Einstimmig hat am 22. Juni der Bauausschuss des Karlstadter Stadtrats den Bauantrag des Zementwerks Schwenk zum Bau einer Lagerhalle für Gießereialtsand genehmigt. Der Begriff "Sand" klingt zunächst harmlos. Doch diese Gießereirestsande, wie das Material auch genannt wird, sind mit Schadstoffen belastet. Im Landkreis Main-Spessart fallen sie beim Eisenwerk Düker in Karlstadt und bei Bosch-Rexroth in Lohr an. Eine Möglichkeit der Entsorgung ist die Verwertung in Zementwerken. Dies geschieht in Main-Spessart bei Schwenk in Karlstadt und Heidelberg-Cement in Lengfurt.
Um unregelmäßig geformte Werkstücke gießen zu können, bedarf es Guss-Formen, einer äußeren und einer inneren. Die innere Gussform wird als Kern bezeichnet. Dafür wird Sand mit Kunstharzen gebunden. Diese organischen Bindemittel verbrennen beim Gießen an der Oberfläche des Kerns. Jeder Formkern kann nur einmal verwendet werden. Für die neuen Kerne wird vorrangig Neusand verwendet.
Der beim Gießen übrig gebliebene Sand des Kerns wird für die äußere Form neu aufbereitet und mit Bentonit als Bindemittel gemischt. Die Sandkörner werden bei wiederholten Prozessen nach und nach zermahlen, erklärt die Pressestelle von Rexroth. Daher könne Gießereisand nicht beliebig lange in diesem Kreislauf genutzt werden. Es fallen Gießereirestsande an, die zu entsorgen sind.
Düker nennt die Mengen nicht
Düker hüllt sich hinsichtlich der anfallenden Mengen an Gießereirestsand in Schweigen: "Hier geht es um unternehmensspezifische Daten. Deshalb keine Auskunft." Rexroth dagegen teilt mit: "Bei Rexroth Guss fallen, je nach Auslastung, 10 000 bis 11 000 Tonnen im Jahr an. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Bentonit – gebundenen Formsand." Beide Unternehmen geben bekannt, wie die Gießereirestsande entsorgt werden. Bei Rexroth heißt es: "Das Unternehmen kann diese Menge fast komplett abgeben – entweder an Werke für die Herstellung von Zement oder zur Verfüllung wie von Bergwerksschächten oder Deponien." Düker teilt mit: "Der Gießereirestsand wird an die Firma Schwenk geliefert."
Welche Schadstoffe enthalten Gießereirestsande eigentlich? Es sind zum Beispiel phenolische Urethangruppen, Epoxidharze oder Natriumsilikat und Schwermetalle. Der Gießereialtsand kann bei unabgedeckter Deponierung das Grundwasser gefährden. Eine Weiterverwendung in der Zementproduktion bietet sich daher an, wie beide Main-Spessarter Zementwerke betonen.
Genehmigung bis 15 Tonnen pro Stunde
Die Ausgangsbestandteile für die Herstellung von Zementklinker sind neben Kalkstein und Eisenoxid nämlich Sand und teilweise Ton. Heidelberg-Cement will "aus wettbewerbsrechtlichen Gründen" keine Angaben machen, welche Mengen Gießereirestsand dort verwertet werden, teilt aber mit, dass seit 25 Jahren solche Restsande bei der Zementproduktion eingesetzt werden. Sie stammen "vorrangig von Gießereien aus aus der Region und dem Main-Spessart-Raum".

Im Karlstadter Zementwerk Schwenk liege der genehmigte Einsatz von Gießereialtsand bei maximal 15 Tonnen pro Stunde. Dies wird aber wohl kaum erreicht, denn wie Schwenk bekanntgibt, werden jährlich rund 30 000 bis 60 000 Tonnen Sand benötigt. Wie viel davon Neusand ist und wie viel Gießereirestsand, splittet das Unternehmen nicht auf. Laut Landratsamt nimmt Schwenk auch Gießereirestsand von außerhalb des Landkreises an.
Die organischen Bestandteile wie zum Beispiel die Phenolharze "werden aufgrund der hohen Temperaturen und der langen Verweildauer beim Brennprozess vollständig zerstört", schreibt Heidelberg-Cement. Schwenk konkretisiert, dass dies bei Temperaturen bis 1450 Grad Celsius stattfindet. Andere Stoffe werden in den Zement eingebunden, so wie das beispielsweise auch mit der Asche der eingesetzten Brennstoffe geschieht. Ein Teil wird schließlich durch die Abgasreinigungsanlage herausgefiltert, sodass die Grenzwerte für diese Stoffe im Abgas eingehalten werden.
Natursand wird geschont
Beide Zementwerke betonen, dass mit der Verwendung von Gießereialtsanden weniger Natursand abgebaut wird und gleichzeitig weniger problematischer Gießereialtsand deponiert werden muss. Es werde ein Abfallprodukt aus einer anderen Industriesparte verwertet. Dieses Vorgehen sei auch dem Einsatz als Baumaterial – beispielsweise im Straßenbau – vorzuziehen.
Früher wurde Gießereialtsand auf der Kreismülldeponie in Karlstadt abgelagert, doch letztmals 2007. Im jenem letzten Jahr wurden noch 4,07 Tonnen angeliefert, also verschwindend wenig. Im Jahr zuvor – 2006 – waren es noch 5,18 Tonnen. Ob das Material ausschließlich von Düker in Karlstadt kam oder auch von anderen Werken, beispielsweise Rexroth oder Kurtz, darüber liegen dem Landratsamt keine genauen Daten vor.
Für den jetzigen Neubau einer Halle für Gießereialtsande hat Schwenk die Umwidmung eines bestehenden Braunkohlestaubsilos bentragt. Die neue Lagerhalle wird eine Grundfläche von ungefähr 60 mal 50 Metern haben, 15 Meter hoch sein und ein Blechdach bekommen. Der Hallenboden wird wasserdicht ausgeführt. Beim Austrag wird der Altsand leicht angefeuchtet, um möglichst wenig Staub zu verursachen.
