So war es ursprünglich nicht geplant: Aber nachdem das Aloysianum in der Rodenbacher Straße in Lohr in eine Wohnanlage umgewandelt wurde, steht nun auch die Hauskapelle des ehemaligen Studienseminars der Mariannhiller Missionare zum Verkauf - mitsamt Steinmeyer-Orgel, Altar und Kirchenbänken. Preis laut Internet-Anzeige: 295 000 Euro. Die Kapelle steht als Ensemble unter Denkmalschutz. Verkäufer ist die Top-Bau GmbH aus Villingen, die auch das Aloysianum umgebaut hat.
Die Kirche aus dem Jahr 1910 befindet sich im zweiten und dritten Obergeschoss des Aloysianums. Im Erdgeschoss darunter bestehen Wohnungen. Laut Anzeigentext war die Kapelle mit Glockenturm zunächst kahl und frostig weiß, vom Sommer 1925 an verwandelte sie sich in ein "wohlproportioniertes Barockoratorium in Stuck und Farbe". Bei der letzten Renovierung 1979/80 wurden die Kapellendecke gedämmt sowie die Fenster neu verbleit und verdoppelt, außerdem die Seitenaltäre verkleinert.

Nur ein Notheizkörper in der Sakristei
Zur Ausstattung ist erwähnt, dass es keine Heizung gibt, nur einen Notheizkörper in der Sakristei. Dort gibt es auch eine Toilette und nur dort auch Strom. Die Elektroverkabelung im Rest der Kapelle könne nicht mehr genutzt werden, da sie den heutigen Anforderungen nicht gerecht werde. Die Fenster stehen unter Denkmalschutz und sind mit einfachen Bleiglasmalereien ausgestattet.
Die Ausstattung sowie der Altar und die Kirchenbänke können entfernt werden, müssten aber nach Auflage des Denkmalamtes erhalten bleiben beziehungsweise eingelagert werden. Die Orgel müsse ebenfalls erhalten bleiben.
Kapelle muss nicht entweiht werden
Laut Top-Bau Geschäftsführer Thomas Fichtel ist die Kapelle, im Gegensatz zu Kirchen, nie geweiht worden, weswegen sie auch nicht entweiht werden müsse, wie dies beispielsweise bei der alten Kirche Wernfeld der Fall war. Diese war erst Bauhoflager, dann Künstleratelier und schließlich Veranstaltungsort – und soll nun doch wieder als Gotteshaus genutzt werden.
Im Anzeigentext zur Hauskapelle des Aloysianums wird die Teilungserklärung zitiert, wonach die Kapelle für kirchliche Zwecke von der Kirchengemeinde St. Michael genutzt werden dürfe – allerdings lediglich in einem Ausmaß, der die Bewohner der Wohnungen im Aloysianum nicht nachhaltig störe. So dürfen die Kirchenglocken nur beim Sonntagsgottesdienst und an Feiertagen geläutet werden. Hochzeiten dürfen dort nicht stattfinden.
Galerie ja - Disco nein
Thomas Fichtel sagt, so sei es geplant gewesen, doch die Kirchengemeinde habe das Interesse an der Kapelle aufgegeben. Deshalb werde es "höchstwahrscheinlich keine kirchliche Nachnutzung geben". Stattdessen könnte er sich "irgendetwas nicht Störendes" vorstellen, etwa eine Galerie oder einen Freiberufler. Auf Kirchenbänken tanzende Discobesucher soll es nicht geben. Die Bewohner der Wohnungen dürften nicht gestört werden, so Fichtel. Die Top-Bau wolle die Kapelle auch deswegen verkaufen, weil sie den Unterhalt tragen muss, etwa Versicherungen und Hausmeisterleistungen.

Ein Tiefgaragen-Stellplatz kann für 19 900 Euro, ein oberirdischer Stellplatz für 9800 Euro dazu erworben werden.
Was rundherum noch geplant ist
Das Aloysianum wurde ab 2013 in eine Wohnanlage mit 48 Wohnungen umgebaut. Davon sind laut Internetseite der Top-Bau weiterhin noch zwei Drei-Zimmer-Wohnungen für 350 000 und 366 000 Euro mit jeweils knapp 130 Quadratmetern sowie mit Terrasse beziehungsweise Balkon verfügbar. Eine davon ist laut Fichtel vermietet.
Auf dem Gelände hinter dem Aloysianum ist für rund 25 Millionen Euro der Bau von rund 50 Wohnungen, fünf Doppelhäusern und einer Pflegeeinrichtung mit 105 Plätzen geplant (Projekt "Klostergarten"). Allerdings hat die Stadt Lohr laut Landratsamt das förmliche Verfahren für die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungs- und Grünordnungsplans noch nicht eingeleitet.
Ursprünglich hatte die Villinger Top-Bau GmbH auch die Planung des Projekts "Klostergarten" in der Hand gehabt, diese aber an die MC Immobilien GmbH aus Unterschleißheim bei München abgegeben. Diese hat ihrerseits den Bau des geplanten Pflegeheims, das von der Arbeiterwohlfahrt auf rund 5000 der 14 272 Quadratmeter betrieben werden soll, an die Erl Immobiliengruppe aus Deggendorf übergeben.