, eine Kontinuität bei seinen Proben mit den ortsansässigen Chören zu wahren und die Unterrichte an den Schulen regelmäßig stattfinden zu lassen. Besonders am Herzen liegt ihm der Kreisjugendchor, den er im vergangenen Jahr ins Leben gerufen hat. Drei bis vier Probewochenenden mit anschließenden Auftritten stehen dafür im Jahr an.
Seine eigenen Probezeiten passt er dem an, denn auch bei ihm geht es nicht ohne ständiges Üben und harte Arbeit. Regelmäßig trifft er sich mit seinem Coach. Die vielen Texte und Noten müsse er sich hart erarbeiten, erklärt Michael Albert. Dafür haften sie dann tief im Gedächtnis und seien relativ schnell abrufbar. Ohne die Unterstützung der Familie wäre das Ganze wohl nicht möglich, gesteht der Gemündener.
Sie wird wohl auch in nächster Zeit wieder viel Geduld aufbringen müssen. Bis zu den Wagner-Festspielen Ende Juli drängen sich weitere Termine. Zum Beispiel singt Albert beim Mozart-Fest Würzburg den Part des Osmin aus „Die Entführung aus dem Serail“ (23. und 24. Juni).
Festanstellungen in Rundfunk- und Opernchören sind rar, der rote Stift der Kürzung werde gnadenlos angesetzt, so erklärt der Bassist, wie es zur Gründung des Deutschen Kammerchors im Januar 2001 kam. Zwischen den Sängerinnen und Sängern in Mitteleuropa gebe es ein Netzwerk – die Freiberufler entwickelten den Gedanken, selbst etwas zu gestalten. Aus einem Auswahlverfahren beim ersten Treffen in Frankfurt heraus gründeten 16 von 40 Sängern auf Spitzenniveau den Deutschen Kammerchor.
Mitglieder tragen Verantwortung
Diese 16 tragen die Verantwortung, die finanziellen Risiken und erarbeiten die Ideen gemeinsam. Schon die ersten Konzerte mit Orchestern waren erfolgreich, so zog das Projekt weite Kreise in ganz Europa. Die vier bis fünf Produktionen im Jahr bedürfen intensiver, individueller Vorbereitung, damit die Gesamtprobe kurz gehalten werden kann.
Auf die Frage, wo die Auftritte schöner seien, gibt Michael Albert zuerst die Antwort, dass man zu Hause viele Menschen kenne, die einem in einem Gespräch ein Feedback geben. Bei großen Konzerten müsse man sich die Resonanz live holen.
Wer Michael Albert mit seinem Deutschen Kammerchor einmal live und nicht in einer entfernten Großstadt erleben möchte, hat am 27. April um 20 Uhr dazu in der Lohrer Stadtpfarrkirche St. Michael Gelegenheit.